AD ASTRA Buchausgabe 008 Der Schattenstern I
für weitere Operationen der imperiumsfeindlichen Konzernvorstände: Endlos viele Betriebe verloren Kapital und Wirtschaftskraft, gingen zu Grunde und wurden den Großkonzernen einverleibt. Es kam massenhaft zu Umsiedlungen, doch nirgendwo konnte man dem Einfluss der Androiden und ihrer latenten Bedrohung entgehen. Schließlich gelang es dem imperialen Senat unter Führung des damaligen Kaisers Jijho vom Erogial, das konspirative Treiben der Konzernvorstände zu unterbinden, indem er ein Gesetz erließ, wonach alle Androiden mit einer Programmierung zu versehen seien, welche es ihnen verbot, gegen die Interessen des Imperiums zu agieren, und während in den folgenden Jahren alle Androiden dieser Modifikation unterzogen wurden (wobei sich beharrlich das Gerücht hielt, dass es eine verborgene Einheit dieser Super-Synthetischen gab, welche der Umprogrammierung entkommen waren), konnte die Führung des Imperiums nachweisen, dass damit auch die latente Bedrohung, die von den Androiden ausging, beseitigt war, denn da das Imperium sich zum bedingungslosen Schutz des Lebens bekannte, war es schier unmöglich, dass während einer Arbeitssituation ein Angriff erfolgen konnte. Darüber hinaus verboten die neuen Gesetze die Überschreitung einer Gesamtquote an Androiden in der Galaxis, und ebenso war es untersagt, Androiden zu schaffen, die nicht auf den ersten Blick als solche erkennbar waren. Dank dieser Maßnahmen stieg im folgenden allmählich das Vertrauen der Bevölkerung wieder, die galaktische Wirtschaft erholte sich nach und nach, dennoch verkündete wenig später Kaiser Jijho von Erogial seinen Rücktritt, da er befand, in der Krise selbst zu langsam reagiert zu haben. Er verließ die imperiale Bühne, und das Orakel berief Ardobal von Xernico in das Kaiseramt, dessen Familie vor den Trümmern ihres einstigen Produktionsunternehmens stand, welches durch die Krise zerstört und trotz staatlicher Hilfen nicht mehr reparierbar war. So war es nicht verwunderlich, dass die ersten Amtshandlungen des Kaisers nach seiner Inthronisierung darin bestanden, seiner Familie ein Leben in Luxus zu ermöglichen.
Etwas ganz entscheidendes hatte Ardobal während der Krise gelernt: Das Imperium, so stark es sich nach außen hin gab, war schwach, wenn es darum ging, außerordentliche Schwierigkeiten zu meistern. Insofern war es nicht verwunderlich, dass der neuernannte Kaiser wenige Anstrengungen investierte, galaktische Politik zu machen, denn ihm wurde Tag für Tag bewiesen, dass das gewaltige Gebilde auch ohne sein aktives Zutun funktionierte, und den Gedanken an ernsthafte Probleme, die Entscheidungsfreudigkeit und Souveränität verlangten, bezwang er mit seiner Überzeugung, dass der gesamte staatliche Apparat nicht ausreichte, Krisen dieser Art zu lösen – seine Familie, die trotz imperialer Intervention kurz vor ihrem Ende gestanden hatte, war der zum Glück noch lebende Beweis dafür.
Das Schicksal schien Kaiser Ardobal Recht zu geben: 54 Jahre lang funktionierte das Imperium mehr oder minder fehlerfrei, ohne dass tragweite Entscheidungen von ihm abverlangt wurden. Er zeigte sich in der Senatshalle, repräsentierte und folgte dem Protokoll, und ansonsten genoss er den Luxus, der ihm zustand. Einen wertvollen Verbündeten in seiner Laisser-faire-Politik fand er im Hohepriester der Kathedrale der Ewigkeit, der zwei Jahre vor ihm in Amt berufen worden war.
In diesen Jahren kultivierte Ardobal außerdem seine Erscheinung: Von Hause aus dem guten Essen nicht abgeneigt, entwickelte er alsbald eine wahre Sucht zur Völlerei, und als sich dies trotz täglicher Injektionen und Muskelstimulationen in Form von Körperfett manifestierte, dachte er gar nicht daran, operativ einzugreifen – man sollte ihm sein luxuriöses Leben durchaus ansehen. So kam es, dass man den Kaiser des galaktischen Imperiums alsbald nur noch unterstützt von technischen Schwerkraftreduktoren sah, die ihm halfen, sein monströses Gewicht zu tragen. Und unbewusst spielte noch ein Gedanke in die Entscheidung Ardobals hinein: Er wollte beweisen, dass der tradierte Glaube an die Vorbildhaftigkeit des Kaisers Relikt einer längst vergangenen Epoche war. Und so reihte sich der Mann von Xernico in eine Reihe von Kaisern ein, welche für das Imperium zwar kein Schaden, wohl aber auch kein Gewinn waren – andererseits vertraute man der Entscheidung des Orakels, das wohl wissen musste, welche Sorte Mensch dem Imperium zu einer bestimmten Zeit am nützlichsten war. In
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