Aeon
ziviler Boss. Garry, Miss Patricia Luisa Vasquez.« Er schüttelte den Kopf und stieß prustend ein begeistertes »Wau!« aus.
Lanier gab Vasquez die Hand. Sie war klein, zart und hübsch. Ovales Gesicht, seidiges dunkelbraunes Haar, schlanke Arme und Beine, etwas breite Hüften für ihre Größe: Eine durch und durch unpraktisch wirkende Frau, sagte er sich. Hinter weiten, länglichen Augen, dunkel wie die seinen, und einer kurzen, spitzen Nase und dem verkniffenen Mund war Angst zu erkennen.
»Erfreut«, sagte Lanier. »Larry, was hast du ihr bis jetzt gesagt?«
Heineman parierte die Frage mit einem Seitenblick. »Patricia, ich ha b’s nur zu Blau gebracht – und du sollst, wie ich höre, Grün bekommen. Garry ist besorgt, ich könnte dir ausplaudern, was sich ein ignoranter Achsler denkt. Ich habe nur von dieser Operationsebene gesprochen, ich schwör’s!« Er hob die Rechte und hielt die Linke ans Herz. »Garry, ich hab einige Aufsätze von ihr in einem halben Dutzend Mathe- und Physikblättern gelesen. Sie ist fantastisch.«
Allerdings stand eine Frage in seinem Gesicht, die Lanier keineswegs entging. Was, zum Teufel, tut sie hier?
»Hab ich gehört.« Er deutete auf den Kokon. »Was ist das?«
»Meine Fahrkarte für ein grünes Abzeichen«, sagte Heineman. »Laut Frachtzettel der Röhrengleiter. Und das V/STOL kommt mit dem nächsten OTV in einigen Stunden.«
»Dann packen wir mal aus und sehen uns an, was wir ändern müssen.«
»Richtig. War mir ein Vergnügen, dich kennengelernt zu haben, Patricia.« Heineman setzte sich in Bewegung, hielt dann inne und wandte sich mit verwundertem Ausdruck noch einmal um. »Was du da schreibst – es ist mehr ein Hobby für mich –, übersteigt meinen Horizont.« Er zog erwartungsvoll die Brauen hoch. »Vielleicht können wir mal drüber sprechen, wenn ich mein grünes Abzeichen habe?«
Patricia nickte lächelnd. Männer und Frauen in grauem Overall scharten sich bereits um den Kokon wie Ameisen um die Königin. Befehle ausgebend, stieß Heineman zu ihnen.
»Miss Vasquez …«, begann Lanier.
»Nur nicht so förmlich. Patricia ist okay.«
»Ganz meine Meinung. Ich bin Koordinator des wissenschaft lichen Teams.«
»Das sagte Mr. Heineman bereits. Ich habe so viele Fragen, Mr. Lanier … Garry. Ist das wirklich ein Raumschiff, ein Schiff von einem anderen Stern, das hier?« Sie schwenkte den Arm in weitem Bogen und hob dabei momentan mit den Zehen vom Boden ab.
»Ja«, erklärte er mit eigenartig tiefer Freude. Obwohl ihn der Stein in den letzten Jahren beinahe um den Verstand gebracht hatte mit seinen ewigen Überraschungen, war er nach wie vor in ihn verliebt.
»Wo kommt er her?«
Lanier hob abwehrend die Hand und schüttelte den Kopf. Mit einem Mal fiel Vasquez auf, wie erschöpft er wirkte, was ihre Erwartungshaltung etwas dämpfte.
»Jetzt wollen wir uns sicher erst mal ausruhen und frisch machen. Die Unterkünfte im Tal – dem Boden der Kammer – sind recht nett. Dann schlage ich einen Besuch in der Cafeteria vor, um einige Wissenschaftler aus dem Team kennenzulernen. Und von da an geht’s dann weiter, Schritt für Schritt.«
Vasquez musterte ihn. Ihre Augen wirkten dabei nicht gerade mitfühlend, eher aggressiv. »Stimmt was nicht?«
Lanier runzelte augenrollend die Stirn. »Wir haben so ’nen Ausdruck für das, was dir hier passiert. Wir sagen, der Stein macht dich zu. Ich bin ein bisschen zu, das ist alles.«
Sie sah sich im Landebereich um und experimentierte mit der Zentrifugalkraft, indem sie sich mit den Zehen leicht abstieß und einige Zentimeter in die Höhe bewegte. »Kommt mir alles bekannt vor«, stellte sie fest. »Ich dachte, so ein Alien-Gerät wäre was Rätselhaftes, aber ich kann fast alles erkennen, als wäre das hier von uns auf der Erde gebaut worden.«
»Nun«, sagte Lanier, »Heineman und seine Leute waren fleißig. Aber nur keine vorschnellen Schlüsse. Wir fahren jetzt – bitte, mir zu folgen – zum Boden der ersten Kammer hinunter. Die Seile benutzen. Und wen n’s Larry noch nicht gesagt hat, dann darf ich dich hiermit willkommen heißen auf dem Stein.«
3
Patricia lag auf der Luftmatratze und hielt ganz still, um mit der Synthetics-Decke nicht auf dem Vinyl zu quietschen. Es war dunkel, und ihr war angenehm warm. Sie fühlte sich sauber und war satt – das Essen in der Cafeteria hatte wirklich geschmeckt – und längst nicht so atemlos wie beim Gehen. Müde war sie, konnte aber nicht schlafen. Immer wieder
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