Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
bitten.
Magdalena versuchte auf ihre alte Weise, die Heilung Adelheids zu beschleunigen. Mehr als einmal fand Adele sie in merkwürdig hockender Haltung vor dem Krankenlager, der Wirklichkeit weit entrückt, hatte sie die Arme um den Oberkörper geschlungen und bewegte sich in einem nur ihr bekannten Rhythmus. Adele verließ jedes Mal verwundert den Raum, wagte es jedoch nicht, mit jemandem darüber zu reden.
Die Mönche hatten inzwischen in Walkenried Fuß gefasst und bereits eine bescheidene Siedlung aus Holzhütten errichtet. Helisende bat Ludwig, ihr die Aufgabe der Versorgung der Mönche anzuvertrauen. Ihr Bruder benötigte nicht viel Zeit, um herauszufinden, warum sie so begierig darauf war, jede Woche einmal in Walkenried nach dem Rechten zu sehen. Doch die Sorge um Adelheid zehrte an den Nerven der gesamten Familie und er war froh, dass wenigstens Helisende etwas Ablenkung fand.
Die Mönche waren wegen des beginnenden Winters noch auf die Unterstützung der Burg Lare angewiesen. Sie hatten zwar bereits mit der Entwässerung des sumpfigen Geländes und der Anlage von Teichen begonnen, doch würde es noch eine gehörige Zeit brauchen, bis sie sich selbst versorgen konnten.
Helisende verfiel während ihrer regelmäßigen Besuche trotzdem jedes Mal ins Staunen, wie weit die Arbeiten im Verlaufe einer Woche wieder fortgeschritten waren. An diesem milden Dezembertag hatte sie neben einigen Vorräten auch den von seiner Pfeilverletzung genesenen Bruder Gisbert zurückgebracht. Die Männer ihres Begleitschutzes luden bereits die Säcke und Krüge von den Packpferden ab. Während sie Bruder Bernhard zuwinkte, der mit geraffter Kutte aus den Sümpfen gelaufen kam, genoss sie den Anblick der trockengelegten Wiesen. Der geheimnisvolle liturgische Gesang der arbeitenden Mönche wurde vom leichten Nordwestwind herübergeweht.
„Wenn Mutter das nur sehen könnte, ich glaube, sie würde auf der Stelle gesund!“, seufzte sie, als sie wenig später an der Seite Bernhards die Entwässerungsgräben abschritt. Wie große Adern zogen sie sich zunächst parallel verlaufend durch das noch sumpfige Gelände, trafen sich am Ende des Tales und sammelten das Wasser in großen, flach abfallenden Gruben, die später als Fischteiche genutzt werden konnten. Am Ende des Feldes waren die Mönche dabei, ein Wehr zu errichten, welches das Wasser je nach Bedarf zu den Teichen oder in das nahe vorbeifließende Flüsschen ableiten sollte.
„Dann müssen wir dafür sorgen, dass sie es sieht!“, entgegnete Bernhard entschlossen. Seine Grammatik war in den wenigen Wochen bereits deutlich besser geworden. Manchmal bedauerte Helisende dies im Stillen, denn sie vermisste die kleinen lustigen Fehler in seinen Sätzen, die ihn noch liebenswerter erscheinen ließen.
„Aber wie soll das geschehen? Sie ist weder völlig bei Bewusstsein, noch reisefähig. Wir können sie unmöglich hierher schaffen!“ Helisendes Stimme klang mutlos.
„Ihr werdet Walkenried zu ihr bringen!“ Seine Stimme vibrierte, denn sie steckte voller Vorfreude auf das, was er ihr zeigen wollte. „Kommt mit!“
Er fasste sie an der Hand und zog sie hinter sich her zu einer der Hütten, die am Rande des Dörfchens Walkenried neu und sauber um eine winzige hölzerne Kapelle geschart waren. Innen war es nicht besonders hell, denn die mit dickem Pergament bespannten kleinen Fensteröffnungen ließen nur wenig von dem trüben Tageslicht hindurch. Bernhard zündete eine Öllampe an, die erst protestierend zischte und blakte, doch nach einiger Zeit den Raum merklich aufhellte. Helisende sah sich unauffällig um. Offenbar handelte es sich bei dieser Hütte um ein provisorisches Dormitorium, den Schlafsaal der Brüder. Der Raum war äußerst karg eingerichtet, an den Wänden entlang standen die Pritschen mit sorgfältig zusammengelegten Wolldecken und in der hintersten Ecke eine große Holztruhe, in der Bernhard gerade hektisch wühlte. Gleich vorn neben der Tür befand sich ein Tisch mit mehreren Schüsseln und Wasserkrügen. Die Einrichtung wurde noch ergänzt von handgeschnitzten Haken an den Wänden zwischen den Pritschen, an welchen des Nachts die Kukulle aufgehangen wurde, jener Kapuzenmantel, den die Mönche bei der Arbeit im Freien trugen.
Seit ihrem Aufenthalt in Camp Altenfeld wusste Helisende, dass jeder Zisterzienserbruder eine Winter- und eine Sommertunika sowie zwei Kukullen besaß, von denen auch wiederum eine aus Wolle für kalte Tage und eine leinene für die
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