Aelita
Tod!« schrie Losj.
Das war eine ungeheure Ansammlung von Spinnen. Sie lebten und vermehrten sich offenbar dort unten in der warmen Tiefe des Schachtes; die Explosion hatte sie aufgestört, und sie begannen in die Höhe zu klimmen, sich in ihrer ganzen Masse aufblähend. Sie waren es, die dieses Zischen und schurrende Geraschel von sich gaben…. Da rannte auch schon eine dieser Spinnen knickebeinig auf dem Gesims entlang.
Der auf das Gesims führende Zugang befand sich nicht weit von Losj. Gussew schrie: »Los, fort!« und setzte mit einem mächtigen Sprung über den Schacht hinweg, wobei er mit dem Schädel an das Kuppelgewölbe stieß; er fiel neben Losj in die Hocke, ergriff ihn bei der Hand und zog ihn zum Durchgang, in den Tunnel. Sie rannten, was sie konnten.
Staubige Laternen brannten in ziemlicher Entfernung von einander an der gewölbten Decke des Tunnels. Eine dicke Staubschicht lag auf dem Boden und auf den Trümmern von Säulen und Statuen, auf den Schwellen der schmalen Türen, die in andere Durchgänge führten. Gussew und Losj gingen recht lange durch diesen Korridor. Er mündete in einen Saal mit flachem Gewölbe und niedrigen Säulen. Mitten im Saal stand die halbzerstörte Statue einer Frau mit einem dicken und grimmigen Gesicht. Im Hintergrund des Saales gähnten schwarz die Öffnungen von Wohnräumen. Hier lag auch Staub – auf der Statue der Königin Magr, auf dem zerbrochenen Gerät. Losj blieb stehen, seine weit aufgerissenen Augen waren gläsern geworden.
»Es sind Millionen dort«, sagte er und blickte um sich, »sie warten, ihre Stunde wird kommen, sie werden sich des Lebens bemächtigen, sie werden den Mars bevölkern….«
Gussew zog ihn mit sich fort in einen von dem Saal ausgehenden sehr breiten Tunnel. Auch dort brannten in weiten Abständen trübe Laternen. Sie gingen lange. Sie ließen eine bogenförmige Brücke hinter sich, die über einen breiten Spalt hinwegführte, auf seinem Grunde lagen die zerbrochenen Teile gigantischer Maschinen. Und weiter zogen sich wieder die staubigen grauen Wände. Niedergeschlagenheit legte sich auf ihre Seele. Die Beine wollten sie vor Müdigkeit nicht weiter tragen. Losj wiederholte mehrmals mit leiser Stimme:
»Lassen Sie mich, ich möchte mich hinlegen.« Sein Herz hörte auf zu schlagen. Eine entsetzliche Schwermut bemächtigte sich seiner, und er schleppte sich stolpernd, auf Gussews Spuren, durch den Staub. Kalte Schweißtropfen rannen ihm über das Gesicht. Losj hatte dort hineingeschaut, woher es keine Wiederkehr geben kann. Und doch hatte ihn eine noch mächtigere Gewalt von jener Grenze weggeführt, und nun schleppte er sich halbtot durch die nicht enden wollenden leeren Korridore.
Der Tunnel machte eine scharfe Biegung. Gussew schrie auf. Im halbrunden Rahmen öffnete sich ihren Augen ein dunkelblauer, die Augen blendender Himmel und der in Eis und Schnee strahlende Gipfel des für Losj so denkwürdigen Berges. Sie verließen das Labyrinth in der Nähe von Tuskubs Landgut.
Das Chao
»Sohn des Himmels, Sohn des Himmels«, rief eine ganz feine Stimme.
Gussew und Losj näherten sich dem Landgut von der Seite des Wäldchens. Aus dem himmelblauen Dickicht streckte sich ein spitznasiges Gesichtchen hervor. Das war Aëlitas Pilot, ein Knabe in grauer Pelzjoppe. Er klatschte in die Hände und hüpfte dabei umher, sein kleines Gesicht bekam Runzeln wie ein Tapir. Er bog die Zweige auseinander und zeigte auf ein in den Ruinen eines Wasserbehälters verstecktes geflügeltes Boot.
Dann erzählte er: die Nacht sei ruhig verlaufen, kurz vor Sonnenaufgang habe er aus der Ferne ein Donnern gehört und dann einen Feuerschein gesehen. Er dachte, die Söhne des Himmels seien umgekommen, war ins Boot gesprungen und zu Aëlita an ihren Zufluchtsort geflogen. Sie hatte die Detonation ebenfalls gehört und blickte von der Höhe eines Felsens auf den Feuerbrand. Sie sagte zu dem Knaben: »Kehre zurück auf das Landgut und warte auf den Sohn des Himmels; wenn dich die Diener Tuskubs ergreifen, stirb schweigend; sollte der Sohn des Himmels tot sein, dringe zu seiner Leiche vor, suche bei ihm nach einem kleinen Flakon aus Stein und bringe es mir.«
Losj hatte mit aufeinandergepreßten Zähnen der Erzählung des Knaben zugehört. Dann gingen Gussew und Losj zum See und wuschen sich das Blut und den Staub ab. Gussew schnitt sich von einem starken Baum einen Knüppel, beinahe so groß wie die Hinterhand eines Pferdes. Sie setzten sich danach in das Boot und
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