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Aelita

Aelita

Titel: Aelita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexej Tolstoi
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schüttelte den Kopf. »Du ähnelst dem furchtbaren Tscha.«
Mit ungeheurer Anstrengung des Willens bedeckte er sofort das Gesicht mit der Hand, und ihm war, als erfaßte ihn eine Flamme – alles in ihm wurde jetzt zu Feuer. Er nahm die Hand vom Gesicht, und Aëlita fragte leise: »Was ist dir?«
»Fürchte dich nicht.«
Sie näherte sich Losj und flüsterte wiederum: »Ich habe Angst vor dem Chao. Ich werde sterben.«
»Fürchte dich nicht. Das Chao – das ist das Feuer, das ist das Leben…. Fürchte dich nicht vor dem Chao. Komm her zu mir, du meine Liebe!«
Er streckte die Arme nach ihr aus. Aëlita seufzte unhörbar auf, ihre Wimpern senkten sich, der gespannte Ausdruck ihres Gesichts verschwand, sie sah plötzlich ganz eingefallen aus. Mit einer raschen Bewegung erhob sie sich auf dem Bett und blies das Öllämpchen aus.
Ihre Hände verfingen sich in Losjs schneeweißem Haar….
Hinter der Tür der Höhle erscholl ein Geräusch wie das Summen von unzähligen Bienen. Weder Losj noch Aëlita hörten es. Das Geräusch schwoll zu einem Heulen an. Und da – erhob sich aus dem Abgrund, gleich einer ungeheuerlichen Wespe, langsam und mit dem Bug gegen die Felsen stoßend, ein Militärluftschiff.
Das Schiff verharrte in der Luft schwebend in Höhe des Felsplateaus. Von Bord wurde eine Leiter auf den Rand des Plateaus herabgelassen. Auf ihr stiegen Tuskub und eine Abteilung Soldaten in Panzern und metallischen, gerippten Kopfbedeckungen hinunter auf das Plateau.
Die Soldaten stellten sich im Halbkreis vor der Höhle auf. Tuskub trat auf die dreieckige Tür zu und schlug mit dem Ende seines Stockes dagegen.
Losj und Aëlita lagen in tiefem Schlaf. Tuskub wandte sich zu den Soldaten um und befahl, mit dem Stock auf die Höhle weisend: »Nehmt sie!«

Die Flucht
    Das Militärluftschiff kreiste noch eine Zeitlang über den Felsen der Heiligen Schwelle, flog dann in der Richtung auf Azora davon und ging irgendwo nieder. Erst da konnten Icha und Gussew hinabsteigen. Auf dem niedergetretenen Moos des Plateaus erblickten sie Losj: er lag nahe dem Eingang zur Höhle, mit dem Gesicht am Boden, in einer Blutlache.
    Gussew hob ihn hoch, nahm ihn auf die Arme – Losj atmete nicht, seine Augen waren fest geschlossen, auf der Brust und am Kopf klebte geronnenes Blut. Aëlita war nirgends zu sehen. Icha jammerte laut, während sie in der kleinen Höhle Aëlitas Sachen zusammensuchte. Es fehlte nur der Mantel mit der Kapuze – wahrscheinlich hatte man sie, ob tot oder lebendig, in den Mantel gewickelt und auf dem Luftschiff fortgebracht. Icha band das, was von der »aus dem Licht der Sterne Geborenen« übrig war, in ein Bündelchen, Gussew warf sich Losj über die Schulter, und so gingen sie zurück über die Brücken – unter sich im Dunkel den brodelnden See – über die schmalen Felsenstiegen an den Wänden des nebligen Abgrunds; auf diesem Wege war einstmals der Magazitl zurückgekehrt, und an seinem Stab trug er die an dem Gespinst festgebundene gestreifte Schürze eines Mädchens der Aolen – als die Kunde von Frieden und Leben.
    Oben angelangt, zog Gussew das Boot aus der Grotte und setzte Losj, den sie in ein Laken gewickelt hatten, hinein, dann zog er den Gürtelriemen fester, schob sich den Helm tiefer in die Stirn und sagte entschlossen:
    »Lebend sollen sie mich nicht in die Hände kriegen. Aber wenn ich erst auf der Erde bin… Wir kommen wieder hierher…« (Es folgten drei unverständliche Worte.) Er stieg in das Boot, ordnete die Steuerführung. »Und ihr, meine Lieben, geht nach Hause oder sonst wohin. Behaltet mich in gutem Angedenken.« Er beugte sich über die Bordwand und verabschiedete sich von dem Piloten und Icha durch einen Händedruck. »Dich will ich nicht mit mir nehmen, Ichoschka, denn ich fliege in den sicheren Tod. Ich danke dir für alles Gute, meine Liebe; wir Söhne des Himmels pflegen so etwas nie zu vergessen – so ist das. Leb wohl.«
    Er blickte mit eingekniffenen Augen zur Sonne hinauf, nickte den beiden mit einer Kinnbewegung zu und schwang sich in die blaue Luft. Lange schauten Icha und der Knabe in dem grauen Pelz dem davonfliegenden Sohn des Himmels nach. Sie merkten dabei nicht, wie von Süden her hinter den verkarsteten Felsen ein geflügelter Punkt aufstieg und seinen Flug kreuzte. Als Gussew in den Lichtströmen der Sonne untergetaucht war, warf sich Icha in einer solchen Verzweiflung auf die moosbewachsenen Steine, daß der Knabe erschrak: er fragte sich, ob sie nicht auch den

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