Aerzte zum Verlieben Band 42
derart präzise Technik hatte ich bisher nicht gesehen. Ich habe ein Stück unter der linken Herzkammer entfernt, und das war nicht einfach.“
„Schade, dass ich mir das nicht ansehen konnte.“ Charlotte seufzte. „Wussten Sie, dass er die Zuschauergalerie geschlossen hatte?“
Die Enttäuschung war ihr deutlich anzumerken. Für Anna eine Gelegenheit, sie auf ihre Seite zu ziehen, indem sie eine kritische Bemerkung über Luke machte. Seltsamerweise hatte sie jedoch das Bedürfnis, ihn zu verteidigen.
„Vermutlich mag es nicht jeder, dass ihm eine Menge Leute auf die Finger sehen, wenn er nach langer Abwesenheit seine erste Operation durchführt.“
„Sie haben recht. Wie geht es Colin?“
„Sehr gut. Falls er weiterhin stabil bleibt, können wir ihn wahrscheinlich heute Abend, spätestens morgen früh auf die Station verlegen.“
„Ich gehe nachher einmal zu ihm. Auf den Operationsbericht bin ich gespannt, der muss ja sehr interessant sein.“
Anna auch, aber sie nickte nur. Sie war sich nicht sicher, ob sie mit einer Antwort nicht ungewollt verraten würde, dass es einen besonderen Grund gab, den Bericht genau zu studieren.
Ein metallisches Scheppern drang aus der Küche hinter dem Tresen, so laut, dass Gespräche abrupt verstummten und jeder in der Kantine den Kopf wandte.
Dann zerriss ein Aufschrei die atemlose Stille, und jemand rief um Hilfe.
Ratlose Blicke, keiner reagierte, während alle zu begreifen versuchten, was geschehen war. Anna hörte, wie Charlotte erschrocken aufkeuchte, hatte aber aus irgendeinem Grund in den Raum gesehen und noch etwas anderes wahrgenommen. Eine Bewegung in der Menge, eine Reaktion, so schnell, dass Anna wie gebannt hinstarrte.
Luke Davenport war aufgesprungen, sein Stuhl kippte nach hinten, und statt um den Tisch herumzugehen, schob Luke ihn mit einem Ruck von sich. Auch der Tisch kippte, das Tablett rutschte zu Boden und landete zwischen klirrendem Besteck und den Scherben zerberstenden Geschirrs. Ohne der Bescherung einen Blick zu gönnen, rannte Luke Richtung Küche.
Die verglasten Selbstbedienungstheken versperrten ihm den Weg. Hinter der letzten Kasse konnte man einen Teil des Tresens hochklappen, dort, wo das Küchenpersonal ein und aus ging.
Aber Luke machte sich nicht die Mühe, die Klappe anzuheben. Mit einer einzigen Armbewegung fegte er die Obstkörbe herunter, und Äpfel und Orangen hüpften zwischen den Füßen derjenigen auf und ab, die sich immer noch bewegungslos am Tresen drängten.
Mit einem Satz, der einem Action-Stunt alle Ehre gemacht hatte, sprang Luke mühelos über die frei gewordene Stelle. Kassiererinnen und Küchenhilfen wichen hastig zurück, aber anscheinend nicht schnell genug.
„Aus dem Weg!“, befahl er barsch. „Was ist passiert?“
„Hierher, schnell!“, rief jemand aus der Tiefe der Küche. „Oh Gott … ich glaube, er ist tot.“
Luke eilte vorwärts. Anna sah erst nur die blauen Kittel des Küchenpersonals, dann traten die Angestellten beiseite und gaben den Blick auf die Herdfront frei. Davor lag ein massiger Mann in weißer Kochjacke. Er bewegte sich nicht.
Schon kniete Luke neben ihm. „Anna!“, rief er dann. „Kommen Sie her, ich brauche Sie!“
Inzwischen hatte jemand das Brett hochgeklappt, aber die Aufforderung hatte Anna so beflügelt, dass sie sich zutraute, selbst über den Tresen zu springen. Luke brauchte sie?
Der Mann war offensichtlich einer der Köche. Als er zusammenbrach, war ihm seine Kochmütze vom Kopf gefallen und lag nun inmitten von Töpfen und Pfannen begraben, die von einem umgestürzten Gestell heruntergepoltert waren.
Luke stieß einen der Töpfe mit dem Fuß beiseite, während Anna in die Küche raste. „Räumen Sie das weg“, stieß er ungeduldig hervor. „Jemand muss mir helfen, ihn umzudrehen. Hat einer gesehen, wie es passiert ist?“
„Er fiel einfach um“, sagte eine Frau, die vor Schreck ganz blass war. „Gerade hat er noch den Herd sauber gemacht, und plötzlich kippte er zur Seite weg.“
„Wie heißt er?“
„Roger.“
Der Koch lag jetzt auf dem Rücken. Luke packte ihn an der Schulter und rüttelte ihn. „Roger? Können Sie mich hören? Machen Sie die Augen auf!“
Keine Antwort. Mit einer Hand an Rogers Kinn und der anderen an seiner Stirn überstreckte Luke den Kopf, um die Atemwege frei zu machen.
„Kennt jemand ihn näher?“, wandte er sich an die Umstehenden. „Gesundheitliche Probleme?“
„Er nimmt Tabletten“, sagte ein Mann. „Für seinen
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