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Admiral Bolithos Erbe

Admiral Bolithos Erbe

Titel: Admiral Bolithos Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Loyalität und Begeisterung zu wecken, wenn sie am dringendsten gebraucht wurden.
    Neale schien den prüfenden Blick seines Vorgesetzten nicht bemerkt zu haben. »Um Mitternacht gehen wir auf den anderen Bug, Sir«, sagte er. »Hoch am Wind wird es dann etwas ungemütlicher an Bord, fürchte ich.«
    Bolitho lächelte, weil ihm Browne einfiel, der halbtot vor Seekrankheit unten in seiner Kajüte lag. »Dann sollten wir morgen das eine oder andere unserer Schiffe in Sicht bekommen«, sagte er.
    »Aye, Sir.« Neale wandte sich um, als ein Midshipman über die nassen Planken heranbalancierte und schnell etwas auf die Schiefertafel neben dem Ruder kritzelte. »Oh, dies ist Mr. Kilburne, Sir, unser Signalfähnrich.«
    Der Junge, etwa sechzehn Jahre alt, erstarrte und blickte Bolitho an, als sei er der Leibhaftige.
    Bolitho mußte lächeln. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Da der Fähnrich immer noch dastand wie vom Schlag gerührt, fuhr Neale fort: »Mr. Kilburne hat eine Frage an Sie, Sir.«
    Leise sagte Bolitho: »Quälen Sie den Jungen nicht, Neale. Haben Sie denn ein so schlechtes Gedächtnis?« Er wandte sich an Kilburne. »Worum geht’s?«
    Kilburne stammelte, offenbar überrascht, daß er seinem Admiral Auge in Auge gegenüberstehen und trotzdem noch atmen konnte: »Also, Sir, wir waren alle so aufgeregt, als wir hörten, daß Sie an Bord kommen…«
    Mit »alle« meinte er wahrscheinlich die drei anderen Midshipmen des Schiffs, dachte Bolitho.
    Kilburne fing sich etwas. »Stimmt es, Sir, daß die erste Fregatte, die Sie befehligten,
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war?« platzte er heraus.
    Schroff sagte Neale: »Das reicht, Mr. Kilburne!« Entschuldigend wandte er sich an Bolitho. »Bitte um Vergebung, Sir. Ich dachte, der junge Tölpel wollte was ganz anderes fragen.«
    Aber Bolitho war die plötzliche Anspannung nicht entgangen.
    »Worum geht’s, Mr. Kilburne?« wiederholte er. »Ich bin immer noch ganz Ohr.«
    Zerknirscht sagte der Signalfähnrich: »Ich habe das Signalbuch berichtigt, Sir.« Er warf seinem Kommandanten einen furchtsamen Blick zu, als frage er sich, womit er diese Katastrophe heraufbeschworen habe. »Denn
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stößt zu unserem Geschwader, Sir. Unter Kapitän Emes.«
    Bolithos Hand krampfte sich fester um die Finknetze, während er Kilburnes Worte verarbeitete.
    Der Junge mußte sich irren. Aber weshalb? Über ein neues Schiff mit dem Namen
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war nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Bolitho blickte Neale an. Und gerade hatte er ihn im Geiste als jungen Midshipman an Bord eben dieses Schiffes vor sich gesehen. Es war schon gespenstisch.
    Verlegen ergriff Neale wieder das Wort. »Ich war selbst überrascht, Sir. Aber ich wollte Sie in Ihrer ersten Nacht an Bord nicht beunruhigen. Für meine Offiziere war es eine Ehre und eine Freude, Sie hier willkommen heißen zu dürfen, auch wenn wir Ihnen wenig zu bieten haben.«
    Bolitho nickte. »Die Freude ist ganz meinerseits, Kapitän Neale.« Aber im Geiste war er immer noch bei
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Sie mußte jetzt fünfundzwanzig Jahre alt sein, wenn nicht mehr. Als er sie damals im Spithead übernommen hatte, hatte sie erst sechs Jahre auf dem Buckel gehabt. Aber sie war ein Unglücksschiff gewesen, an Bord herrschten Grausamkeit und Verzweiflung, und die Mannschaft stand kurz vor der Meuterei, so sehr war sie von dem abgelösten Kommandanten geschunden worden.
    Nichts hatte er vergessen, vor allem nicht den Anblick der französischen Wimpel und Bramsegel, als die gegnerische Flotte über die Kimm gekommen war: wie Ritter, die zum Turnier stürmten. Heute nannte man es die Schlacht bei den Saintes, und die
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war als kaum noch schwimmfähiges Wrack aus ihr hervorgegangen.
    »Geht es Ihnen gut, Sir?« Neale sah Bolitho besorgt an, hatte sein eigenes Schiff für den Augenblick völlig vergessen.
    Wie zu sich selbst sagte Bolitho: »Sie ist zu alt für diesen Ei nsatz. Ich hielt sie für verloren, untergegangen im Kampf, nicht ausrangiert als Hulk für Sträflinge oder Waren in irgendeinem elenden Hafen.« Er wußte, die Marine brauchte dringend Fregatten – aber ausgerechnet diese?
    Neale erzählte bereitwillig: »Ich habe gehört, daß sie in Irland repariert und ausgerüstet wurde, Sir. Aber für den Dienst als Wach- oder Wohnschiff, dachte ich.«
    Bolitho starrte hinaus auf die endlos anstürmenden weißen Hunde.
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so vi ele Jahre lagen dazwischen, so viele andere Gesichter und Schiffe, und jetzt würde er sie wiedersehen.

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