Aerger mit dem Borstenvieh
nicht ein niedliches kleines Ferkel?« fragte der alte Mann.
Es war etwa zwei Wochen alt, hatte noch ganz rosige Haut, ein Winzling mit einem häßlichen, hervorstehenden Nabel. Es empörte sich quiekend gegen diese Handhabung, so daß Billy es schnell Vicky übergab, die sich sofort liebevoll um es kümmerte.
»Sag«, fragte Old Jonathon, »willst du es behalten?«
»O. k.«, antwortete ich und ließ die warnenden Zeichen Shirleys unbeachtet, die seine Aufzucht mit der Flasche würde übernehmen müssen. »Danke, es ist wirklich ein nettes kleines Ferkel.«
Mit großer Erleichterung begrüßte er die Annahme meinerseits. »Ich wußte doch, daß es dir gefallen würde«, sagte unser Freund und hielt mir seine Hand hin. »Zwei Pfund, bitte.«
John wendete sein Gesicht ab, und ich sah, wie seine Schultern zuckten.
»Ich dachte, es wäre ein Geschenk!«
Old Jonathon war gekränkt und zeigte es auch. »Wenn’s meins wäre, Jacky, wär’s natürlich umsonst. Aber ich mußte es doch dem Gewinner abkaufen, weil der Bargeld haben wollte und nicht wußte, wohin mit dem Ferkel. Zwei Pfund sind doch nicht viel für ein Schwein, und außerdem denk dran — es ist doch für den Fond...«
Was blieb mir anderes übrig, als klein beizugeben und in meine immer dünner werdende Brieftasche zu greifen. »Also gut, für den Fond. Wie steht’s damit? Wie in den früheren Jahren?«
Er faltete die beiden Scheine und steckte sie in seine Westentasche. »Es geht uns besser als je zuvor, Jacky. Das wird ein Rekordjahr. Und das Schwein hat einen großen Anteil daran. Ich hab’ dem Gewinner ein Pfund dafür gegeben, und du gibst mir jetzt zwei. Und alles geht in den Fond.«
»Du verfluchter alter Betrüger... «fing ich an, aber Shirley trat schnell die Kupplung durch und rief: »Wiedersehen, Jonathon, und danke für das Ferkel!«
Und wir fuhren los — ich war zwar in Rage, aber alle anderen fanden die Geschichte äußerst komisch...
Wie die Dinge so gehen, Horaz, so hatte die Familie ihn genannt, gedieh mit Hilfe von Ersatzsaumilch, die ihm die beiden Frauen mit einer Flasche verabreichten. Sein Nabel wurde fester und besser, und schließlich konnten wir ihn zu den anderen Milchferkeln in den Stall tun. Er war zwar Wochen älter, aber viel kleiner als die anderen. Doch ansonsten unterschied er sich nicht von ihnen, außer wenn die Kleinen ihn bei seinem Namen riefen. Dann nahm er für einige Augenblicke seine Schnauze aus dem Futtertrog und ließ als Antwort ein kurzes Quieken hören.
24
Die Lämmer werden zu Geld gemacht und ein hinkendes Mutterschaf
B auern sind wie Marionetten, sie reagieren auf die Fäden, die von den Jahreszeiten gezogen werden. Darin unterschieden wir uns von den übrigen keineswegs, außer vielleicht, daß unsere Bewegungen unbeholfener, ungeübter waren, und wir etwas schwerfälliger und langsamer merkten, wenn unsere Herren und Meister an den Fäden zogen.
Unsere Bühne, Egerton, war zwar winzig, aber hat es je Mitspieler gegeben, die als Hintergrund einen so prachtvollen Berg hatten wie wir, der sich dort drüben, jenseits des Tales, erhob? Er beherrschte die Landschaft ringsum und machte Anwesen, Dörfer und Städtchen zu Spielzeugen. Menschen lebten in seinen Tälern, sie zankten sich um den fruchtbaren Boden, der sich dort angesammelt hatte, und sie gaben sich der Illusion hin, diesen Boden zu besitzen. Der Berg hatte bereits dunkelhaarige Kelten und kräftige Sachsen kommen und gehen sehen. Jetzt krabbelten Traktoren an seinem Fuße herum, und wenn diese eines Tages verschwunden, zu Staub und Rost geworden waren, würde der Berg immer noch da sein, unverändert.
Die Jahreszeiten spielten mit dieser großen Masse Berg; etwas respektlos bespritzten sie ihn mit Farben und putzten ihn je nach Lust und Laune heraus. Der Winter stülpte ihm eine weiße Mütze über; der Frühling warf ihm ein Cape um, gewoben aus knotigen, braunen und duftigen zartgrünen Mustern; der Sommer bedeckte ihn mit schweren, dichten Vorhängen aus goldgelbem Geißklee, lockigem Farnkraut, Weißdornblüten und Krüppeleichen; und der Herbst kratzte einfach oben an der Spitze die Palette sauber und ließ die Farben sich miteinander vermischen, während sie die steilen Abhänge herunterflossen.
Das Szenenbild wechselte jetzt. Der Sommer hatte die Viehherden fettgemacht, die Scheunen gefüllt und zog sich nun zurück. Er stahl sich langsam davon und ließ die Bühne dem Herbst, dem Vagabunden aus Kupfer und Gold.
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