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Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer

Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer

Titel: Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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wenn Klaus Heinrich ein Gespräch über die Vorzüge weichen Waldbodens im Spätsommer anfangen will. Nächsten Samstag mache ich ihn mit meiner Sportsfreundin »Pepe« bekannt.

Zieh!
    Jaja, Stretchen ist wichtig. Vorher, nachher, mittendrin. Die Übungen stehen in der Fachliteratur. Achilles hat trotzdem keine Lust dazu. Wozu der Stretch?

Mein Gott, wie sieht der denn aus? Leistung ist Läufern nicht so wichtig – Hauptsache, sie sehen gut aus und tragen teure Klamotten.
    Â 
    Zuerst die schlechte Nachricht: Unsere Teenager sind eine fürchterliche Brut. Bei jungen Leuten dreht sich alles nur um Klamotten, um peinlich große Schriftzüge und Labels oder kleine blöde Abzeichen, die Geschmack und Exklusivität signalisieren sollen, aber in Wirklichkeit nur brüllen: Hemd teuer, Hose sauteuer, Schuhe unbezahlbar.
    Jetzt die noch schlechtere Nachricht: Die Eltern dieser Teenager sind wesentlich schlimmer, vor allem, wenn sie laufen. Es ist eine verdammte Lüge, die jedem Anfänger aufgetischt wird: Laufen sei ein ganz billiger Sport, da brauche man nur Sachen, die ohnehin jeder im Schrank hat: die alten Pilzpantinen, das gute alte UCLA-Shirt und die baumwollgraue Bollerbuxe. Ossi-Bräute könnten bei der Gelegenheit gleich ihre Buffalos auftragen. Sohle ist ja genug dran, die reicht locker bis zur nächsten Teilung Deutschlands. Für einen solchen Aufzug braucht man allerdings ein stabiles Gemüt. Denn der Laufweg ist ein Laufsteg und jeder Blick der lieben Sportsfreunde bei ästhetischer Zuwiderhandlung pure Folter, ein Fall für Amnesty International.
    Mögen Super-Ökonomen auch stolz auf ihre TCM-Schnäppchen
verweisen, Fakt ist: Keine Szene ist so label- und fashiongeil wie das Läuferpack, höchstens vielleicht noch Rennradfahrer. Bei Klamotten setzt der Verstand aus und jeder pekuniäre Kontrollmechanismus auch: Auf den sechs Kilometern um den Schlachtensee werden Funktionsfasern für viele 100 000 Euro bewegt, wenn auch nur in mäßigem Tempo. Und alle taxieren sich gegenseitig, versuchen aus den Klamotten herauszulesen, wie es um Charakter, Jahreseinkommen und Style-Sicherheit bestellt ist. Die Laufleistung ist egal.
    Zum Beispiel die klassische Grunewald-Bewohnerin, dritte Generation Immobilienhaie, stählerner Botoxblick, zart beim Auftritt, damit die Farbe nicht von den Lidern bröckelt. Tempo: Schnappschildkröte auf Valium. Immer in weiß, die Dame, bevorzugt Adidas-Schuhe, die aussehen wie neu. Sind es wahrscheinlich auch, weil sie die anderen weggeworfen hat – waren ja schon ganz schmutzig. Sollte sie wie auch immer zu Kindern gekommen sein, ist sie vor kurzem auf Puma umgestiegen, weil das ja so hipp ist jetzt bei den jungen Leuten. Ihr Fila-Trainingsanzug ist so weiß wie das Joop-Stirnband.
    Oder der übergewichtige Jaguar-Fahrer mit dem kantholzigen Ackermann-Blick, der bei jedem Schritt so schwerplatschend landet, als lägen da auf dem Boden seine Angestellten. Ein Schweißbach markiert seinen Laufweg. Alle seine Manager-Kollegen joggen, deswegen ist er auch mal in ein Fachgeschäft gegangen. Die sehnige Verkäuferin hat sofort die Chance erkannt und ihm von gelenkschonenden Dämpfungssohlen und schweißvernichtenden Funktionsfasern vorgeflunkert. Nun trägt er japanische Mizuno-Schuhe, Odlo-Unterwäsche, Socken mit Titangewebe zur Mittelfußstützung, eine Hose von Rono in XXXL und eine Windstopper-Jacke von Asics. Gesamtpreis 800 Euro. Dafür liegt der Krempel nach dem dritten Anlauf in der Ecke. Dicke Manager haben alles, aber keine physische Ausdauer.
    Interessant auch die total kreative Non-Konformistin, deren Aufgabe es ist, am Empfangstresen einer Werbeagentur gut auszusehen:
Zum Nasenstecker trägt sie Schuhe von Pearl Izumi in Jack-Russell-Rosettenrosa und das Camouflage-Sweatshirt von Doc Martens. Oder der Anfänger, ein leicht hüftspeckiger Familienvater, der im »Stern« gelesen hat, dass Laufen in sei. Er war mit seiner Frau bei Sport-Karstadt und hat sich für die Hausmarke »Alex« entschieden. Schuhe, Socken, Hose, Hemd, alles farblich abgestimmt. Das war ökonomisch sicher vernünftig. Und sieht genauso aus.
    Klaus Heinrich glaubt ja, man könne sich Stil kaufen. Er trägt einfach immer nur das Neueste und Teuerste von Nike. »Markenmix geht gar nicht«, sagt er. »Aussehen wie in Anzeigen geht erst recht nicht«, entgegne ich

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