AD ASTRA Buchausgabe 008 Der Schattenstern I
Lebens in irgendeiner Form erschütterte oder negativ berührte, so ließ er es sich nicht anmerken. Stattdessen ging er zu einem anderen Thema über.
„Ich brauche sofort ein ganzes Geschwader Kampfraumer hier im Sieben-Sonnen-System!“
Pox konnte erkennen, dass dem Rebellen die Frage nach dem Warum auf den Lippen lag, doch er wagte es nicht, sie zu stellen. So nickte er knapp und sagte: „Ich werde alles Notwendige in die Wege leiten, mein General!“
Ohne ein weiteres Wort, geschweige denn eines Abschiedsgrußes, verblasste die Projektion des geheimnisvollen Anführers der feindlichen Flotte.
Doch war die außergewöhnliche Situation noch nicht beendet, denn noch bevor der Cahaizo die Station wieder verlassen hatte, öffnete sich die Tür der Zentrale, und zwei in rötlich glänzende Uniformen gehüllte Rebellen mit schweren Waffen traten ein. Pox fragte sich, weswegen eine Verstärkung der Wachen im Kommandobereich notwendig sei, erhielt aber gleich die Antwort, als ein dritter Cahaizo (aus dem schlanken, hochgewachsenen Volk der Orlopten) den Raum betrat, der ähnlich gekleidet, aber nicht bewaffnet war. Als er alle Blicke in der Zentrale eingefangen hatte, verkündete er mit einer für sein Volk typisch lauten und klaren Stimme: „An alle Anwesenden! Verneigt Euch vor Eurem Herren, dem alten und neuen Kaiser des galaktischen Imperiums!“
Pox drehte seinen Körper um 11° genau zum Eingang hin; über seine Photosensoren und die dahintergeschalteten Visuosensorischen Verbindungen gelangte das Bild der derartig angekündigten Person in seinen Zentralspeicher, wurde verarbeitet und schließlich standardgemäß mit Gedächtnisengrammen verglichen. Den Bruchteil einer Sekunde später vermeldete der Vergleichsoperator das Ergebnis der Analyse an das zentrale Steuerungsmodul Pox’ – es gab eine Übereinstimmung.
Die Person, die den Raum betreten hatte, war im mittelhohen Alter, hatte spärliches Haar, einen eher stumpfen denn geistreichen Blick und einen auffallend großen Bauch, der ein Bewegen ohne technische Unterstützung unmöglich machte: Einige an seiner extrovertierten bis grotesken Bekleidung befestigte Schwerkraftprojektoren halfen ihm, einigermaßen normal gehen zu können.
Im Vergleich zu dem Bild in Pox’ Gedächtnisengramm gab es nur minimale Unterschiede – die wenigen Erscheinungen des fortgeschrittenen Alters waren mittels plastischer Chirurgie weitgehend beseitigt worden. Und so war es nicht verwunderlich, dass nicht nur die synthetische Wahrnehmungsverarbeitung von Pox die angekündigte und erschienene Person derartig schnell erkannte, sondern auch alle übrigen Anwesenden: Es handelte sich tatsächlich um den alten Kaiser, Cyas Vorgänger, der vor rund fünf Jahren dank einer Großen Prophezeiung des Orakels gemeinsam mit dem damaligen Hohepriester abgesetzt worden war.
*
Die erste Regierungszeit des Kaisers vor Cya hatte 54 Jahre gedauert; zu ihrem Beginn war er als junger Mann vom Planeten Xernico vom Orakel in den Obelisken berufen worden, was für seine Familie zu jener Zeit nicht mehr und nicht weniger als das Überleben garantiert hatte: Die selbst für die Verhältnisse auf jener bedeutenden Industriewelt sehr zahlreiche Großfamilie gehörte wie viele andere Inhaber mittelständischer Unternehmen zu den Opfern der Krise, die vor 8 Jahren eine nicht unerhebliche Bedrohung für die Innenpolitik des Imperiums gewesen war – die Androidenkrise. Ein Ring von Konzernvorständen hatte eine ökonomische Verschwörung geplant mit dem Ziel, selbst als ‚ Galaktisches Konsortium für Wirtschafts- und Handelskontrolle’ zunächst die merkantile und finanzielle, später dann die absolute Macht im Imperium auszuüben. Wichtigstes Exikutivum dieses Plans war die massenhafte Besetzung entscheidender Schlüsselstellungen mit einer extrem intelligenten Art von Androiden, welche dem zukünftigen KWH allein verpflichtet waren. In zahlreichen Betrieben, Unternehmen, Konzernen, aber auch grundimperialen Institutionen machte sich alsbald Angst breit, denn obwohl man die Androiden zwar – spätestens nach einigen einfachen Testfragen – als solche erkennen konnte, fürchtete man doch deren latentes Militärpotential, das sich auf Befehl ihrer wahren Herren jederzeit Bahn brechen konnte. So erzielte der Plan der Verschwörer erste Erfolge, die vor allem darauf fußten, dass eine permanente Angst die Arbeit in den wirtschaftlichen Einrichtungen prägte, was wiederum Gelegenheiten schuf
Weitere Kostenlose Bücher