Admiral Bolithos Erbe
Toten und Verwundeten an, das zerschossene Deck und die blutigen Spuren der Schlacht.
»Ich soll Ihnen melden, Sir, daß der Feind die Flagge gestrichen hat. Das heißt, alle Schiffe bis auf eines haben kapituliert. Es versucht, in die Loire zu entkommen, aber
Nicato
r
ist schon hinter ihm her.«
Bolitho mußte den Blick abwenden. Also ein Sieg, wi e er nicht überwältigender hätte sein können. Mehr hätte selbst Beauchamp nicht erwarten dürfen.
Dann wandte er sich wieder dem Leutnant zu; der junge Mann mußte ihn ja für wunderlich halten.
»Von welchem Schiff kommen Sie?«
»Von der
Phalarope
,
Sir. Ich bin Fearn, provisorischer Erster Offizier.«
Bolitho konnte ihn nur anstarren. »Provisorischer Erster?« Der Mann wich verwirrt zurück, aber Bolitho dachte jetzt nur an seinen Neffen. »Ist Leutnant Pascoe…?« Er konnte es nicht aussprechen.
Erleichtert atme te der Leutnant auf; also hatte er doch nichts falsch gemacht.
»O nein, Sir! Leutnant Adam Pascoe ist provisorischer Kommandant.« Er sah zum Batteriedeck hinunter, als sei ihm eben erst die Erkenntnis gekommen, daß er überlebt hatte. »Leider muß ich Ihnen mitteilen, daß Kapitän Emes gefallen ist, als wir durch die französische Linie brachen.«
Bolitho packte seine Hand. »Gehen Sie jetzt zurück an Bord und danken Sie der Besatzung von mir.«
Er begleitete den Leutnant auf dem Seitendeck bis zum Fallreep, unter dem ein Boot festgemacht war.
Dicht bei lag
Phalarop
e
beigedreht, mit zerschossenen Segeln, aber immer noch schußbereit ausgerannten Karronaden.
Ihm fiel wieder ein, was er nach der Schlacht bei den Saintes zu Herrick gesagt hatte, als sie über die anderen Schiffe sprachen.
»Sie ist nicht wie die anderen«, waren seine Worte gewesen.
»
Phalarop
e
ist eine Klasse für sich.«
Adam brauchte er davon nichts zu erzählen. Denn wie Emes vor ihm, würde auch er das bald genug selbst herausfinden.
Er sah Allday mit der eingerollten französischen Flagge auf sich zukommen, die ihren Admiral überlebt hatte, nahm sie entgegen und reichte sie an den Leutnant weiter.
»Geben Sie das Ihrem Kommandanten, Mr. Fearn, und richten Sie ihm meinen Respekt aus.« Mit einem Blick auf den alten Säbel an seiner Seite fügte er hinzu: »Wir alle wollen diesen Tag in ehrenvoller Erinnerung behalten.«
Epilog
Richard Bolitho musterte sein Spiegelbild so kritisch, als hätte er einen zur Beförderung anstehenden jungen Offizier vor sich.
Über die Schulter sagte er: »Ich weiß es zu schätzen, daß du hiergeblieben bist, Thomas.« Dann wandte er sich um und musterte Herrick voller Zuneigung; sein Freund und Gefährte saß vorn auf der Stuhlkante und hielt sich an einem halbvollen Glas Wein fest.
»Obwohl ich befürchte, daß unsere Nerven in einem Zustand sind, der uns nicht zur Ehre gereicht.«
Immer noch hatte er sich nicht an den Gedanken gewöhnt, daß er wieder daheim in Falmouth war. Zuviel war geschehen: die langsame, mühselige Heimfahrt nach Plymouth, die ersten dringenden Reparaturen an den schwer mitgenommenen Schiffen des
Geschwaders, dann der Abschied und das Gedenken an jene, die nie wieder den Fuß auf englischen Boden setzen würden.
Wie still das Haus war! Er konnte sogar Vogelstimmen draußen vor den Fenstern hören, die jetzt im Oktober schon geschlossen gehalten wurden. Es war still wie auf einem Schiff vor der Schlacht oder nach einem Sturm.
Herrick rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum und blickte an seiner neuen Uniform hinunter.
»Konteradmiral bin ich jetzt«, sagte er, und es klang immer noch ungläubig. »Aber auch nur so lange, bis der Friedensvertrag unterzeichnet ist.«
Bolitho mußte über Herricks Unbehagen lächeln. Noch hatte die Admiralität keine offizielle Stellungnahme zur Vernichtung der französischen Invasionsflotte abgegeben, aber in bezug auf Herrick hatten Ihre Lordschaften gesunden Menschenverstand bewiesen.
Leise sagte er: »Konteradmiral Thomas Herrick, das klingt gut und ist ehrlich verdient. Ich freue mich für dich!«
Herrick schob trotzig das Kinn vor. »Und du selbst? Womit wirst du für deine Leistungen belohnt?« Warnend hob er die Hand: »Jetzt kannst du mir nicht mehr den Mund verbieten, wir sind gleichgestellt. Das hast du selbst zugegeben. Ich werde es mir von der Seele reden, und dann Schluß damit.«
Bolitho nickte. »Na gut, Thomas.«
»Also dann: Jeder im Land weiß, daß der Friedensvertrag nur noch unterzeichnet werden muß, daß die Kämpfe überall
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