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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Lampenlicht zu glühen schien. Neue Entschlossenheit erfüllte Sebastian, als er sich an Simon Krystek wandte.
    »Die Frau bleibt am Leben«, sagte er, mit der Stimme wie Meer und Wind.
    Krystek musterte ihn zwei oder drei Sekunden lang. »Willkommen«, erwiderte er in der Sprache der Sechs und fügte hinzu: »Wenn es dein Wille ist …« Er drehte sich um, ging zur Öffnung im Boden, trat ins Leere und schwebte nach unten.
    Bevor sie mit dem Abstieg begannen, wandte sich Sebastian noch einmal an Anna.
    »Raffaele …«, hauchte er. »Wir müssen ihn …« Er dachte an den Dolch. »… aufhalten.«

54
    Paris
    W as bedeutet › Äon ‹ ?«, fragte Tanner.
    Sie standen in einer von mehreren Höhlen, die durch kleine Tunnel miteinander verbunden waren, und es fiel Ignazio schwer, den Blick von den Wänden aus Knochen und Totenköpfen abzuwenden. Wohin man auch sah: überall Zeichen von Tod und Vergänglichkeit. Dies war ein Ort, an dem die Vergangenheit stärker schien als die Gegenwart, und Tanners Frage passte dazu.
    »Sie haben mitgehört, nicht wahr? Bei meinem Gespräch mit dem Papst.«
    Hinter den Höhlen begann ein weit verzweigtes Labyrinth aus größeren und kleineren Tunneln, die tiefer in die Katakomben von Paris führten. In den meisten herrschte pechschwarze Finsternis, und in den tiefer gelegenen hatte sich an einigen Stellen so viel Wasser angesammelt, dass es bis zu den Hüften reichte. Kundschafter und Späher waren vorausgeschickt worden und suchten nach Spuren der Nephilim. Capitaine Gérôme stand am Zugang eines Tunnels, bei den anderen Männern, die ihre Ausrüstung überprüften, und nahm per Funk Berichte entgegen. Jemand zeigte ihm eine Karte, auf der die Positionen der verschiedenen Einsatzgruppen eingezeichnet
waren; er deutete mit dem Zeigefinger auf eine bestimmte Stelle und nickte.
    »Was bedeutet › Äon ‹ ?«, fragte Tanner erneut, ohne auf die Frage einzugehen. Er und Benjer trugen ebenfalls einen Kampfanzug, wie auch Gérôme, allerdings eine leichtere, nicht ganz so martialische Version. Großkalibrige Pistolen steckten in den Gürtelhalftern. Ignazio hatte auf die Soldatenkleidung ebenso verzichtet wie auf eine Waffe.
    »Äon«, sagte er, »kommt aus dem Griechischen und bedeutet …«
    »Weltalter, ich weiß. Und auch Ewigkeit.« Tanner hatte das Visier seines Helms nach oben geklappt, und darunter kam sein ernstes Gesicht zum Vorschein. »Aber es gibt noch eine andere Bedeutung, nicht wahr?«
    Ignazio blickte ihm in die blaugrauen Augen. »Im Jahr 412 nach Christus schrieb Sophronius Eusebius Hieronymus einen Brief an Papst Innozenz I.«, sagte er und fürchtete erneut, dem Geheimnis zu nahe zu kommen. Nicht nur Tanners aufmerksamer Blick ruhte auf ihm, sondern auch der von Benjer. »Darin warnte er vor den Geschöpfen, mit denen wir es heute zu tun haben. Er sprach in diesem Zusammenhang von den › Ältesten ohne Namen ‹ und erwähnte ein neues Zeitalter. Der Begriff Äon bezieht sich auf beides.«
    »Älteste ohne Namen«, wiederholte Tanner nachdenklich und sah kurz zu Capitaine Gérôme, der in sein Mikrofon sprach und dabei sehr konzentriert wirkte. Er winkte den Mann mit der Karte herbei, sah sich erneut das weit verzweigte Tunnel- und Höhlensystem der Katakomben an und schien nach einer bestimmten Stelle zu suchen. »Was bedeutet das?«
    »Die Sechs sind die ältesten lebenden Geschöpfe in unserer
Welt«, sagte Ignazio. »Älter noch als die ältesten Bäume. Und sie haben keine Namen, jedenfalls keine uns vertrauten. Hieronymus beschrieb ihre Namen als … Geräusche wie das Brausen des Winds, wie das Rauschen der Meere, wie die Stimme der Welt.«
    »Ist das alles?«, warf Benjer ein. Er klang fast aggressiv. »Sie rücken immer nur mit Informationen heraus, wenn man Ihnen auf den Zahn fühlt, Signor Giorgesi. Ich bin sicher, dass der Vatikan noch mehr weiß, und Sie haben einen direkten Draht zum Papst, was bedeutet: Sie sind informiert.«
    »Was bisher als wahr galt, muss wahr bleiben«, sagte Tanner plötzlich. »Was ist damit gemeint?«
    Ignazio erstarrte innerlich und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Er erinnerte sich daran, dass der Papst und er bei ihrem Telefonat nur indirekt darüber gesprochen hatten, ohne diese Worte zu benutzen. Tanner musste sie also aus einer anderen Quelle haben. Er suchte noch nach einer Antwort, als Capitaine Gérôme plötzlich herbeigerannt kam. »Wir haben Krystek, Vogler und Anna Ranzani gefunden. Sie …«
    Ein

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