Achtmal kam der Tod Kommissar Morry
„Kommen Sie mit!“
„Wohin denn?“, fragte der Gefangene aufsässig. „Soll ich etwa wieder verhört werden?“
„No, Sie werden ein paar Stunden arbeiten“, grinste der Schließer. „Glauben Sie etwa, daß wir Sie hier umsonst füttern?“
Cloy Foster machte sich brummig auf den Weg. Mißmutig ging er neben dem Schließer her. Er hatte noch nie viel von Arbeit gehalten. Er war der Ansicht, daß sie das größte aller Laster sei. Mit verkniffenem Gesicht sah er zu, wie man ihm einen mächtigen Besen in die Hand drückte. Er fluchte ununterbrochen, als man ihn in den Außenhof hinaus führte.
„So“, knurrte der Schließer befriedigt. „Hier werden Sie mal rein Schiff machen, mein Lieber! Kehren Sie den Dreck auf einen Haufen und laden Sie das Zeug dann in der Müllgrube ab. In zwei Stunden sehe ich wieder nach. Und noch etwas, Mr. Fester. Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen. Über diese hohen Mauern ist noch keiner geklettert. Sie wären der erste.“
Gloy Foster sah selbst, daß hier nichts zu machen war. Er glaubte schließlich nicht an Wunder. Er nahm den Besen und fegte mißvergnügt in dem schmierigen Dreck herum. Er teilte sich die Arbeit so ein, daß sie für drei Tage reichte. Er kehrte immer am selben Fleck. Bereits nach fünf Minuten machte er die erste längere Pause. Er wischte sich den Schweiß von seinem Strohkopf und glotzte stumpfsinnig auf das Tor hin, vor dem eben eine Autohupe erklang. Er sah, daß ein Wärter das Tor öffnete und einen mittelgroßen Lastwagen einließ. Gleich darauf wurde das Tor wieder versperrt.
Der Lastwagen fuhr an ein niedriges Gebäude heran. Und nun begannen ein paar Männer damit, den Wagen mit schmutziger Wäsche zu beladen. Cloy Foster beobachtete sie eine ganze Weile. Als die Wäschebündel auf dem Wagen zu stattlicher Höhe anwuchsen, zündete in seinem kleinen Hirn plötzlich der richtige Funke. Er stellte fest, daß ihn kein Mensch beobachtete. Niemand kümmerte sich um ihn. Der Schließer war weit entfernt. Nur jenseits des Wagens standen zwei Aufseher und notierten sich die Wäschestücke. Wie ein Fuchs schlich Cloy Foster an den Wagen heran. Er wußte nicht, daß ihn zehn Augenpaare scharf beobachteten. Er hatte auch keine Ahnung davon, wie sehr man ihm das Spiel erleichterte. Er fühlte sich wie der König der Ausbrecher, als es ihm gelang, unbemerkt über die Bordwand des Wagens zu klettern und sich unter ein paar Wäschebündeln zu verkriechen. Sein Herz schlug laut und dröhnend. Wie ein Eichhörnchen spähte er unter den Wäschebündeln hervor. Bisher ging alles in Ordnung. Die beiden Aufseher schrieben und schrieben, als würden sie dafür eigens bezahlt.
„Bei allen guten Geistern“, stöhnte Cloy Foster. „Hoffentlich fährt der Wagen bald ab. Sonst werde ich hier noch verrückt. Meine Nerven taugen keinen Schuß Pulver mehr.“
Er vergoß Ströme von Schweiß. Der penetrante Geruch, der von den Wäschestücken ausströmte, reizte ihn zum Niesen. Er mußte alle Kräfte zusammennehmen, um nicht laut herauszuplatzen. Die Minuten dehnten sich endlos. Sie wurden zu Ewigkeiten. Dann endlich brummte der Motor auf. Der Wagen wendete. Langsam fuhr er auf das Tor zu. Cloy Foster spähte wie eine Maus unter den schmutzigen Klamotten hervor. Er sah, daß sich die Flügel des Tores öffneten. Der berauschende Hauch der Freiheit wehte über ihn hin. Die Gefängnismauern blieben zurück. Der Wagen bog in die nächste Seitenstraße ein. An einer Kurve, wo die Geschwindigkeit auf zehn Meilen herabsank, sprang Cloy Foster vom Wagen. Da er als Untersuchungshäftling noch einen Zivilanzug trug, fiel er nicht weiter auf. Die Passanten hielten ihn für den Arbeiter einer Wäscherei. Sie ließen ihn ungehindert laufen.
Jetzt ein Schnaps, dachte Cloy Foster sehnsüchtig. Ein Schnaps und eine Zigarette. Das wäre gerade das Richtige nach dem ausgestandenen Schrecken. Seine Augen wurden naß vor Gier, als er gegenüber eine kleine Kneipe entdeckte,. Er sah ein paar Halbwüchsige Burschen an der Theke stehen, die große Krüge schwenkten. Er sah weiterhin, daß sie gewaltige Rauchwolken zur Decke bliesen. Dieser Anblick machte ihn fast verrückt. Er durchwühlte alle Taschen, obwohl es keinen Sinn hatte. Man hatte ihm bei seiner Einlieferung alles abgenommen. Er trug keinen Penny bei sich.
In der Schenke „Zur ewigen Liebe“, dachte er, werden sie mir etwas borgen. Der Wirt dort hat schon öfter für mich aufgeschrieben. Es wird ihm auch heute
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