Ärger mit dem Borstenvieh
besetzen sein für nächsten Sonnabend«, meinte er lachend.
Da ich selbst zwei Zehennägel durch das Drauftreten der Kühe verloren hatte, spürte ich so was wie Mitleid. Daher schloß ich mich nicht der Fopperei an, sondern zog die Streichholzschachtel mit der Made hervor. »Habt ihr so was schon mal gesehen?«
Sie ging von Hand zu Hand, bevor Matthew fragte: »Willst du’s wiederhaben?« Auf mein Kopfschütteln hin warf er sie ins Feuer.
»Ich will nur wissen, was das ist.«
»Viehbremse«, sagte Old Jonathon. »Manche nennen sie auch Biesfliege. Das ist dasselbe. Wenn deine Kühe die haben, besorg dir am besten eine Dose Gegenmittel, misch es dir zurecht und reib damit die Kuhrücken ein. Das hilft. Das tötet die Viecher, bevor sie rauskommen an die Luft, noch während sie im Tierkörper rumgeistern.«
»Ja, das stimmt«, bestätigte Griff. »Im letzten Sommer gab es ‘ne Menge dieser Viehbremsen, und jetzt kommen die Maden zum Vorschein.«
»Mensch!« rief der kleine Mann, der mir das Bier ausgegeben hatte, plötzlich. »Ihr glaubt doch nicht, daß Jonathon ‘ne Viehbremse hat?«
Allgemeines Gelächter. Aber Old Jonathon sagte mit gefühlvollem Nachdruck: »Ich wünschte, mein Fuß wär in Ordnung. Das wär bestimmt nicht ‘n Fußball, in den ich dann treten würde...«
Am nächsten Morgen fuhr Shirley mit mir in die Stadt, um das notwendige Mittel zu besorgen. Man kaufte es in Pulverform, anschließend wurde es mit Wasser vermischt und dann aufgetragen. Ohne Schwierigkeiten konnte man es bekommen, und der örtliche Laden von der Landwirtschaftsgenossenschaft hatte eine ausführliche Broschüre darüber.
Zuerst machten wir einige Einkäufe, anschließend speisten wir zu Mittag in einem hübschen kleinen Restaurant, das nahe der Kirche mit dem hohen Turm lag. Wir aßen Fleisch mit zwei Sorten Gemüse und anschließend Apfelstrudel mit Vanillesauce. Meine Frau war in einer ziemlich gedrückten und nachdenklichen Stimmung. Auf dem Heimweg las sie alles über den Lebenszyklus dieser Fliege und war noch entsetzter als zuvor.
Sobald wir wieder auf Egerton waren, vertiefte sie sich in unsere Handbücher, aus denen wir jenes Wissen bezogen, das wir nicht den Einheimischen abluchsen konnten. Es war eigentlich gar nicht ihre Art, sich zum Lesen hinzusetzen, wenn noch ein Dutzend anderer Dinge gemacht werden mußten. Es gab aber keine Erklärung dafür bis zu dem Augenblick, als sie, sichtlich erleichtert, endlich die Bücher zurück ins Regal stellte und verkündete: »Oh, Gott sei Dank! Wir sind gerettet! Viehbremsen greifen keine Menschen an!«
Doch ein viel größerer Kummer wartete auf uns. Das rostrote Kalb Rufus wurde allmählich blind. Shirley war ganz erschüttert, als der Tierarzt ihr dies mitteilte. Von Geburt an hatte sie das Tierchen großgezogen, und es betrachtete — wie die anderen Kälber auch — Shirley als eine Art Ersatzmutter. Bereits wenn die Kleinen ihre Schritte auf dem Viehhof vernahmen, fingen sie schon an, erwartungsvoll an den Türen ihrer Gehege zu brüllen. John und ich konnten kommen und gehen wie wir wollten, sie reagierten nicht auf uns. Aber sobald sich meine Frau zu uns gesellte und mit uns sprach, wollten die vierbeinigen Babies ihre Aufmerksamkeit haben. Aber selbst nachdem sie sich bereits zu Kreaturen von beachtlicher Größe herausgemacht hatten, konnten sie dies nicht vergessen. Unsere einheimischen Freunde hörten nie auf, sich darüber zu amüsieren, wenn die Tiere angerannt kamen, sobald Shirley sie rief. Natürlich mußte man mit Vergeltungsmaßnahmen ihrerseits rechnen, wenn man Shirley >Kalbsmutter< nannte - wie die beiden Kleinen das gelegentlich taten...
Wie die meisten jungen Tiere, reagierten die Kälber auch intensiv auf einfühlsame Behandlung. Es war allgemein anerkannt in der Gegend, daß Frauen besonders gut mit Kälbern umgehen konnten. Daher hatten viele die Aufzucht der Kälber zusätzlich zu ihren zahlreichen anderen Pflichten übernommen. Auf der Farm Egerton hatte Shirley als einzige Rivalin in bezug auf die Zuneigung der Kälber Vicky, der es ebenso großen Spaß brachte, sich mit den Kälbchen liebevoll abzugeben und sie zu füttern.
Aufgrund eines Schleiers in dem rechten Auge von Rufus holten wir den Tierarzt. »New Forest Krankheit«, sagte der große dunkle Mann aus Wales. »Ich laß Ihnen was da, das träufeln Sie ihm in beide Augen. Ich bezweifle zwar, daß Sie das eine Auge noch retten können, aber vielleicht ist es noch nicht zu
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