Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

dem Stuhl im Jugendstildesign hing lässig hingeworfen ein Kimono.
    Im Bad stieß ich auf ein Trockengitter, auf dem Spitzendessous drapiert waren, wie ich sie in den vergangenen Jahren bei keiner meiner Freundinnen mehr zuhause gesehen hatte. Und dann die Schuhsammlung am Eingang: Bis auf ein Paar Joggingschuhe standen da nur Pumps, einige mit schwindelerregend hohen Absätzen. Mein Gott, wann hatte ich das letzte Mal Stilettos getragen? War ich wirklich schon so ein Trampel mit meiner Sammlung an Wanderschuhen und flachen Pumps mit Luftkissensohle?
    Die nach wie vor blondgelockte und vollbusige Gabriele erzählte mir ihre Liebesgeschichte mit Gregor genauer: »Erst hat er gesagt, er sei Ende 30 . Aber auf seinem Führerschein habe ich später dann durch Zufall gesehen: Er ist erst 36 «, berichtete sie. Gabriele hat Gregor auf einer Party kennen gelernt, er hatte dort als Caterer das Büfett ausgerichtet und kam mit ihr über das Thema italienische Weine länger ins Gespräch. »Irgendwie hat es gefunkt zwischen uns.« Bald lieferte Gregor ihr die Weine direkt ins Haus.
    Ihr Liebhaber ist schon lange mit einer 35 -jährigen Frau verheiratet. Sie hätten vor zehn Jahren heiraten müssen, weil seine Frau schwanger war, hatte Gregor Gabriele erzählt. Seine Angetraute hat keine Ahnung, dass ein Foto ihres Mannes auf dem Schreibtisch seiner 15 Jahre älteren Geliebten steht, die er jede Woche besucht. Seit zwei Jahren. Gabriele ist der Meinung, dass zur Sexualität einer älteren Frau ein jüngerer Mann viel besser passe als ein gleichaltriger Partner. Das findet auch »Tigerkatze« in Suses Blog. Sie hatte gepostet: »Warum machen wir es nicht wie viele alte Männer und suchen uns was Frischeres?« »Tigerkatze« hatte eine Liebschaft mit einem sehr viel jüngeren Mann und wurde konkret: »Ab 40 macht man doch sowieso beim Sex das Licht aus, und wenn ich am Morgen danach aufstehe und ins Bad gehe, schlinge ich mir eben elegant irgendwas um die Hüften.«
    Darauf erntete »Tigerkatze« Widerspruch: »Wenn du deine Wabbelschenkel nach dem Sex vor deinem jungen Lover verstecken musst, tust du mir leid«, postete »Lady 081 6 «. »Ich jedenfalls liege lieber mit einem Mann im Bett, der genauso viele Fettpolster hat wie ich.«
    Die Debatte im Blog hatte Suse zu einer Ergänzung provoziert: »Sex kann immer noch was Besonderes sein, auch wenn er selten stattfindet«, stellte sie klar. »Es ist wie bei einem Oldtimer, den du nur selten fährst. Du steckst den Schlüssel in die Zündung, und erst tut sich nichts, aber dann stottert der Motor, und schließlich rauscht die Karre los.«
    »Ich muss aber vorher Öl nachkippen, damit der Oldtimer fährt«, meinte »Lady 0816 « dazu. »Öl geht ja noch. Besser als Hormone zu schlucken«, postete eine andere Bloggerin.
    Auch Gabriele hatte mir erzählt, dass sie Hormone nimmt gegen die Veränderungen in den Wechseljahren. Jede sechste Frau aus der Befragung von Starke greift zu Hormonen. Diese Damen erklärten etwas häufiger als die anderen, dass sie Sex als besonders belebend empfinden. Sollen wir jetzt alle zum Aufpeppen Hormone nehmen? Ich glaube nicht.
    Im Cabrio haben wir Dessau hinter uns gelassen. »Die sexy Frauen über 50 mit den tollen jüngeren Liebhabern sind wohl eher die Ausnahme«, kommentiere ich. »Nur weil die angeblich ein so wildes Sexleben haben, ist das noch lange kein Modell für die Mehrheit der 50 -Jährigen.« Ich würde schon gerne wissen, ob Ursula Single ist oder nicht. Aber so was zu fragen ist uncool. Irgendwie fühle ich mich auf dem Rücksitz des Sportwagens schon sehr beengt, man kann sich nicht richtig ausstrecken. Und das in einem Luxusauto.
    »Von jüngeren Liebhabern rede ich gar nicht«, entgegnet Ursula und wirft mir im Rückspiegel einen prüfenden Blick aus ihren sorgfältig geschminkten Augen zu. »Auch Paare um die 50 , die sich noch nicht so lange kennen, schlafen leidenschaftlicher miteinander als Leute, die schon 30 Jahre verheiratet sind. Da hat sich die Gewohnheit noch nicht eingeschlichen. Da ist mehr Romantik.«
    Mir gefällt die Wortwahl nicht: Gewohnheit. Keine Romantik mehr. Das ist ein Klischee für Langverheiratete wie mich.
    Spricht unsere Fahrerin vielleicht aus Erfahrung? Hat sie sich so aufgebrezelt, weil sie erst seit Kurzem einen neuen Mann hat? Oder einen heimlichen Liebhaber? Tobt bei ihr im Designerschlafzimmer die Leidenschaft? Jede Nacht nach dem Candlelightdinner?
    Mir kommt meine ehemalige WG -Mitbewohnerin