Aerzte zum Verlieben Band 47
zugerichtet. Sie lag still im Bett, das Gesicht so zugeschwollen, dass sie beim Sprechen Schmerzen hatte.
„Nein!“, brachte sie mühsam hervor, als Andrew ihr vorschlug, die Polizei einzuschalten. „Keine Polizei. Das hab ich doch schon gesagt. Ich bin die Treppe runtergefallen.“
Na sicher. Eine Treppe mit geballten Fäusten und schweren Stiefeln. Die Platzwunden an Augenbraue und Unterlippe mussten mit mehreren Stichen genäht werden, und ein Wangenknochen war wahrscheinlich gebrochen. Andrew gefielen auch die hässlichen dunklen Schwellungen an den Rippen nicht, die er zu sehen bekam, nachdem die Schwester die Kleidung der Patientin aufgeschnitten hatte.
„Atmen Sie bitte einmal tief durch.“ Andrew tastete vorsichtig die Rippen ab.
„Au!“ Janine stöhnte auf.
„Das tut ziemlich weh, nicht?“ Sie atmete normal, aber flach, was Andrew nicht weiter überraschte. „Wie würden Sie den Schmerz auf einer Skala von eins bis zehn einordnen, Janine?“
„Es ist alles in Ordnung mit mir.“ Janina hielt den Atem kurz an. Sie hatte die Augen geschlossen, und Schweiß mischte sich mit dem Blut auf der Stirn.
In Ordnung war gar nichts mit ihr.
„Haben Sie woanders noch starke Schmerzen?“
Eine Träne drang durch die geschwollenen Lider. „Mein Arm …“
Der Arm ihrer Wolljacke wurde aufgeschnitten, und deutlich war nun der seltsam verrenkte Unterarm zu sehen. Noch eine Fraktur. Andrew konnte die gebrochenen Knochen unter der Haut erkennen. Weitere Untersuchungen mussten unterbleiben, bis der Bruch gesichert war. Jede noch so kleine Bewegung konnte dazu führen, dass Knochenstücke die Haut durchbohrten, und dann drohte eine Infektion.
Er drehte sich zur Schwester um und senkte die Stimme. „Sie wurde nicht von einem Krankenwagen gebracht, oder?“
Jo schüttelte den Kopf. „Im Privatwagen. Jemand hat sie draußen vor dem Eingang abgesetzt, und sie musste sich allein zum Empfang schleppen.“
Andrew presste die Lippen zusammen und unterdrückte seine Wut. Was für ein Mann war das, der eine Frau so behandelte? Wäre der Kerl in der Nähe gewesen, er hätte ein paar deutliche Worte zu hören bekommen!
Rasch vertrieb er die Erinnerung an den Albtraum, als er beschuldigt worden war, selbst ein solcher Kerl zu sein. „Legen wir einen Zugang und schienen wir den Arm“, ordnete er knapp an. „Wenn die Schmerzmittel wirken, schauen wir uns die Patientin noch einmal an, bevor wir Röntgenaufnahmen machen.“
Noch während er den Stauschlauch um Janines Arm legte und festzog, kam eine weitere Schwester herein. „Ich werde Ihnen jetzt eine dünne Kanüle in die Handvene schieben“, sagte er zu Janine gewandt. „Dann können wir Ihnen etwas gegen die Schmerzen geben.“
Sie nickte, zuckte aber zusammen, als er den Zugang legte. Aus dem Augenwinkel sah Andrew, wie die neue Schwester mit geübten Bewegungen Janines gebrochenen Arm mit einer gepolsterten Pappschiene sicherte.
Er klebte die Kanüle mit einem Pflaster fest und schaute auf, um der Schwester einen anerkennenden Blick für ihre behutsame Art zuzuwerfen – und erstarrte.
Alice Palmer?
Er hatte gewusst, dass sie aus Neuseeland stammte. Warum war ihm nie der Gedanke gekommen, dass er ihr hier begegnen könnte?
Weil die Wahrscheinlichkeit, dass sie in derselben Klinik Kollegen wurden, gleich null war? Oder weil er an jene Episode seines Leben nicht mehr erinnert werden wollte?
Welch eine Ironie des Schicksals, dass ihn alles, was er hinter sich lassen wollte, hier am anderen Ende der Welt wieder einholte. Nicht nur in Gestalt der misshandelten Patientin, sondern auch, indem ausgerechnet Alice auftauchte!
Wie viel wusste sie? Wahrscheinlich kaum etwas, denn sie hatte ihren Job schon verloren, als die Sache anfing. Er war dafür verantwortlich gewesen, dass man ihr gekündigt hatte, aber als er sich ein halbes Jahr später zu ihrer Adresse aufmachte, um ihr alles zu erklären, fand er ein leeres Haus vor. Von der Nachbarin erfuhr er, dass Alice es verkauft hatte. Ihre neue Adresse kannte niemand, aber im Krankenhaus gingen Gerüchte um, dass sie das Land verlassen hätte.
Und jetzt konnte er es ihr nicht mehr erzählen, denn dann würde sie mehr wissen wollen, und genau das wollte er nicht. Die Vergangenheit sollte begraben bleiben.
Emmys wegen.
Er hielt ihrem Blick stand und bemühte sich um einen neutralen Tonfall, während er fieberhaft überlegte, ob er zeigen sollte, dass sie sich kannten.
„Würden Sie bitte etwas Morphin
Weitere Kostenlose Bücher