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Aeternum

Aeternum

Titel: Aeternum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bottlinger
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nachdenken solltest, bei der nächstbesten Gelegenheit zu fliehen, vergiss nicht, dass nur ein Engel deine Ketten öffnen kann.«
    Für einen Moment musterte der Dämon Jul, nachdenklich und neugierig. Dann neigte er den Kopf, gerade weit genug, dass die Geste nicht aufgrund seiner Hörner bedrohlich wirkte. Mit einem dünnen Lächeln auf den Lippen wandte er sich wieder Amanda zu. »Ich hoffe, du genießt die Situation, solange du kannst.« Er machte mit seinen gefesselten Händen eine auffordernde Geste in Richtung des Geländers. »Nach dir.«

27
    J ul beobachtete, wie Amanda den Dämon zu dem schmiedeeisernen Geländer führte. Seine Bewegungen verrieten die Schmerzen, die seine Wunden ihm bereiten mussten, doch er beklagte sich nicht. Im Gegenteil, seine Haltung war stolz, und um seine Lippen spielte noch immer ein leichtes Lächeln.
    Amanda hielt so viel Abstand zu ihrem Meister, wie die Ketten es ihr erlaubten. Seit sie wusste, wer Baal war, schien sie ein bisschen kleiner geworden zu sein, wirkte weniger entschlossen und weniger selbstbewusst. Und das, obwohl nicht sie gefesselt war, sondern er.
    Jul hatte sie am Mittag gefragt, ob es überhaupt etwas gab, wovor sie Respekt hatte. Nun wusste er es. Obwohl man es kaum Respekt nennen konnte, wenn er durch Furcht erzwungen war.
    Mit einem Mal verstand Jul sehr viel besser, wieso Amanda sogar bereit war, den Herrn zu töten, um diesem Dämon zu entkommen. Dennoch … allein der Gedanke, dass der Tod seines Schöpfers, seines Vaters mit dieser Befreiungsaktion immer näher rückte, drehte ihm den Magen um. Aber was für eine Wahl blieb ihm schon? Und hätte der Herr selbst es nicht auch so gewollt? Was auch immer der Morgenstern über ihn sagen mochte, er würde sicherlich niemals zulassen, dass seinetwegen die gesamte Schöpfung zugrunde ging.
    Doch nun, während Jul Amanda und ihren Meister beobachtete, trieb eine andere Frage an die Oberfläche: Was würde sie mit all der Macht tun?
    Jul überwand die Absperrung mit einem Satz, musterte Amandas Züge, während er neben ihr herging. Wieder einmal verrieten sie nichts von ihren Gefühlen. Doch wie viel Angst und Wut steckten hinter dieser Maske? Welches Ventil würden sich diese Gefühle suchen?
    Trotzdem hatte Jul sich von seinem Gewissen leiten lassen, hatte ihr geholfen und würde ihr weiterhin helfen. Es gab kein Zurück mehr.
    »Iacoajul.« Er wandte sich um, sah in Muriels Augen. Der andere Engel strahlte eine Ruhe aus, die Jul lange nicht mehr bei seinesgleichen gesehen hatte. Es war die Ruhe, die mit der Gewissheit kam, dass man genau das tat, was man tun sollte. Fast schien es, als ginge ein Leuchten von Muriel aus, das das Gewölbe erhellte.
    »Als ich die Wachen fortgeschickt habe, habe ich versprochen, an ihrer Stelle Wache zu halten. Wenn ihr den Dämon mitnehmt, ich aber hierbleiben soll, muss es so aussehen, als hättest du mich besiegt.«
    Jul nickte nur, denn Worte wollten ihm nicht über die Lippen kommen. Er schob die Pistole in das Halfter zurück, trat auf den anderen Engel zu.
    »Geht schon mal vor, Amanda. Ich komme gleich nach.«
    Er legte Muriel eine Hand auf die Schulter, blickte in Augen, die ihn voller Vertrauen ansahen. Was hatte er da nur angestoßen, wohin würde es führen?
    Kurz zögerte er, dann gab er sich einen Ruck. Es blieb keine Zeit für Bedenken. In einer schnellen Bewegung stieß er Muriel das Schwert in die Brust, glaubte beinahe, den Schmerz selbst zu spüren. Der Engel schwankte, sank dann in die Knie. Noch einmal stieß Jul zu, und diesmal drang die Klinge in Muriels Hals. Zwei Wunden, die schwer genug waren, einen Engel eine Weile aufzuhalten.
    »Lass dir nicht zu viel Zeit damit, dich zu heilen.« Kurz ließ er die Klinge aufflackern, um sie zu säubern, dann wandte er sich ab und eilte davon. Im Rücken spürte er Muriels Blick, der noch immer voller Vertrauen war.
    *
    Auf der Treppe wurden Baals Bewegungen zunehmend geschmeidiger. Er litt ganz offensichtlich noch immer Schmerzen, doch er verbarg es besser. Als Krätschmers Leichnam in Sicht kam, hob er überrascht eine Braue. Dann verengten sich seine Augen zu Schlitzen. Mit einer knappen Geste deutete er auf den Toten, Ketten klirrten. »Heil ihn, Engel.«
    Ärger stieg in Jul auf, unwillkürlich schlossen sich seine Finger um den Griff des Schwertes. Wie selbstverständlich der Dämon davon ausging, ihm befehlen zu können. »Selbst wenn ich es wollte, ich kann keine Toten zum Leben erwecken.«
    Nun erst

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