Affaere in Washington
viele Menschen in dem großen weißen Landhaus versammelt, dass Shelbys Eintreffen nicht einmal bemerkt wurde.
Der Empfangssaal war riesig, ihre Wohnung hätte leicht darin Platz gehabt. Helle Farbtöne dominierten und ließen alles noch weiträumiger erscheinen. Einige wertvolle französische Ölbilder in Goldrahmen hingen an den Wänden. Diese Umgebung gefiel Shelby, obwohl sie darin nicht hätte leben mögen. Auch den Geruch von Tabak, Parfums und Eau de Cologne mochte sie. Es war der Duft gepflegter Partys mit elegantem Publikum.
Die Konversation drehte sich um typische Themen: Kleider, andere Leute, Golfturniere. Interessanter aber waren die leisen Töne, das Gemurmel über Preisindex, neueste Nachrichten von der NATO und das aufsehenerregende Fernsehinterview mit dem Staatssekretär.
Shelby kannte die meisten der elegant gekleideten Gäste. Sie nickte grüßend nach allen Seiten und fand mit sicherem Instinkt den Weg zum kalten Büfett. Essen war für Shelby eine ernst zu nehmende Angelegenheit.
Als sie die leckeren, fingerdicken Kanapees erspähte, erkannte sie mit Genugtuung, dass es sich tatsächlich für sie gelohnt hatte, zu dieser Party zu kommen.
»Grüß dich, Shelby! Es ist mir überhaupt nicht aufgefallen, dass du gekommen bist. Aber ich freue mich sehr, dass du es einrichten konntest.« Carol Write, in pastellfarbenem Chanelkostüm elegant wie immer, war durch die Reihen der Gäste zu Shelby geschlüpft, ohne auch nur einen Tropfen ihres Sherrys zu verschütten.
»Ich habe es leider nicht eher geschafft.« Shelby küsste die Freundin ihrer Mutter auf die Wange, was mit dem vollen Teller in der Hand gar nicht so einfach war. »Ihr Haus ist wunderschön, Mrs. Write.«
»Danke, Shelby. Ich zeige dir gern später die anderen Räume, wenn ich etwas mehr Zeit habe.« Mit dem prüfenden Blick einer vollendeten Gastgeberin, der das Wohl ihrer Gäste am Herzen lag, sah sich Carol Write um. Erst nachdem sie befriedigt festgestellt hatte, dass alles klappte, sprach sie weiter. »Wie läuft’s in deinem Shop?«
»Danke, vorzüglich! Ich hoffe, der Herr Abgeordnete ist wohlauf?«
»Oh ja. Er wird dich begrüßen wollen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr er sich über den großen Aschenbecher gefreut hat, den du ihm für sein Büro angefertigt hast.« Obwohl Carol Write ihre texanische Herkunft in der Sprache nicht verleugnen konnte, redete sie mit der Schnelligkeit eines New Yorker Straßenhändlers. »Er sagte, das sei bei Weitem sein hübschestes und praktischstes Geburtstagsgeschenk gewesen. Aber du solltest dich unter die Gäste mischen und nicht allein hier stehen.«
Carol hatte Shelbys Arm ergriffen und führte sie vom Büfett weg. Shelby bedauerte das, sie hätte gern ihren Teller noch einmal aufgefüllt.
»Wirklich, niemand kann besser Konversation machen als du. Zu viel einseitige Unterhaltung ist für eine Party tödlich. Die meisten Leute kennst du, aber … Oh, da ist ja Deborah! Ich lasse euch einen Augenblick allein. In ein paar Minuten komme ich zurück und entführe dich wieder.«
Erleichtert drehte sich Shelby um und ging erneut zum Büfett. »Hallo, Mom.«
»Ich fürchtete schon, du hättest gekniffen.« Deborah Campbell musterte die Tochter kritisch. Der bunte Rock, die weiße Trachtenbluse und das Bolerojäckchen standen ihr vorzüglich. Wie war es möglich, dass Shelby Dinge tragen konnte, die bei anderen jungen Frauen wie ein Faschingskostüm gewirkt hätten?
»Wie könnte ich? Hab’s doch versprochen.« Mit Kennerblick prüfte Shelby die Speisen auf der reich gedeckten Tafel, bevor sie ihre Wahl traf. »Das Essen ist besser, als ich annahm.«
»Shelby! Du darfst nicht immerzu an deinen Magen denken.« Mit einem halben Seufzer hakte Deborah ihre Tochter unter. »Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest … hier sind einige recht nette, gut aussehende Männer.«
»Versuchst du schon wieder, mich unter die Haube zu bringen?« Shelby küsste die Mutter liebevoll auf die Wange. »Dabei habe ich dir den Kinderarzt noch nicht verziehen, den du mir vor ein paar Wochen aufschwatzen wolltest.«
»Das ist ein sehr charakterstarker, tüchtiger junger Mann.«
»Hm.« Taktvoll verschwieg Shelby ihrer Mutter, dass sie den »charakterstarken« Mediziner als einen Zudringling kennengelernt hatte, der seine Hände nicht unter Kontrolle halten konnte, und dass sie sich deshalb seine Gesellschaft hatte verbitten müssen.
»Im Übrigen will ich dich beileibe nicht unter die
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