Afrika Saga 02 - Feuerwind
persönlichen Hass, und allem zugrunde lag natürlich nackte Gier.
Ihr König wurde von seinen eigenen Stammesgenossen verraten und am 28. August 1879 gefangen genommen und nach England gebracht. Die weißen Kolonisten jubelten. Für das stolze Volk, das Himmel heißt, aber begann der lange, grausame Weg in die Unterdrückung. Eine weiße Flutwelle brach über die grünen Hügel herein und überzog Zululand mit Tod, Verwüstung und Elend.
Jakots Prophezeiung war eingetreten. Die Schwalben waren gekommen, um die Herrschaft über das Land zu übernehmen. Sie waren gekommen, ihre Häuser aus Schlamm zu bauen und Junge großzuziehen.
Für Löwen und Leoparden, Hyänen, Schakale und Geier, Ameisen, Aaskäfer und Schmeißfliegen gab es nie vorher und nie wieder nachher ein fetteres Jahr, als das von 1879, und noch zwei Brutperioden später produzierten sie ungewöhnlich viele Nachkommen.
Auf Inqaba eroberte der Busch mit großer Energie verlorenes Terrain zurück. Mit blutenden Herzen mussten die Steinachs zusehen, wie Zululand fiel.
Eine Gruppe hochrangiger, britischer Offiziere quartierte sich für Monate im Lobster Pott ein. Catherine hatte alle Hände voll zu tun und sie verdiente gutes Geld. Doch sie vermied Gespräche mit diesen Männern, die nur über ihre Heldentaten im Feld und das eroberte Terrain prahlen konnten. Sie sah hinter ihren Worten das Blut, die Toten, das Leid, und das ging über ihre Kräfte.
Einmal allerdings fing sie das Wort Inqaba auf.
»Komische Sache das«, sagte der Offizier. »Diese Farm liegt östlich von Ondini, ein wunderbares Stück Land, kann ich Ihnen versichern, gehört einem Deutschen, soweit ich weiß, aber die Besitzer haben ihr Haus verlassen, und wir wollten es als Quartier und Standort benutzen. Bot sich ja an, sonst hätten wir irgendwo im Busch unser Lager aufgeschlagen, aber hier gab es ein Haus, wenn auch ein Teil wohl von einem Brand zerstört worden war, frisches Wasser und außerdem liegt es strategisch bestens. Man kann die Gegend für Meilen im Umkreis kontrollieren. Aber etwas treibt sich dort herum.«
Er nahm einen Schluck Bier und wischte sich den Mund. »Es ist verrückt, aber meine Leute behaupten steif und fest, dass ein riesiger Löwe mit schwarzer Mähne im Haus lebt. Gesehen habe ich ihn nicht, hielt das alles für abergläubischen Unsinn, aber dann habe ich ihn gehört … oder das, was da haust… Es war grauenvoll … Nach zwei Nächten musste ich den Befehl zum Abzug geben. Unsere Kaffern hatten längst das Weite gesucht, und meine Truppe weigerte sich, auch nur eine Sekunde länger dort zu verbringen.« Er schnaubte trocken.
»Grenzte fast an Meuterei.«
Catherine hörte es, und ihr Herz sang. Sie erzählte es Johann.
Der steckte die Hände in die Hosentaschen, wippte auf den Fußballen und lächelte ein Lächeln tiefster Zufriedenheit. »König Cetshwayo hat versprochen, eine Schutzdecke auf Inqaba zu legen. Er hat sein Versprechen gehalten.«
Immer wieder erreichten sie Gerüchte über den Löwen auf Inqaba.
Sihayo und Shikashika erzählten davon, auch Maboya wollte ihn gesehen haben. Die britischen Soldaten machten einen Bogen um die Farm, und auch Tulani, der wieder zu sich gekommen war, blieb nicht lange. Dann hockten Maboya, Sihayo und Shikashika abends ums Feuer und redeten und lachten viel, und Sihayo opferte seinem toten Bruder Sicelo mal wieder ein Huhn.
Ein Jahr, nachdem sie Inqaba verlassen hatten, kehrten Catherine und Johann Steinach in ihr Haus zurück.
Einen Löwen trafen sie nicht an.
Der verhängnisvolle Angriff der vier kleinen Falken auf den Adler über Ondini ist so geschehen, aber es gibt keine glaubhafte Überlieferung, die zweifelsfrei beweist, ob die hauchzarten Flügelschläge dieses Schmetterlings der Gattung Papilio die Feuersbrunst verursachten und damit die Kettenreaktion auslösten, die am Ende zu dem entscheidenden Krieg und zur Unterjochung des stolzen Volks, das sich Himmel nennt, führte.
Der kleine Schmetterling starb in dem Feuer, so viel ist bekannt, und dort, wo sein Sternschnuppenkörper verglühte, begann der Brand.
So war es.
Epilog
Es hatte schon tagelang geschüttet. Unvorstellbare Wassermengen fielen vom Himmel, der Umiyane-Fluss schwoll und schwoll, wurde zu einem reißenden Strom und stieg endlich aus seinem Bett und wanderte ziellos in der Gegend umher. Er schluckte Bäume, Büsche, Felsen, kurz, alles, was ihm in die Quere kam, wurde groß und stark, und am vierten Tag seiner Wanderschaft
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