AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
Kraft und Macht dran strecken, dass das Kind genese, ob sie gleich darüber sterben.“
Die Aufregung Luthers bei den Geburten ist auch ein Zeichen für die gewachsene Zuneigung zwischen den Eheleuten. Rund einen Monat nach der Geburt seines ersten Sohnes Johannes bezeichnete er sich in einem Brief an seinen Freund Georg Spalatin, dem sächsischen Hofkaplan, bereits als glücklicher Ehemann und seine Katharina als die beste Frau und das geliebte Weib.
Anfangs ist der Ehestand für Luther, der zuvor völlig allein gelebt hat, durchaus gewöhnungsbedürftig. Vor allem das Mitteilungsbedürfnis seiner frisch Angetrauten, das nach den langen Jahren des klösterlichen Schweigens nun ausgelebt werden will, geht dem Reformator auf die Nerven. Doch Katharinas positive Seiten überwiegen bei Weitem: Sie ist fleißig, sehr sparsam, wenig anspruchsvoll, umsichtig und energisch. Dem berühmten Reformator werden weit weniger tugendhafte Eigenschaften zugeschrieben. Luther soll cholerisch, schwermütig, unnachgiebig, unbelehrbar und oft gereizt gewesen sein.
Martin hält Katharina für nicht besonders intelligent – eine liebenswerte Eigenschaft bei einer Frau, wie der große Reformator findet. Luther kann kluge Frauen nicht leiden. „… wenn Weiber wohlberedt sind, das ist an ihnen nicht zu loben; es steht ihnen bass an, dass sie stammeln und nicht wollen reden können. Das zieret sie viel besser.“ Die Frau soll sich dem Mann wegen ihrer geringeren Körperstärke und -kraft sowie ihres kleineren Verstandes unterordnen. Das Männerleben scheint, zumindest in dieser Beziehung, anno dazumal einfacher gewesen zu sein.
Auch von Hausarbeit blieben die Ehemänner des 16. Jahrhunderts verschont. So weit geht die Reformation dann doch nicht, dass es zwischen Mann und Frau gleiche Rechte und Pflichten geben sollte. Luther mag zwar die katholische Welt aus den Angeln heben und sich erfolgreich dem Papst in Rom widersetzen. Ein Konservativer bleibt er. Ein Mann seiner Zeit.
Der ehemalige Mönch und die entsprungene Nonne führen dennoch eine liebevolle Ehe. Luther deklamiert in seinen Tischreden: „Ich wollte meine Käthe nicht um Frankreich und um Venedig dazu hergeben, erstens darum, weil Gott sie mir geschenkt und mich ihr gegeben hat; zweitens, weil ich oft erfahre, dass andere Frauen mehr Fehler haben als meine Käthe (obwohl sie auch einige hat, stehen (ihnen) doch viele große Tugenden entgegen); drittens, weil sie den Glauben des Ehestandes, das ist Treue und Ehre, wahrt.“
In seinen letzten Lebensjahren scheint sich Luther bereits mit seinem bevorstehenden Tod abgefunden zu haben. So schreibt er am 25. Juli 1545 an seine Käthe: „Meiner freundlichen lieben Hausfrau Katharina Luther von Bora, Predigerin, Brauerin, Gärtnerin und was sie mehr sein kann. Gnade und Friede! Liebe Käthe, wie unsere Reise gegangen ist, wird (unser Sohn) Hans alles wohl berichten … Ich wollt’s gerne so machen, dass ich nicht wieder nach Wittenberg zu kommen brauchte. Mein Herz ist erkaltet, dass ich nicht gerne mehr da bin.“
Als der Reformator rund ein halbes Jahr später, am 18. Februar 1546 an Angina Pectoris stirbt, ist die Trauer groß. „Freundliche liebe Schwester!“, schreibt die Witwe: „Ich kann weder essen noch trinken, auch dazu nicht schlafen. Und wenn ich hätt ein Fürstentum und Kaisertum gehabt, sollt mir so leid nimmermehr geschehen sein, so ich’s verloren hätt, als nun der liebe Herrgott mir und nicht alleine mir, sondern der ganzen Welt diesen lieben und teuren Mann genommen hat.“
Luther hat seine Frau als Alleinerbin eingesetzt. Es ist dies ein Tabubruch gegen die Tradition und eine bewusste Aufwertung der Ehefrau. Die „Lutherin“ muss die finanziellen Angelegenheiten ordnen: Luther hat seine Frau nicht auf Rosen gebettet zurückgelassen. In seinem selbst aufgesetzten Testament (Luther hatte eine unüberwindliche Abneigung gegen Juristen) bestellt er seine Frau zum Vormund der gemeinsamen Kinder und verfügt, dass sie ihren Besitz allein verwalten solle. Da dies gegen das sächsische Recht verstößt, hat Katharina alle Hände voll zu tun, den letzten Willen ihres Mannes zu verwirklichen. Schließlich setzt sich die starke Frau durch. Es ist ihr letzter großer Sieg: Katharina von Bora flieht sechs Jahre nach dem Tod ihres Mannes vor der Pest aus Wittenberg nach Torgau. Eine Flucht in den Tod. Der Wagen stürzt um, die 53-Jährige erleidet einen Becken- und zahlreiche Knochenbrüche. Drei Monate nach
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