Adelshochzeit 2
Beaumont zusehend tiefer unter die Haut, was ihn ein wenig verstörte. Vorhin in dem Korridor hätte er sie beinahe geküsst. Jetzt gerade war er schwer versucht, sie zu einem stillen Plätzchen zu entführen und es nachzuholen … aber er wollte ja Tarquin ausfindig machen, und sei es nur, um ihm die Leviten zu lesen, weil er Emily solchen Kummer verursachte. Als sie jetzt mit feucht schimmernden Augen zu ihm aufsah, tat sie Mark so leid, dass er rasch den Blick voraus auf die Straße richtete.
Er hatte eine vage Vorstellung, wo der elende Bursche sein könnte und was er trieb – mit Sicherheit etwas, das ein Mann auf keinen Fall einer unverheirateten Dame mitteilen sollte.
Sein Bruder war nämlich, von ihm nach Tarquin befragt, mit etwas herausgerückt. Jason und seine Gattin Helen waren aus einem Theater in der Drury Lane gekommen, als sie Tarquin, der ziemlich bezecht schien, in nicht sehr feiner Gesellschaft entdeckt hatten. Er lümmelte in einer dunklen Gasse, sehr beschäftigt mit einer ausgesprochen hübschen Dame des käuflichen Gewerbes, die seine Annäherungen anschmiegsam ermutigte.
Grimmig lächelnd überlegte Mark, ob Tarquin möglicherweise seinem sarkastischen Rat gefolgt war, der dahin ging, dass er sich, um das Risiko zu verteilen, vielleicht besser verschiedenen Lastern hingeben möge, anstatt seine Mittel allein beim Glücksspiel zu verschwenden.
Mark entschloss sich, Emily den nicht anstößigen Teil zu erzählen: „Vor zwei Wochen kamen mein Bruder und Helen aus der Oper, als sie ihn in einer Gasse am Covent Garden sahen – nur ganz kurz, im Vorbeifahren. Er war nicht allein, nur wird seine Begleitung wohl nur schlecht ausfindig zu machen sein. Aber ihn selbst werde ich finden, das verspreche ich Ihnen.“
Emily hatte das Gefühl, als erzählte Mark ihr nicht alles, doch sie würde Helen fragen, mit der sie eng befreundet war. Und da war noch die Sache mit diesem Brief, der sie in die Whiting Street bestellt hatte. Sollte sie Mark davon erzählen? Vielleicht kannte er ja den Mann mit der Boxernase und hatte eine Ahnung, inwieweit Tarquin mit dem zu tun hatte. Ihre Gedanken überschlugen sich. Schließlich siegten ihre Vorbehalte Mark gegenüber, und sie schwieg. Immerhin hatte Mark Hunter ihren Bruder ins Schuldgefängnis wandern lassen – wegen der lächerlichen Summe von hundert Pfund. Erstaunlicherweise waren die beiden immer noch befreundet, doch wie sehr war Mr. Hunter wirklich daran interessiert, Tarquin zu helfen? Ganz traute Emily ihm und der von ihm beschworenen Freundschaft mit ihrem Bruder nicht.
Abermals geriet sie über diese beiden Männer, Mark Hunter und Nicholas Devlin, ins Grübeln. Eines zumindest hatten sie gemeinsam – sie interessierten sich für Tarquin wesentlich weniger als für sie. Und dieses Interesse zu bestärken hatte Emily nicht vor. Beide Männer waren in festen Händen, und doch hatte sie heute erfahren dürfen, wie unbeständig sie waren – Ehegatte wie Liebhaber gleichermaßen. Sie hätte nur ein wenig Entgegenkommen zeigen müssen, und jeder der beiden hätte sie geküsst. Es machte Emily wütend, dass sie gebunden waren und sich dennoch in eine Liebelei einlassen würden. Vielleicht bildeten solche Herren sich ja ein, sie sei mittlerweile in dem Alter, sich als Ladenhüter zu fühlen, und wäre deshalb für jede noch so unziemliche Annäherung dankbar.
„Ich werde hier warten, bis Sie Ihre Einkäufe erledigt haben.“
Marks Worte ließen sie aus ihren Gedanken auffahren. Sie erlaubte dem Pferdeburschen, ihr vom Wagen zu helfen. Ja, in der Tat erwies Mark Hunter ihr mehr Beachtung, als ihr als die Schwester seines Freundes zukam. Er zielte darauf ab, sie zu verführen, dessen war sie gewiss, und glaubte zweifellos, sie würde ihm wegen seines guten Aussehens und Reichtums in die Arme sinken. Möglicherweise meinte er auch, weil sie so verzweifelt auf seine Hilfe hoffte, werde sie sich wie ein naives Gänschen betragen. Aber die Zeiten waren vorbei! Damals, nach Nicholas, hatte sie sich geschworen, es würde ihr nie wieder passieren.
Die beiden Hunter-Brüder waren als Lebemänner bekannt gewesen. Jason jedoch änderte seinen Lebenswandel, als er Helen Marlowe heiratete, und war nun ein sehr ergebener Gatte. Giftig fragte sich Emily, ob Mark sich ebenfalls derart verändern würde, wenn Mrs. Emerson ihn endlich vor den Altar gezerrt hatte.
Ein säuerliches Lächeln unterdrückend wandte sie sich um und sah zu ihm auf seinem Kutschsitz auf. Er
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