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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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aufgestört, die unter wildem Gequake über den See geflattert waren, Sissi freudig bellend hinterher. Nun kamen sie sich vor, wie die einzigen Menschen hier.
    Dabei waren sie kurz zuvor von Besuch überrascht worden: Wie versprochen kam der Sohn der Gengenerin vorbei und brachte weitere Vorräte. Paul hatte ihm Geld geben wollen, das der aber abgelehnt hatte. Annabelle wusste nur, dass ihr Vater den Gengenern einmal bei etwas geholfen hatte, seither bekam er immer fast alles umsonst.
    Paul war es ein wenig peinlich gewesen, in spärlicher Bekleidung von dem Bauernburschen kritisch begutachtet worden zu sein, aber Annabelle hatte wieder einmal nur gelacht.
    „ Pass auf, dass du nicht noch einen Stock verschluckst, wie dein Vater!“, hatte sie ihn geneckt und dann die Idee mit dem Ausritt gehabt. Heute konnten sie sowieso nicht mehr zurück reiten. Sie würden abwarten müssen, ob es noch mehr schneite.
    „ Tja“, sagte er nun, „Magie ist ja nur ein Begriff, eine Beschreibung, ein Wort.“ Er grübelte über den richtigen Wortlaut. Die Tritte der Pferde wurden vom Schnee gedämpft.
    „ Mein Papa hat jedenfalls noch nie ein Kaninchen aus einem Hut gezogen!“
    Paul schüttelte den Kopf. „Ja, vielleicht kann ich erst mal ausschließen, was ich nicht meine. Bühnenmagie, Illusionen, das meine ich nicht. Das sind Tricks.“
    „ Und mein Papa hat auch noch niemanden in eine Kröte verhext.“ Annabelle versuchte, einen Ast herunterzuziehen, um die Schneelast auf Paul fallen zu lassen. Titania reagierte schneller als er und wich aus.
    Er lächelte: “Dann wäre dein Vater ja auch ein Hexer und kein Magier. Aber das sind auch alles nur Worte. Das, was durch Æther passiert – wie soll man es anders bezeichnen?“
    Annabelle dachte an die Otterfrau. Bis jetzt hatte sie noch keine Zeit gehabt, es zu durchdenken, aber ein Tier hatte sich in einen Menschen verwandelt, das konnte man durchaus als magisch bezeichnen. Zu diesem Zeitpunkt war es ihr völlig selbstverständlich vorgekommen.
    Und die Sache mit ihrer Hand und Pauls Knöchel?
    „ Dann bin ich auch Magierin, weil ich deinen Fuß geheilt habe?“
    „ Ich könnte es jedenfalls nicht anders erklären.“
    „ Ach Paul, es hört sich so nach Märchen an. Aber nach einem schlechten, düsteren, traurigen Märchen, so wie Hans Christian Andersen. Mit viel Leid: Ich denke da an die kleine Meerjungfrau, die sich Beine wünscht und ihre Stimme dafür eintauscht, am Ende stirbt und zu Schaum wird. Das ist ja furchtbar!“
    „ Ja, aber so wie in dem Märchen steht, dass die Meerjungfrau keine Seele hat, so denken sicher viele, dass die Verdorbenen keine haben, und damit kein Recht auf Liebe und Leben.“
    „ Märchen sind grausam.“ Sie verknotete ihre Hände mit den Zügeln.
    Paul nickte: “Aber sie spiegeln gesellschaftliche Zustände wieder. Denk nur an »Hänsel und Gretel«.“
    „ Aber was hat das jetzt mit Magie zu tun?“
    „ Nicht viel, obwohl: ein Lebkuchenhaus? Wenn ich es recht überlege, dann ist die Magie in den Märchen oft ein Mittel der Täuschung und Zerstörung – »Schneewittchen« zum Beispiel. Der magische Spiegel, die böse Stiefmutter und Zwerge!“ Sie dachten beide an Katharina Hartmann und das schreckliche Ende des Maskenballs.
    „ Aber in »Aschenputtel« nicht – es verhilft ihr zu einem Prinz! Wunderschöne Kleider, eine Kutsche mit Zauberpferden ...“ Was war eigentlich mit Johanna und Friedrich? Annabelle vermisste Johanna sehr.
    Paul schüttelte den Kopf: “Wenn wir mal grundlegend über Magie nachdenken, was bleibt dann? Dinge erschaffen, verändern, Unmögliches möglich machen. Der Æther macht vieles möglich: Luftschiffe, Apparate, Verdorbene – und sicher auch Veränderte, vielleicht sogar Verbesserte ...“
    Annabelle sah auf ihre Hand, die in einem Handschuh steckte. Es war eben einfach kalt, und die Hand war so sensibel, dass sie sie schützen wollte. Sie sah Paul an.
    „ Ja, aber wo ist nun das Geheimnis? Du tust so, als hätte mein Vater ein Geheimnis gefunden!“
    „ Ich glaube, dass die Möglichkeiten des Æthers viel mehr sind, als wir bisher entdeckt haben. So wie die ersten Menschen einfach einen x-beliebigen Stein oder Stock genommen haben, um damit ein Tier zu töten und erst später den Speer und viele andere Waffen erfunden haben, so benutzen wir den Æther wahrscheinlich noch wie Neandertaler.“ Er betrachtete den See, der schwarz und geheimnisvoll in seiner Mulde lag.
    „ Und du glaubst, dass mein

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