Aerger mit dem Borstenvieh
verkauften sie dann fett und ofenfertig für das Weihnachtsessen.
Meine Missus hatte sich daran nicht beteiligt; vielmehr stolzierte unser Weihnachtsbraten, ein hübscher Puter, draußen auf dem Viehhof zwischen den Hühnern herum, die er ankollerte und herumkommandierte. Er war der eine von zwei Überlebenden — die andere war eine kleinere Pute — von drei winzigen Putenküken gewesen, die Shirley im Sommer für fünfundzwanzig Pence das Stück gekauft hatte. Als er schließlich in seiner allerletzten Rolle auf dem Tisch stand, wog er fünfzehn Pfund.
Die Kleinen waren erfüllt von vorweihnachtlicher Freude. Sie durchsuchten unser Gelände, um genügend Stechpalmenzweige mit Beeren dran zum Dekorieren des Hauses zu finden. Endlose fröhliche Stunden verbrachten sie damit, Papierschlangen zu basteln und den Weihnachtsbaum zu schmücken, der in einer Ecke des großen Wohnzimmers stehen sollte.
Als Shirley und ich eines Abends zur >Schmiede< hinaufgingen, lud uns Old Jonathon zum Drink ein und fragte Shirley dann: »Habt ihr bei euch auch Mistelzweige?«
Seine Freunde brachen in lautes Gelächter aus, und Shirley machte das Spiel mit und erwiderte: »Jonathon... ich wußte ja gar nicht, daß dir das was bedeuten würde!«
»Nein, nein«, protestierte er. »Ich wollte doch bloß sagen, daß, falls ihr welche haben wollt, in meinem Apfelbaum im Garten ein ganz dickes Bündel hängt.«
»Vielleicht wäre es besser, wenn ich es bei dir abholen käme«, sagte ich. »Man würde ja das Schicksal herausfordern, wenn man euch beide allein ließe, so wie sich die Sache anhört...«
Griff, der immer der perfekte Gastgeber war, kam dem alten Mann zur Hilfe. »Am Heiligen Abend wird hier’n bißchen gesungen werden; der Pfeilschieß-Club stellt da etwas auf die Beine, und der kleine Taffy Beniams, der mit dem krummen Bein aus Nelson, bringt sein Akkordeon mit. Ihr seid beide sehr herzlich eingeladen.«
Schließlich holten die beiden Kleinen die Mistelzweige nach Haus.
Am Heiligen Abend — es war ein Sonntag — fuhren wir zu der kleinen Kirche unter den Eibenbäumen zum Morgengottesdienst. Der große, ältliche Pastor mit dem freundlichen Gesicht hielt eine ruhige, ehrerbietige Predigt über die Geburt Christi in schlichten Worten, die meine Phantasie anregten, mir vorzustellen, es wäre auf einem der umliegenden Bauernhöfe geschehen. Die Kinder — andere und auch die unseren — lauschten ihm wie verzaubert. Anschließend gab er uns am Kirchenportal die Hand und erinnerte sich an unsere Familie vom Erntedankfest her.
»Kommen Sie vor Ostern mal wieder vorbei«, sagte er mit einem Lächeln zu uns.
Wir planten, uns den Weihnachtstag so unbelastet und schön wie nur irgend möglich zu gestalten. Dabei kam uns die Erfahrung vom letzten Winter sehr zustatten. Es war ein sich ständig wiederholendes Problem, den Traktor oder den Diesel-Kleinlaster, Old Lil, in Gang zu bringen, um die Milch morgens zum Abholen an den oberen Weg zu fahren. Wir wollten daher nicht das Risiko eingehen, daß uns das auch an diesem Tag passierte, und brachten die Kannen somit bereits nach dem Melken am Abend hinauf und ließen sie dort über Nacht stehen. Es bestand wirklich keine Gefahr, daß die Milch bei den Temperaturen sauer wurde. Dadurch war es uns vergönnt, bis sechs Uhr oder sogar noch etwas länger an dem Morgen im Bett herumzufaulenzen.
Um sieben Uhr waren wir am Heiligen Abend mit allem fertig. Im Kamin brannte fröhlich ein Feuer über einer Mischung aus Eichenstämmen und Schieferkohle, wir hatten gut gegessen und bereits abgeräumt, ich ließ mir genüßlich ein Glas von Shirleys Holunderbeerwein schmecken und kam dabei in die richtige Weihnachtsstimmung. Doch dann stapfte John, der noch einmal nach draußen gegangen war, um einen Blick auf die Tiere zu werfen, auf Strümpfen ins Zimmer und fragte mich: »Kannst du dich an die Kuh erinnern, die wir als letzte gekauft hatten?«
Natürlich konnte ich das. Es war ein müdes altes Tier, das trächtig war; ich hatte die Kuh preiswert erstanden, weil niemand sonst, abgesehen von den Schlachtern, sie haben und keiner mehr als vierundneunzig Pfund für sie ausgeben wollte.
»Sie wird heute nacht kalben!«
Wie eine Bombe explodierte diese Nachricht über unseren sorgfältig vorbereiteten Plänen.
»Du irrst dich«, meinte ich hoffnungsvoll. »Auf dem Zertifikat steht, daß sie erst Ende nächsten Monats kalben wird.«
»Jemand muß sich geirrt haben. Wahrscheinlich wurde sie
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