Adelshochzeit 2
frei war, zog er die Zügel etwas fester an und warf Helen einen Blick zu. „Wollen Sie wissen, ob die Freundschaft zwischen Ihrer Schwester und Philip Goode mich dazu getrieben hat?“
Sie zögerte nur sehr kurz. „Ja, Sir.“
Jason lächelte anerkennend. „Ich könnte natürlich sagen, dass eine Familienfehde, die mehrere Jahrzehnte angedauert hat, allmählich ein Ende finden sollte, und dass ich deswegen fand, es sei an der Zeit, meinen jungen Verwandten den Ölzweig zu reichen.“
„Aber?“
„Aber es wäre nicht die ganze Wahrheit.“
Helen fühlte sich ermutigt weiterzufragen. „Wussten Sie, dass Philip meiner Schwester heimlich den Hof macht?“
„Mir ist dergleichen zu Ohren gekommen.“
„Von George, nehme ich an.“ Ihre unvermittelte Antwort kam so hitzig, dass Jason die Stirn runzelte.
Sie hatten das Tor zum Hyde Park gerade hinter sich gelassen. Die frühe Stunde und der recht stürmische Wind sorgten dafür, dass nur wenige Spaziergänger die Frühlingssonne genießen wollten. Jason brachte den Phaeton auf einem ruhigen Nebenpfad zum Halten und ließ die Zügel auf den Sitz neben sich sinken. Das Licht drang sanft durch das frühlingsgrüne Laub der Bäume.
„Zuerst hörte ich davon von meinem Bruder Mark“, antwortete er schließlich.
„Von Ihrem Bruder?“, wiederholte Helen erstaunt.
Jason drehte sich halb zu ihr um und lehnte sich in den weichen Ledersitz zurück. „Mark wurde Zeuge einer recht unangenehmen Szene, die sich hier im Park abspielte. Hauptakteure waren Ihre Geschwister und unser Cousin. Mark glaubte, George wollte seiner Missbilligung darüber Ausdruck verleihen, dass Philip Ihre Schwester umwirbt.“
Helen betrachtete eingehend ihre behandschuhten Hände. „Die Einschätzung Ihres Bruders trifft zu. Und Charlotte hat der Vorfall entsetzlich gedemütigt. Sie erklärte mir, George habe sie alle lächerlich gemacht. Was Sie sagen, bestätigt nur unsere Befürchtung, dass die Leute anfangen werden zu klatschen.“
„Und werden Sie auch meine Befürchtung bestätigen? Ich habe den Eindruck, Sie glauben, ich sei heute – dazu auf Georges Geheiß – zu den Goodes gegangen, um meinem Cousin zu befehlen, sich von Ihrer Schwester fernzuhalten.“
„George ist entschlossen, Charlotte an einen vermögenden Mann zu verschachern. Er würde alles tun, um das zu erreichen.“
„Und Sie glauben, ich könnte ihn in diesem seinem Ehrgeiz unterstützen?“
„Sie machen schließlich Geschäfte mit ihm“, entgegnete Helen kühl. Sie spürte, dass Jason verärgert war, hatte jedoch nicht die Absicht, ihn zu beschwichtigen.
„Welche Frau mein Cousin zu heiraten gedenkt, ist nicht meine Angelegenheit. Doch Philip und Anne sind mit mir verwandt, und ich nehme Anstoß daran, wenn jemand versucht, sie lächerlich zu machen. Mark war genauso entrüstet darüber, wie ich es bin, und hätte fast eingegriffen.“
Helen senkte den Blick. „Es tut mir leid, wenn ich falsche Schlüsse gezogen habe, Sir“, versetzte sie leise. „Aber ich bin froh, dass Ihr Bruder sich nicht eingemischt hat. Es hätte nur zu noch größerem Aufruhr geführt.“
„In der Tat“, stimmte Jason trocken zu. „Aus genau diesem Grund hielt Mark sich auch zurück.“ Versonnen betrachtete er ihr Gesicht und musste gegen den Wunsch ankämpfen, ihr über die Wange zu streichen, um herauszufinden, ob sich ihre alabasterfarbene Haut so weich und zart anfühlte, wie sie aussah. Abrupt wandte er den Blick ab und richtete ihn stattdessen in die Ferne. „Bei meinem Besuch ließ ich Philip wissen, dass ich von dem Vorfall gehört habe und Kingstons Benehmen zutiefst missbillige.“
Helen schöpfte Hoffnung. Zwar hatte sie keine Gelegenheit gehabt, mit Philip zu sprechen, aber vielleicht konnte sie von anderer Seite erfahren, was Charlotte wissen wollte. „Glauben Sie, Philip konnte die Demütigung inzwischen verwinden? Er hat natürlich jedes Recht, böse zu sein.“
„Er schien mir eher gelassen. Falls Sie ihn heute aufsuchen wollten, um zu erfahren, ob er Ihre Schwester immer noch verehrt, dann lautet die Antwort Ja“, sagte er sanft.
Helen atmete auf und lächelte dankbar. „Charlotte wird unendlich erleichtert sein. Sie war sicher, dass George Philips Liebe zu ihr zerstört hat.“
„Wäre ihm das gelungen, hätte Ihre Schwester davon ausgehen müssen, dass Philip vielleicht doch nur eine flüchtige Vernarrtheit für sie empfand und ihrer Tränen nicht wert ist.“
„Oh, er liebt sie, da bin
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