Aethermagie
paar Funken sprühten gegen das Glas, dann schniefte es, schüttelte sich und leuchtete hell auf. »Versprochen?« Seine Füße krallten sich um den Querstab, auf dem es hockte.
»Ja, versprochen.« Kato runzelte die Stirn. Das würde nicht einfach werden, aber wenn sie es nun mal gesagt hatte, musste sie es auch halten. »Und jetzt sei bitte still. Ich lese dir nachher auch vor.«
»Ich bin ganz leise«, versprach das Feuerwesen. »Ganz, ganz still. So still, dass du mich nicht mal atmen hörst.« Es legte die spitzfingrigen, in Flammen auslaufenden Finger über den Mund und sah Kato erwartungsvoll an.
Kato lächelte und griff nach der Feder, tunkte sie ein und fuhr fort:
… Mama mir eröffnet, dass ich in Bälde in ein Pensionat geschickt werde. Ich bin recht unglücklich darüber, wie du dir vorstellen kannst, liebes Tagebuch. Ich werde irgendwo in der Provinz mit anderen Mädchen zusammen lauter langweilige Dinge lernen müssen und wenn ich zurückkehre, ist mein Ferenc sicher längst fort oder er hat mich vergessen …
Sie unterbrach sich und wischte sich mit dem Handballen über die Augen. Sie brannten, wahrscheinlich, weil sie so intensiv in das Licht der Lampe geschaut hatte.
Ihre Feder kratzte weiter über das Papier.
Papa wird mit jedem Tag wunderlicher. Es ist, als sähe man einem Schiff zu, das langsam im Nebel verschwindet. Ich erinnere mich noch daran, wie er früher war: wie er gelacht und mit mir über alle möglichen Dinge geredet hat – wir haben Bücher zusammen gelesen und durchs Teleskop in die Sterne geschaut, und er hat mir Mathematik erklärt und von fernen Ländern erzählt. Jetzt ist er wie ein Schatten, der durch das Haus geht, ohne etwas zu berühren. Er sieht durch mich hindurch, sogar wenn er mich anlächelt und liebe Worte sagt. Die Frau Mama sieht immer zornig aus oder besorgt, wenn sie ihn anschaut. Ich weiß, dass sie sich sorgt, aber sie will mit mir nicht darüber sprechen. Ich weiß auch, dass sie glaubt, dass sein geliebter Cognac ihn so seltsam werden lässt, aber ich weiß, dass es das nicht ist …
Kato ließ die Feder sinken und sah zum Fenster, vor dem die Bäume sich im Abendwind wiegten. Es war ruhig im Hof, sie konnte durch das geöffnete Fenster den Gesang einer Amsel hören und das Rauschen der windbewegten Blätter.
»Schreibst du nicht mehr?«, quengelte das Plasmateufelchen.
Kato fuhr zusammen. Sie hatte das Plasmateufelchen vollkommen vergessen. »Nein, heute nicht«, sagte sie geistesabwesend und drückte das Hebelchen, das den Æther aus dem Glaskolben saugte.
»Wie gemein«, hörte sie Calander wispern. »Du hast es mir doch versprochen …« Dann war das Licht aus, der Plasmateufel fort.
Adelaïde saß ihrem Gatten gegenüber im lichtdurchfluteten Blumenzimmer und bestrich ein Teebrötchen mit Butter und Konfitüre. Kato küsste sie auf die Wange und beugte sich dann zu ihrem Vater, der in seine Morgenzeitung vertieft vor einer Tasse Kaffee saß, um auch ihm einen Kuss zu geben.
Der Freiherr brummte wortlos und blätterte raschelnd um.
»Hast du gut geschlafen, mein Kind?«, fragte Adelaïde und reichte Kato das Silberkörbchen, in dem die warmen, duftenden Brötchen lagen.
Das Mädchen schenkte ihr Tee ein, nahm die leere Kanne und zog sich zurück. Die Tür schloss sich leise hinter ihr.
»Danke, Frau Mama. Ich habe sehr gut geschlafen«, erwiderte Kato artig und biss in ihr Brötchen.
Der Freiherr räusperte sich laut und klopfte mit der Hand gegen die Zeitung. »Das ist doch dummes Zeug«, sagte er. »Wer möchte schon in der Luft herumfliegen, hm? Würdest du das wollen, Katya?«
Einen Moment lang herrschte angespannte Stille. Adelaïdes Lippen zuckten. Sie legte achtsam den zierlichen Löffel auf die Untertasse zurück und faltete die Hände. »Adelaïde, Lieber«, sagte sie sanft. »Ich bin es. Ada.«
Der Freiherr knurrte ungehalten. »Dummes Zeug«, wiederholte er und legte die Zeitung neben seinen Teller. Er sah in die Gesichter seiner Tochter und seiner Frau und rieb sich über die Augen. »Mein Kopf schmerzt. Ich lege mich ein wenig hin.« Er warf seine Serviette auf den Teller, schob den Stuhl zurück und ging mit schweren Schritten hinaus.
Kato starrte auf den Korb mit Brötchen, um nicht in das blasse, angespannte Gesicht ihrer Stiefmutter blicken zu müssen. Ada presste die Lippen zusammen und klopfte mit den Fingern gegen ihren Teller. »Dr. Rados muss kommen«, sagte sie zu sich selbst. »Ich brauche seinen Rat.« Ein
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