Adelshochzeit 2
„Nein“, wiederholte sie leise. „Ich bin bereit zu vergessen, was sich ziemt und was sittsam ist. Die Tugend hat ihre Vorzüge, allerdings nicht für eine Frau wie mich. Ich werde ihren Verlust nicht bedauern.“
Sie flehte innerlich, dass sie genug gesagt hatte und er ihr endlich eine Antwort geben würde, damit sie sich wenigstens einen kläglichen Rest von Stolz erhalten konnte. Aber ihre Hoffnung wurde nicht erfüllt.
„Ich werde es Ihnen nicht leichter machen, Helen. Wenn es das ist, was Sie wollen, müssen Sie mich darum bitten.“
10. KAPITEL
„Wollen Sie mich zu Ihrer Mätresse machen?“
„Ja.“
„Möchten Sie nicht erst darüber nachdenken?“, fragte sie leise.
„Nein. Und Sie?“
„Nein.“ Auch Helen zögerte kaum.
„Sind Sie sich dessen wirklich sicher, Helen?“
„Ja …“
Sie war noch ein Schulmädchen gewesen, als er sie zuletzt mit ihrem Vornamen angeredet hatte. Schon immer war ihr seine etwas raue, tiefe Stimme unter die Haut gegangen. Ganz weit entfernt und unklar regte sich eine Erinnerung in ihr, wie Jason sie damals angelächelt hatte und wie sein Lächeln sie zwischen Verlegenheit und Freude hatte schwanken lassen – und auch dem seltsamen Gefühl, dass ihnen etwas sehr Ungewöhnliches, sehr Aufregendes bevorstand.
Aber er und George hatten sich überworfen, und sie war kein leicht zu beeindruckendes junges Ding von fünfzehn mehr.
Helen wusste nicht, was als Nächstes geschehen würde. Sie war denkbar unerfahren in solchen Angelegenheiten, und Jasons geistesabwesender Blick, der in die Ferne ging, als gäbe es dort etwas Wichtiges zu sehen, verunsicherte sie.
Sie mussten die Angelegenheit doch besprechen, oder nicht? Zum Beispiel würde sie nicht umhinkommen, sich um eine neue Garderobe zu kümmern, denn ihre eigenen Sachen waren verschlissen und hoffnungslos aus der Mode. Außerdem galt es zu überlegen, welchen Ort sie für diskrete Stelldicheins wählen sollten. Zwar war er nun der Eigentümer von Westlea House, aber trotzdem ging es nicht an, dass sie sich dort trafen. Helen biss sich auf die Unterlippe. Der Gedanke, der ihr vor allem zu schaffen machte und bei dem ihre Hände ganz feucht wurden und der Mund trocken, war ein ganz anderer.
Sir Jason Hunter würde ihr Liebhaber werden und mit ihrem Körper so vertraulich umgehen dürfen wie sonst nur ein Gatte. Ihr wurde plötzlich ganz heiß bei den Gedanken, die ihr durch den Kopf schossen. Obwohl sie sich nicht berührten, war sie sich seiner kräftigen männlichen Gestalt und des sauberen, frischen Dufts, der von ihm ausging, deutlich bewusst.
Zögernd betrachtete sie sein Profil. Je länger das Schweigen anhielt, desto unruhiger wurde sie. Vielleicht hing seine seltsame Stimmung damit zusammen, dass er gewissermaßen die Beute war und sie der Jäger. Immerhin hatte er den Ruf eines Lebemannes mit großem Erfolg beim schwachen Geschlecht. Lag es ihm nicht, wenn man ihm die Rolle des Jägers vorenthielt? Vielleicht hatte sie seinen Stolz verletzt, als sie sich ihm so dreist genähert hatte. Doch dieser Gedanke führte zu einem anderen. Von einer dreisten Frau wie ihr erwartete er womöglich ein Zeichen des Dankes für ihren Sieg. Sie sah sich hastig um. Niemand war in der Nähe, um ihr skandalöses Benehmen zu beobachten. „Möchten Sie, dass ich Sie küsse?“, fragte sie leise.
Jason lachte überrascht. „Natürlich … wenn auch vielleicht nicht gerade hier …“
Aber Helen hatte sich schon auf seinen Schoß gesetzt, um seinen Wunsch zu erfüllen. Sie schmiegte sich an ihn und spürte seinen festen, muskulösen Körper an ihrem.
Jason stieß einen verhaltenen Fluch aus, und als sie ihn ansah, um herauszufinden, was ihn jetzt wieder verärgert hatte, nahm er ihr Gesicht sacht in seine Hände. Helen stockte der Atem. Einen langen Moment sahen sie einander in die Augen, und dann senkte sie die Lider und spürte seinen Mund auf ihrem.
Es war so lange her, seit ein Mann sie leidenschaftlich berührt hatte, dass Jasons ausgeprägte Männlichkeit sie schier überwältigte. Er küsste sie selbstbewusst und erfahren und teilte ihre Lippen, noch bevor Helen innerlich mit einer solchen Vertraulichkeit gerechnet hatte. Doch dann fing sie an, das lockende Spiel seiner Zunge zu erwidern, und nahm nur wie aus weiter Ferne wahr, dass Jason mit einer Hand unter ihren Umhang schlüpfte und ihre Taille umschlang. Sie spürte seinen Daumen an der Unterseite ihrer Brust, und als er aufreizend über die empfindliche
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