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Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer

Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer

Titel: Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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Anfänger wollen einfach nur überleben. Haben Angst vor Schmerzen. Fühlen sich schwach. Sie brauchen keinen Plan, sondern nur die Information, dass der Körper einen Trainingsreiz etwa 72 Stunden speichert. Wird er dann nicht wiederholt, erneuert, bestätigt, sinkt die Leistungsfähigkeit. Das bedeutet: Jeder dritte Tag muss sein, also dreimal die Woche. Recht bald wird der Anfänger spüren, dass er schneller, ausdauernder, leichtfüßiger wird. Dann muss er eine Entscheidung treffen. Will er zur zweiten Sorte gehören, dem Wellness-Läufer, der immer zur gleichen Zeit die gleiche Strecke im gleichen Tempo absolviert? Der braucht auch keinen Plan. Oder packt unseren ehemaligen Anfänger der Ehrgeiz und er will besser werden, ein Fortgeschrittener, ein Läufer der 3. Kategorie? Die gute Nachricht: Das ist durchaus möglich. Die schlechte: Allein und ohne Plan ist es schwer. Je nach angepeilter Leistung gilt ganz grob: Wer schneller und ausdauernder werden will, sollte einmal die Woche lang laufen, einmal schnell, und ein- bis zweimal entspannt.

    Und dann gibt es da noch, viertens, die Freaks. Die haben Pulsuhr, Handy und PC in Reihe geschaltet, zeichnen jeden Herzschlag auf, ernähren sich vorwiegend von Carnitin mit Aminosäuren und verraten nur noch wenig über ihren Trainingsplan, den sie angeblich von einem äthiopischen Profi auf dem Schwarzmarkt für viel Geld erstanden haben. Grundlegende Trainingsinformationen, die für die meisten Läufer völlig ausreichen, finden sich in jedem Laufbuch.

Langsam geht es ans Eingemachte. Wer läuft, muss rundum geschmeidig sein. Gymnastik tut weh und sieht peinlich aus, ist aber nicht zu vermeiden. Nachrichten von der Schaumstoffmatte.
    Â 
    Heute ist Gymnastiktag. Stramme Bauchmuskeln und eine gut gedehnte Beinmuskulatur sind Bedingung für Höchstleistungen. Ich kicke Monas Medizinball mit vorbildlicher Oberschenkelspannung hinter das Bügelbrett. Sicherheitshalber lasse ich die Jalousien runter. Sonst denken die Leute von gegenüber noch, ich bin jetzt auf dem Tantra-Trip. Außerdem ist Monas Gymnastikmatte lila. Darauf muss mich keiner sehen. Karl sitzt vor dem Computer, Mona ist im Supermarkt. Meine alten Laufleggings sind eingelaufen oder über die Jahre geschrumpft. Sind eh hässlich. Nehme ich eben den alten Trainingsanzug. Ich habe die bewährte Snap-Nummer aufgelegt: »I’ve got the power«. Jane Fonda wäre stolz auf mich.
    Ich fühle mich stark. Positiv. Bereit für Übung 1: Vorderer Stütz zur Kräftigung der Körpervorderseite. Paah – meine leichteste Disziplin. Einfach auf Unterarmen und Zehenspitzen ruhen. 30 Sekunden halten. In dieser Position habe ich früher Stunden, ach was, Tage zugebracht. Warum nur fühlt es sich heute anders an als früher? Der verdammte Wecker läuft auch viel langsamer als sonst. Mein Rücken vibriert, mein Bauch tut weh. Blöde Übung.

    Nach 30 elenden Sekunden liege ich auf dem Bauch und pumpe. Zum Glück kann ich für Übung Nummer zwei so liegen bleiben. Einfach nur die Unterschenkel hochklappen und die Knöchel greifen, so wie auf dem Foto, das ich mir runtergeladen habe. Aber der verdammte Knöchel ist zu weit weg. Ich komme einfach nicht dran.
    Gerade kriege ich einen Schnürsenkel zu fassen, als Mona, noch im Mantel, ins Schlafzimmer stürzt. »Alles klar, Achim?« – »Hmmpf«, bestätige ich. »Dann ist ja gut«, sagt sie, »du hast so laut gestöhnt, da dachte ich, es ist was passiert.« Dass Frauen immer diese Infarkt-Phantasien haben müssen. »Ich mache ein paar Kräftigungsübungen«, sage ich selbstbewusst, nachdem ich den Finger aus dem Schnürsenkel befreit habe. Ȇbernimm dich nicht gleich am Anfang«, sagt Mona, »du warst doch gestern erst laufen.«
    Du wirst dich wundern, Schätzchen, denke ich, ab sofort ist hier jeden Tag Programm. Morgen früh werde ich wieder im Park laufen und am Wochenende einen Kilometer auf Zeit rennen, im Maximaltempo, zur Formüberprüfung, um die Pulsfrequenz im Training zu optimieren. Ich spüre schon die kräftigende Wirkung der ersten Übung. Außerdem tut mein Ellenbogen weh vom Aufstützen. Für den ersten Tag war das ganz ordentlich.
    Ich liege auf Monas Matte und blättere durch die Fachliteratur. »Niemand braucht Angst zu haben, von Stabilisationsübungen dicke Muskeln zu

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