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Adieu, Sir Merivel

Adieu, Sir Merivel

Titel: Adieu, Sir Merivel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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krank bin.«
    Will zieht die Vorhänge in meinem Schlafzimmer zurück, die ich gegen die Augustsonne halb zugezogen habe, und öffnet das Fenster. »Ihr seid nicht krank, Sir«, sagt er, »Ihr simuliert ganz fürchterlich. Und Ihr stinkt wie eine tote Ratte.«
    »Aber, aber, Will«, sage ich. »Achte darauf, wie du mit mir sprichst.«
    »Ich spreche nur die Wahrheit aus. Ich werde dafür sorgen, dass Euch heißes Wasser gebracht wird und Ihr euch selbst waschen und neue Kleider anziehen könnt, ehe Ihr hinuntergeht. Unterdessen werde ich Sir James und seiner Frau einen Kräuterlikör servieren.«
    Wenn es sich bei meinen Besuchern nicht um die Prideaux gehandelt hätte, wäre ich vielleicht ungerührt liegen geblieben. Doch ihnen gegenüber existieren Bande der Zuneigung (um Margarets ebenso sehr wie um meinetwillen), weshalb ich mich abschrubbe, die saubere Kleidung anlege, die Will für mich bereitgelegt hat, mir meine Perücke auf meinem Schädel festklemme und mich danach mit sehr schwachen, zittrigen Beinen nach unten begebe.
    Der Anblick der Prideaux heitert mich auf. Was mich an ihnen tröstet, ist ihre geistige Gesundheit oder Normalität. Ihr Leben vollzieht sich – wie das Leben es sollte, aber selten tut – in ruhigem Wohlstand und behaglicher Häuslichkeit. Man hört nie, dass sie sich über irgendetwas beklagen, allerdings gibt es, offen gesagt, auch wenig, worüber sie sich beklagen müssten. Dennoch wirken sie nicht dünkelhaft.
    Sie bedauern mich wegen des Bären. (Diese Geschichte hat die Runde in der Grafschaft gemacht, und niemand außer James und Arabella Prideaux scheint Mitgefühl für meinen Verlust zu haben, alle schlagen sich vielmehr auf die Seite der Bauern, die das Geschöpf getötet und verspeist haben.)
    »Was beabsichtigten Sie eigentlich mit Ihrem Bären?«, fragt Arabella.
    »Oh«, erwidere ich, »ich hatte die Absicht, ihm ein sorgenfreies Leben zu verschaffen. Zuerst dachte ich daran, hier auf Bidnold eine Menagerie aufzubauen, doch irgendwann wollte ich keine Menagerie mehr, ich wollte einfach nur, dass der Bär glücklich wird.«
    »Glücklich?«, fragt Sir James.
    »Ja. Viele glauben, dass Tiere so etwas wie ›Glück‹ nicht empfinden können, aber ich denke, sie irren sich. Wir müssen doch nur einen Spaniel beobachten, der merkt, dass er gleich nach draußen darf …«
    »Vielleicht sind Hunde ein Sonderfall, Merivel, denn sie haben sich den Menschen zu ihrem Beschützer gewählt. Aber Sie sagten, Ihr Bär hieß Clarendon?«
    »Ja. Der König nannte ihn so nach dem verstorbenen Grafen.«
    »Und verurteilte ihn damit womöglich fatalerweise zu einem unglücklichen Ende?«
    »So ist es. Obgleich der König dies nicht beabsichtigte. Er hatte ihn sehr interessiert beobachtet und erklärte dann, irgendetwas an dem Verhalten von Bären erinnere ihn an uns selbst. Sie hätten die Gesichter von Ausgestoßenen.«
    »Von Ausgestoßenen? Der König ist doch kein Ausgestoßener.«
    »Elf Jahre lang war er es. Und das vergisst er nie – keinen einzigen Tag. Der Ort, den er in seinen Träumen am häufigsten aufsucht, ist Boscobel.«
    Die Prideaux nicken ernst. Nach einer Weile fragt Arabella: »Haben Sie denn irgendein Andenken an den armen Bären?«
    »Mir wurde das Fell gebracht. Und es war furchtbar, diese leere Haut anzusehen, an der noch der Kopf hing. Doch ich habe es zum Gerben weggegeben, um es vielleicht als Läufer zu benutzen.«
    »Ach«, sagt Arabella. »Ich habe so ein Fell einmal gesehen, aus einer Tigerhaut. Doch unglücklicherweise haftete noch ein leichter Gestank daran. Weshalb ich es in seiner Nähe nicht aushalten konnte.«
    Ich wechsele rasch das Thema. Wir reden über all unsere Mädchen, und sie berichten mir von Marys neuem Galan, dem ältesten Sohn von Sir Reginald Brocks-Parton, der zehntausend livres pro Jahr wert ist. Und wir schreien laut auf bei dieser Summe und geraten über den Visionen solch unglaublichen Reichtums peinlicherweise ganz außer Atem.
    Dann sagt James Prideaux: »Wir fürchten, Sie sind zu viel allein, Merivel. Warum kommen Sie nicht zu uns und bleiben bis zum Ende des Sommers in Shottesbrooke? Wir können Whist-Runden einrichten, ich werde Musiker zu unserer Unterhaltung einladen, und nächste Woche gibt es auch eine Hinrichtung auf Mouse Hill …«
    »Es wäre uns eine solche Freude, wenn Sie kämen«, sagt Arabella. »Das war auch der Grund unseres Besuchs. Und es ist so lange her, dass wir eine Hinrichtung in Norwich hatten. Wir

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