Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
darüber nachdenken, ob Diäten und Gymnastik nun gut sind oder nicht«, meint sie, als ihr jemand die Kunstaktion erklärt. »Am Ende kommt es doch vor allem auf die innere Ausstrahlung an, oder?«
Gabriele hat ihren langen Seidenmantel abgelegt. Sie trägt eine rote Bluse darunter, die einen tiefen Ausschnitt zu erkennen gibt, obwohl alle Knöpfe geschlossen sind. Ausschnitt kann man auch jenseits der 50 noch tragen, sieht immer gut aus. Wenn sie was hat machen lassen mit ihren Mundfalten, dann wirkt es jedenfalls natürlich, das muss ich zugeben.
Ich würde sie schon gerne mal fragen wegen der Faltenfiller. Angeblich sind das nur Piekser, bei denen Hartgesottene noch nicht mal eine Betäubung brauchen, und Narben soll es auch nicht geben. Doch was macht man, wenn nach einigen Monaten das Zeug abgebaut ist? Bricht man dann am Morgen im Bad erst recht zusammen, während das Fett- und Faltenmonster höhnisch lachend aus der Versenkung auftaucht? Muss man dann gleich wieder zur Naturheiltante mit der Hyaluronsäure rennen?
Wobei ich Schönheitsoperationen nicht dogmatisch betrachte. Schließlich war ich vor Jahren mal selbst beim Schönheitschirurgen. Aus Recherchegründen. Die sich günstig mit meinem persönlichen Interesse verbanden: Wenn man am Bauch Fett absaugt, was genau passiert da? Dr.F. empfing mich in seiner Klinik in einem Berliner Villenviertel. Ich war überrascht, wie viele jüngere Frauen in der Lobby in den wuchtigen Ledersesseln auf ein Gespräch warteten.
Dr.F. fragte mich in seinem Sprechzimmer: »Nun, was stört Sie?« Ich kam mir vor wie eine hysterische Zicke. F. malte mit seinem Kugelschreiber auf meinem entblößten Bauch herum, um mir und seinem Assistenten zu erklären, wo ich abgesaugt werden könne und wo nicht. Er hatte starken Mundgeruch und sprach von mir in der dritten Person.
Respekt gegenüber dem eigenen Körper
Als ich die Klinik-Villa ohne weitere Terminabsprachen verlassen hatte, fühlte ich mich wie eine Kundin in einer teuren Boutique, die es trotz umfangreicher Beratung gewagt hat, doch nichts zu kaufen. Bei H &M erwarb ich wenig später ein silhouettennah geschnittenes Kleid, das mir längst zu eng geworden ist.
Ich bin nie wieder zu einem Schönheitschirurgen gegangen. Einfach, weil ich es meinem Körper doch nicht antun kann, an ihm herumschnippeln und herumsaugen zu lassen. Wo er mich doch all die Jahre treu durchs Leben getragen, jede Menge kurzer Nächte, schlechte Ernährung, enge Hosen und unbequeme Schuhe ausgehalten hat, von den beiden Schwangerschaften ganz zu schweigen. Eine Schönheits- OP mit Narbenbildung wäre schnöder Undank. Mein Körper verdient Respekt.
FF würde ohnehin seine Klappe nicht halten, wenn ich mich liften ließe. Das weiß ich von operierten Frauen, die ich interviewt habe. Dann steht man nämlich mit seinem gerafften Konterfei vor dem Spiegel und fragt sich, ob die Haut nicht vielleicht doch ein bisschen zu straff aussieht über den Wangen, ob die dunklen Augenringe wirklich nicht wegzukriegen sind und ob demnächst wohl was am Hals gemacht werden muss. Das Monster wird so richtig gesprächig, wenn man einmal mit dem Schnippeln angefangen hat.
Die Gäste bei Britt sind jetzt zum Dessert übergegangen. »Wie man das Aussehen bewertet, hängt auch vom Umfeld ab«, sagt Suse und löffelt eine Portion Tiramisu. »Man tut sich leichter, wenn man Freunde und Bekannte hat, die nicht so auf das Äußere fixiert sind. Am besten, man hat privat keine Leute um sich, die geliftet oder gespritzt oder sonst was sind.« Das finde ich nicht ganz ehrlich von Suse. Falls ich über Gabriele was in Erfahrung bringen sollte zum Thema Faltenauffüllen, würde Suse garantiert die Details wissen wollen.
Die Waschmaschine läuft noch eine Weile, irgendwann wird das Wasser abgepumpt. Dann ist Ruhe. Wer klaubt jetzt die Pampe aus der Trommel? »Wenn wir den Körperterror sinnlich tasten, greifen und entsorgen können, dann ist das schon mal ein Erfolg«, sagt Britt und grinst. Suse fängt an, den Papierbrei mit den Händen herauszupulen. Bei Kunstaktionen hält sie eisern durch.
Die Stimmung unter den Gästen ist aufgeräumt. Das Dessert ist verspeist. Sechs Wein- und Sektflaschen sind leer. Statt Rammstein läuft jetzt cooler Jazz, Britt hat die CD s gewechselt. »Wäre interessant zu wissen, was passiert wäre, wenn die Maschine im Kochwaschgang plus Schleudern durchgelaufen wäre«, bemerkt Christoph in fachmännischem Sound. »Hätte das Zeug sich noch
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