Adams Pech, die Welt zu retten
jeweils um Explosionsunfälle gehandelt. Während nun die Feuerwehrleute ihre Schläuche aufrollten, machten sie ihrem Ärger Luft und schimpften, dass die ganze Werkstatt geschlossen werden müsste, damit der ewige Fehl-alarm ein Ende hätte. Auf jeden Fall werde demnächst eine Brandschutzinspektion stattfinden, bei der jeder einzelne Buchstabe des Gesetzes streng beachtet werde. Spätestens dann werde die Halle wegen der Gefahr, die sie für die Umwelt darstellte, garantiert dichtgemacht.
Aatami erklärte, dass die geringen Verpuffungen und die dadurch verursachten leichten Explosionen, die es in seinem Labor gegeben habe, charakteristisch für diese Arbeit seien. Die Feuerwehr müsse so viel Urteilsvermö-gen besitzen, dass sie nicht gleich mit heulenden Sire-nen losfuhr und Laborversuche störte, sowie aus Tattarisuo ein hysterischer Anruf kam. Die dummen und ängstlichen Mechaniker der benachbarten Auto-werkstätten hätten nichts Besseres zu tun, als jedes Mal die Feuerwehr zu alarmieren, wenn die Produktentwicklung im Labor der Akkuwerkstatt eine kritische Phase erreichte.
Als die Löschfahrzeuge weg waren, machte sich Aatami daran, die Spuren der neuesten Explosion zu beseitigen. Er fegte den Schutt zusammen, der sich in Halle und Labor verteilt hatte, hängte die Türen wieder ein, schnitt Glas für neue Fensterscheiben zurecht und reinigte mit dem Wasserschlauch die Fußböden. Anschließend zog er seinen nassen, verrußten und zerfetz-ten Overall aus, warf ihn in den Mülleimer und stellte sich unter die Dusche. Aatami ließ das erfrischende Wasser über seinen geschundenen Körper rieseln, es spülte einen festen Gegenstand aus seinem Bauchnabel, der mit einem Klirren auf dem Fußboden der Duschkabine landete. Aatami bückte sich. Eine Mutter. So war halt das Leben eines Mannes. Im Bauchnabel einer schönen Araberin schimmert ein Edelstein, im behaar-ten Nabel eines Mechanikers setzt sich neben anderem Schmutz eine rostige Mutter fest.
Im beschlagenen Spiegel der dampfenden Duschkabine musterte sich Aatami eingehend. Er war einsachtzig groß, sein Körper war behaart und vernarbt. Im Laufe des Winters und Frühlings hatte er sich jede Menge Quetschungen und Brandwunden eingehandelt. Vorläu-fig war nichts wirklich Ernstes darunter. Aatami zog den Bauch ein und blähte die Brust. Das Spiegelbild zeigte, dass er um die Hüften nicht mehr so schlank und seh-nig wie als junger Mann war, doch war er auch nicht wirklich schlaff geworden. Noch erwachte der Bizeps unter der glänzenden Haut zum Leben, wenn Aatami die Faust ballte und den Arm anwinkelte.
Das belebende Nass rann über den knorrigen Körper. Aatami sagte sich, dass dies bereits das dritte Mal war, dass er heute eine Dusche nahm. Erst die Morgentoilet-te, dann die Spritze der Feuerwehr und jetzt die Säube-rung nach der Explosion. Auf der Welt gab es die unterschiedlichsten Duschen und Düsen. Ach, könnte er sich doch einmal aus dieser bitteren Armut befreien und anstelle des Duschwasserstrahls Düsenstrahlen benutzen, ein Triebwerk, das Passagierflugzeuge bis über die Wolken aufsteigen ließ. Aatami versuchte sich die Funk-tionsweise eines Flugzeugmotors in Erinnerung zu ru-fen, doch sie fiel ihm nicht gleich ein. Er drehte den Hahn zu und lief wassertriefend in seinen Büroverschlag, dort nahm er das Lexikon der Technik aus dem Regal und suchte sich die schematische Darstellung eines Düsenantriebs heraus. Ja, natürlich, die Düsen-turbine saugte den benötigten Sauerstoff an, presste ihn und das Brennstoffgemisch durch ein Einspritzventil in die Brennkammer, die die Turbine zwang, sich mit der Kraft der Abgase zu drehen, und so entstand Energie. Zufrieden kehrte er in seine Duschkabine zurück, um sich weiter zu waschen.
Frauen könnte er mit seinem geschundenen Körper und seiner verbissenen Miene wohl kaum mehr beein-drucken, sagte sich Aatami. Es war einige Zeit her, seit er, der früher so draufgängerisch gewesen war, sein Auge auf die holde Weiblichkeit geworfen hatte. Ein Mann, dem der Konkurs droht, hat nun mal keinen ausgeprägten Geschlechtstrieb. Aatami musste an seine Exfrau Laura denken, von der er vor fünf Jahren geschieden worden war. Sie hatte ihn aus Eifersucht verlassen und die drei gemeinsamen Kinder mitgenommen. Letzter Anstoß war die Nachricht aus der Entbindungsklinik gewesen, dass Aatami Vater von Drillingen geworden war. Drei Uneheliche auf einen Schlag, das war selbst für Aatami eine Überraschung gewesen.
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