Aelita
vorzügliche Kleidungsstücke aus Wolle und verstanden es, Gedanken vermittels der Abbildungen von Gegenständen aufzuzeichnen; dieses Wissen hatten sie in den Tiefen des Gedächtnisses mitgebracht, als uralte Erinnerung an die untergegangene Zivilisation.
Jahrhunderte vergingen. Und da erschien im Westen ein großer Führer der Rothäute. Er hieß Uru. Er wurde in der Stadt geboren, war aber in früher Jugend in die Steppen zu den Jägern und Nomaden gegangen. Er sammelte unzählige Scharen von Kriegern um sich und begann einen Krieg gegen die Stadt.
Die Nachkommen der Semse verwandten zu ihrem Schutz alles Wissen, das sie besaßen: sie bekämpften die Feinde mit Feuer, sandten toll gewordene Büffelherden gegen sie aus, spalteten sie mit blitzschnell fliegenden Bumerangs. Doch die Rothäute waren stark durch ihre Habgier und ihre Zahl. Sie eroberten die Stadt und plünderten sie. Uru erklärte sich zum Führer der Welt. Er befahl den roten Kriegern, sich die jungen Mädchen der Semse zu nehmen. Die Überreste der Besiegten, die sich in den Wäldern versteckt hatten, kehrten in die Stadt zurück und dienten nun den Siegern.
Die Roten eigneten sich das Wissen, die Bräuche und die Künste der Semse an. Das vermischte Blut brachte eine lange Reihe von Administratoren und Eroberern hervor. Und die geheimnisvolle Fähigkeit, die Natur der Dinge zu fühlen, pflanzte sich durch Generationen fort.
Die Heerführer der Dynastie Uru erweiterten den Landbesitz: im Westen rotteten sie die Nomaden aus und an den Grenzen des Stillen Ozeans türmten sie Pyramiden aus Erde und Steinen auf. Im Osten bedrängten sie die Neger. An den Ufern des Niger und des Kongo, an den felsigen Küsten des Mittelmeeres, dessen Wellen dort plätscherten, wo heute die Wüste Sahara ist, bauten sie starke Festungen. Es war die Zeit der Kriege und des Bauens. Das Land der Semse hieß damals Hamagan.
Ihre Stadt wurde jetzt mit einer zweiten Mauer umgeben, und in dieser Mauer waren hundert mit Goldblech beschlagene Tore. Die Völker der ganzen Welt strömten hier zusammen, angezogen von Habgier und Neugierde. Unter den zahllosen Stämmen, die in den Basaren der Stadt umherschlenderten und ihre Zelte vor ihren Mauern aufschlugen, erschienen auf einmal noch nie gesehene Leute. Sie hatten eine dunkel-olivfarbene Haut, langgezogene, funkelnde Augen, und ihre Nasen glichen spitzen Schnäbeln. Sie waren klug und listig. Niemand konnte sich erinnern, wie sie in die Stadt gekommen waren. Aber es war noch keine Generation vergangen, da befanden sich Wissenschaft und Handel der Stadt der Hundert Goldenen Tore in den Händen dieses wenig zahlreichen Stammes. Sie nannten sich die › Sohne Aams‹.
Die weisesten der Söhne Aams lasen die uralten Aufschriften der Semse und entwickelten in sich die Fähigkeit, das Wesen der Dinge zu erkennen. Sie erbauten den unterirdischen Tempel des Schlafenden Negerkopfes und begannen die Leute an sich zu ziehen: sie heilten Kranke, sagten die Zukunft voraus und zeigten den Gläubigen die Schatten von Verstorbenen.
Durch Reichtum und die Kraft ihres Wissens drangen die Söhne Aams in die Verwaltung des Landes ein. Sie zogen viele Stämme auf ihre Seite und fachten in der Stadt selbst und gleichzeitig in den Grenzgebieten einen Aufstand für den neuen Glauben an.
In einem blutigen Kampf ging die Dynastie Uru unter. Die Söhne Aams eroberten die Macht.
Mit dieser alten Zeit fällt der erste Stoß aus dem Innern der Erde zusammen. An vielen Stellen, mitten in den Bergen, schlug eine Flamme hoch, und der Himmel war von Asche verhüllt. Große Flächen im Süden des Atlantischen Kontinents versanken im Ozean. Im Norden erhoben sich felsige Eilande vom Meeresboden und vereinigten sich mit dem Festland: so entstanden die Umrisse der europäischen Ebene.
Alle Kräfte ihrer Herrschaft verwandten die Söhne Aams auf die Schaffung einer Kultur unter den zahllosen Stämmen, die einstmals von der Dynastie Uru unterworfen worden und später von ihr abgefallen waren. Doch die Söhne Aams liebten den Krieg nicht. Sie rüsteten Schiffe aus, die geschmückt waren mit dem Kopf des Schlafenden Negers, beluden sie mit Gewürzen und Geweben, mit Gold und Elfenbein. Als Kaufleute und Heilkundige drangen sie auf diesen Schiffen bis in weit entfernte Länder vor. Sie trieben Handel und heilten durch Zauber und Beschwörungen die Kranken und Krüppel. Zum Schütze ihrer Waren erbauten sie in jedem Lande ein Haus in der Form einer Pyramide, und dahin
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