Ackermann tanzt
tun wer denn nu’?«
»Giltjes suchen, und zwar zunächst einmal dort, wo er verschwunden ist.«
»Genau dat is’ mir auch im Kopp rumgespukt. Dat Waldstück hinter Rogmanns Haus.« Ackermann zwirbelte eine Bartsträhne, steckte sie in den Mund und kaute darauf herum. »Könnte sein, der Jung is’ auch vertrimmt worden, könnte sein, er war schwer verletzt, könnte sein, er liegt da tot im Wald rum ... Mensch, Norbert ...!«
»Nun krieg dich mal wieder ein. Verletzt war Giltjes auf alle Fälle. Das Blut an der Hauswand.«
»Un’ wenn Björn gar nich’ derjenige war, der hintenrum durch ’n Wald abgehauen is’?«
Van Appeldorn runzelte die Stirn. »Eigentlich egal. Wie müssen auf jeden Fall den Wald durchsuchen. Nachher kommen uns noch die Leichenfledderer vom Fernsehen zuvor und dann sehen wir ganz schön alt aus.«
»Dat is’ mir ziemlich schnuppe, wenn ich ma’ ehrlich bin.«
»Die Hundertschaft hat einiges an Vorlaufzeit, die Hundestaffel auch. Also, wenn das heute noch bei Tageslicht über die Bühne gehen soll, klemmst du dich besser gleich ans Telefon.«
»Nö, dat machst du jetz’ ma’.«
Ackermann lächelte nett und fing an, sich eine Zigarette zu drehen. »Ich muss ma’ ebkes über die andere Leitung wat mit die Mutti regeln.«
Van Appeldorn hatte seine Telefonate schnell erledigt und strengte sich dann an wegzuhören. Ackermanns Gegurre und Geturtel war unerträglich. Ihm lief ein unangenehmer Schauer über den Rücken.
»Jaa, du auch, Schätzeken. Dicker Schmatz! Mm, ja, noch einen. Tschö!«
»Na, alles geregelt mit der ... Mutti?«
»Logisch! Die is’ mit Geld nich’ zu bezahlen. Ich darf heut’ ma’ wieder op Jück mit meine Nadine. Schwof in Keeken auffe Scheunenfete.«
Van Appeldorn schüttelte den Kopf. »Dir ist wirklich überhaupt nichts peinlich. Kommst du dir da nicht lächerlich vor?«
»Nö, warum denn?«
»So ein alter Sack wie du ... wie wir. Dass Nadine dich überhaupt mitnimmt! Was willst du da eigentlich?«
»Schwofen, sag ich doch.« Ackermann griente breit. »Nee, Quatsch, ich will mir dat bloß alles ma’ so angucken. Die Nadine hat lauter komisches Zeug erzählt von organisierte Schlägereien un’ so. Aber ich glaub, dat is’ auch nich’ anders als bei uns früher. Paar Hirnis, die den dicken Maxe machen, sons’ nix. Bis auf die nackten Russen neulich, aber da war ich nich’ dabei. Dat war der Abend, wo die Mutti unbedingt zum Chinesen wollt. Da machste nix. Deine Anna hab ich übrigens auch schon öfters beim Schwofen getroffen. Hat sich gemacht, die Kleine.«
»Anna? Das ist unmöglich!«
»Äh ...«
»Der habe ich das ausdrücklich verboten. Ich weiß schließlich, wer sich auf diesen Veranstaltungen so rumtreibt und was da weggesoffen wird. Na, die soll mich kennen lernen!«
»Vielleicht war et ja gar nich’ Anna. Ich hab mich bestimmt verguckt. Is’ ja immer ziemlich schummrig da. Un’ ich hab dat Mädken auch bloß von ganz weit weg gesehen. Nee, dat kann Anna nich’ gewesen sein, wenn ich genau überleg ...«
Ausgerechnet die Chefin rettete Ackermann aus der Bredouille.
»Meine Herren ...«, begann sie.
»Peitsche«, wisperte Ackermann.
»... ich habe hier eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sie beide.«
Ackermann und van Appeldorn sahen sich an. »Weller«, stellte van Appeldorn fest. »Der hat das tatsächlich gebracht!«
»Ach, Sie haben also schon damit gerechnet?«, meinte die Chefin. »Und wieso bin ich dann nicht informiert worden? Berichten Sie!«
Van Appeldorn hatte kaum drei Sätze gesagt, als sie ihn schon unterbrach: »Auch wenn Gregor Weller selbst kein Kind von Traurigkeit ist, bedeutet das noch lange nicht ...«
»Jetzt reicht’s mir aber!«, brauste van Appeldorn auf. »Halten Sie uns für Anfänger? Es gibt nichts mehr zu ermitteln in dieser Sache.«
»Nu’ is’ gut«, sagte Ackermann mit Öl in der Stimme. »Setzen Sie sich doch, Frau Meinhard. Ich erzähl Ihnen mal, was der alte Weller für eine Type is’.«
Und das tat er dann auch. Die Chefin entspannte sich zusehends, und als Ackermann endete, lachte sie laut auf und zwinkerte verschwörerisch. »Solche Menschen schätzen wir besonders, nicht wahr?«
»Zuckerbrot«, flüsterte van Appeldorn.
Wenn Charlotte Meinhard ihn verstanden hatte, ließ sie sich nichts anmerken.
»Ich glaube, wir sollten den Herrn mit seinen eigenen Mitteln schlagen. Ihm ist nämlich leider ein formaler Fehler unterlaufen, als er die Beschwerde an mich geschickt hat.
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