Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aeon

Aeon

Titel: Aeon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
Oberst in der westdeutschen Luft- und Raumwaffe, blond und sommersprossig, groß wie Lanier, aber deutlich muskulöser. Er wirkte mehr irisch als deutsch; mit seinem nichtdeutschen Namen und seinen gepflegten Umgangsformen erschien er Patricia wie der typische Weltbürger. Er war höflich, aber etwas distanziert.
    Patricia bestellte Salat – frischen grünen Salat aus dem Versuchstreibhaus – und betrachtete die Gesichter der Männer und Frauen ringsum. Nicht alle von ihnen trugen ein grünes Abzeichen.
    »Wie funktioniert das Farbabzeichen-System?«, fragte sie Lanier. Berenson lächelte und schüttelte den Kopf, als hätte sie einen wunden Punkt getroffen.
    »Rot ist beschränkt aufs Bohrloch in der ersten Kammer«, erklärte Lanier. »Hauptsächlich technisches Hilfspersonal. Blau darf überallhin bis auf die Kammern sechs und sieben, muss allerdings in allen Kammern außer der ersten eskortiert werden und einen speziellen dienstlichen Auftrag haben. Grün darf in alle Kammern, ist aber ständigen Sicherheitskontrollen unterworfen.«
    »Ich bin schon seit über drei Jahren hier«, bemerkte Berenson, »und habe Grün erst vor ’nem Vierteljahr bekommen.« Er blickte auf Patricias Abzeichen und nickte hochachtungsvoll. »Zum Glück fand ich ein Schlupfloch. Ich habe mich quasi selber eskortiert.«
    Lanier grinste. »Seien wir dankbar, dass bisher alles so glatt gelaufen ist.«
    »Amen«, fügte Berenson hinzu. »Jedenfalls möchte ich kein Chaos hier erleben.«
    »Fürs grüne Abzeichen gibt’s drei Abstufungen. Stufe eins, die niedrigste – kein Zugang zu markierten Geheimbereichen. Stufe zwei hat beschränkten Zutritt zu solchen Bereichen in dienstlicher Funktion – die Spezialsicherheitskräfte haben Grün der zweiten Stufe. Stufe drei ist die Kategorie, die uns zugeteilt ist.«
    »Ich werde Stufe zwei sein«, sagte Berenson.
    Als sie wieder zum Bahnsteig gingen, fragte Patricia: »Heißt das, mit Stufe zwei weiß er nicht genau, was der Stein ist?«
    »Wenn man in die siebte Kammer kann, dann muss man viel wissen.«
    »Aber nicht, was in den Bibliotheken ist.«
    »Nein«, antwortete Lanier.
    Das beruhigte sie. Berenson war ein launischer Zeitgenosse, der über die Bibliotheken gar nichts wusste.
    Die vier Soldaten im Raumanzug hopsten in langen, geschmeidigen Sätzen über die Mondoberfläche. Nur die Sterne und ein Viertel des Erdballs leuchteten ihnen. Mirski, von dem bloß der weiße Helm zu sehen war, beobachtete sie von einem Felsen aus. In der Rechten hielt er eine elektrische Fackel, die auf seine Kameraden gerichtet war; diese kauerten in einer Rinne, die vor Jahrmillionen ein rollender Stein ausgefurcht hatte. Als die vier Soldaten an der richtigen Stelle waren, blinkte er dreimal mit dem Licht.
    Das Ziel – Attrappe eines lunaren Siedlungsbunkers – lag hundert Meter hinter dem Felsen. Die vier Verteidiger waren nun an der Luftschleuse. Mirski hob sein AKV -297 – ein auto matisches, vakuumtaugliches Kalaschnikow-Projektil-Gewehr – und richtete es auf den Luftschleusendeckel.
    Der Deckel klappte auf, und Mirski hob das Gewehr geringfügig und zielte auf eine Kreuzmarkierung neben den Schleusensignallampen. Mit dem behandschuhten Finger betätigte er den seitlich angebrachten Abzug und spürte den dreifachen Rückstoß des Gewehrs. Aus dem Gewehrlauf flammte eine dünne Leuchtspur von brennendem Pulver in der Dunkelheit auf. An der Einschlagstelle flogen die Plastikfetzen, während die Tür aufging.
    Mirski hörte, wie der Übungsleiter die Nummern der vier Verteidiger im Raumanzug nannte und sie zum Hinlegen aufforderte. »Eure Luftschleuse ist ebenfalls außer Gefecht ge setzt«, fügte der Übungsleiter herablassend hinzu. »Gute Arbeit, Oberstleutnant … Weitermachen!«
    Mirski und seine drei Kameraden näherten sich der Bunkerattrappe. Die Verteidiger lagen vor der offenen Schleuse auf dem Mondboden und rührten sich nicht; das Einzige, was sich bewegte, waren die laufenden Zahlen auf ihrer Atemgerätanzeige am Rücken. Mirski bückte sich und zwinkerte einem davon durch sein Helmvisier zu. Der Verteidiger, der das gar nicht lustig fand, stierte ihn nur an.
    »Schau über die Schulter – halbrechts, Genosse Oberstleutnant!«, sagte einer seiner Männer. Mirski drehte sich um und folgte der Richtung, die der Obergefreite mit dick verpacktem Arm und Finger anzeigte.
    Die Kartoffel, ein scharfer Lichtpunkt von deutlich erkenn barer, länglicher Form, ging gerade über dem Mondhorizont

Weitere Kostenlose Bücher