After Moonrise (German Edition)
geradezu von den Wänden zu tropfen, eine feuchte Dunkelheit, die an der Haut kleben blieb und die man nie mehr abwaschen konnte. Immer wieder wackelten die Wände, bebte der Boden und Staubwolken stoben in die Luft.
Wie konnten Peterson und Harrowitz es ertragen, hierherzukommen? Wie hatte Lana es ertragen, hier zu leben ?
Lana. Er hatte ihr Gespräch mit Harper belauscht und sich dabei endgültig in Harper verliebt. Ja. Es war Liebe. Er hatte es nicht gemerkt, es nicht wahrhaben wollen, aber er war schon länger auf bestem Weg dorthin gewesen.
Er liebte dieses sture kleine Ding von ganzem Herzen. Eine so offensichtliche Wahrheit konnte er nicht verleugnen, nicht mehr. Sie waren auf elementarste Weise miteinander verbunden. Er hatte ihren missbrauchten Körper auf einer Metallplatte liegen sehen. Er war gestorben, um sie zu rächen. Auch um andere zu beschützen, sicher, aber der größte Teil seiner Wut war durch das verursacht worden, was man ihr angetan hatte, einer so zerbrechlich aussehenden Frau.
Dann hatte er sie kennengelernt und das kesse Lächeln entdeckt, das traurige Stirnrunzeln, das Selbstbewusstsein und die Sorgen, die rückhaltlose Liebe, die sie für jene empfand, denen sie vertraute. Er wollte der Mann sein, dem sie vertraute, jetzt und auf ewig.
Und wenn sie dieses Leben hinter sich ließen, dann war es eben so. Jeder musste irgendwann gehen. Er würde sich nicht durch die Angst, sie zu verlieren, davon abhalten lassen, na ja, zu leben.
Aber was empfindet sie für mich?, fragte er sich. Er musste sie einfach berühren, also legte er einen Arm um sie. Sie legte den Kopf an seine Schulter, wie sie es so gern tat. Ihr weicher Körper bildete den perfekten Kontrast zu seinen harten Muskeln.
„Wer sind die zwei?“, wollte Lana wissen, als sie Peterson und Harrowitz entdeckte.
„Die Rettungstruppe. Schön, dass Sie es endlich geschafft haben“, knurrte Peterson. Sie beugte sich vor und suchte etwas in ihrer schwarzen Aktentasche.
„Endlich?“, schnaubte Harper. „Wir sind genau pünktlich.“
Lana sah Peterson von oben bis unten an und studierte sie dabei so eingehend, als betrachte sie sie unter einem Mikroskop. Als sie sprach, richtete sie sich allerdings wieder an Harper. „Ich dachte, du hast gesagt, ‚dieses Ekel Harrowitz‘ wäre ein Mann. Sieht mir eher nach’ ner Frau aus.“
Levi musste die Lippen fest zusammenpressen, um nicht laut herauszulachen.
Selbst Harrowitz’ Mundwinkel zuckten. Es war das erste Anzeichen von Belustigung, das er je gezeigt hatte.
Peterson fuhr mit der Zunge über ihre Zähne. „Harr, harr. Als würdest du meine Stimme nicht erkennen, Lana Bo Bana. Gute Arbeit mit dem Bild“, sagte sie zu Harper, „Sie haben ein Gesicht wie Lanas genommen und es tatsächlich hübsch aussehen lassen.“
„Hört ihr wohl auf?“, sagte Harper. „Ich stehe noch unter Schock, weil Lana hier in dieser Wohnung tatsächlich einige Wochen gelebt hat, ohne an fleischfressenden Bakterien zu krepieren. “ Sie nahm es wohl auch erstmalig so wahr, wie es in Wirklichkeit aussah.
„Ich weiß! Du schuldest mir einen riesigen Gefallen.“
„Also, Lana“, Peterson betrachtete sie von oben bis unten, „warum hast du mir nicht erzählt, dass du …“
„Genug geplaudert“, unterbrach Levi sie. Er wusste, was Peterson sagen wollte. Er hatte es schon in Harpers altem Haus gemerkt, und es war der eigentliche Grund gewesen, aus dem er die beiden Frauen allein gelassen hatte. Aber wenn Lana nicht hatte gestehen wollen, was ihr zugestoßen war, hatte er nicht vor, es für sie zu tun. Wenigstens jetzt noch nicht.
Harper behauptete zwar, dass sie mit Geheimnissen nichts mehr zu tun haben wollte, aber als Lana versucht hatte, die Wahrheit zu gestehen, hatte sie ihre Freundin davon abgehalten.
Sobald sie sich um Topper gekümmert hatten, würde Levi es ihr erzählen. Harper hatte es verdient, die Wahrheit zu erfahren, doch im Augenblick wollte er nicht, dass sie durch irgendetwas abgelenkt wurde. Ihm war nur wichtig, dass sie in Sicherheit war.
„Warum sind wir hier, Peterson?“, fragte er. „Um über unsere Gefühle zu sprechen oder über den Fall, den Sie für uns haben?“
Peterson blinzelte rasch, als könnte sie so ihre Gedanken ankurbeln. Harrowitz übernahm schließlich, kramte einige Papiere aus dem Aktenkoffer und legte sie ihr in den Schoß.
„Okay, ja, gut“, sagte sie, und da war wieder dieses traurige Lächeln. Bingo. Sie hatte es gerade verstanden.
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