After Moonrise (German Edition)

raubt?“, fragte Lauren in die Stille hinein.
    „Ich weiß es, aber nur aus Gerüchten und Märchen, mit denen man Kindern Angst einjagt.“
    Lauren sah verwirrt aus, und Lana lächelte. „Ich sollte lieber sagen, Märchen, mit denen man übersinnlich begabten Kindern Angst einjagt.“
    Raef spürte ein kurzes Schaudern und setzte sich gerader hin. „Der Mörder ist ein Psy.“
    „Taip“ , stimmte Lana ihm zu. „Genauer gesagt, der Mörder hat eine übersinnliche Gabe, die deiner sehr ähnlich sein muss.“
    „Meiner?“ Raef schüttelte den Kopf. „Wovon redest du?“
    „Du hast gesagt, du hast ihre Emotionen gespürt, und sie waren alle sanft und positiv. Das ist nicht normal für dich, Raef.“
    „Kannst du laut sagen“, brummte er.
    „Dieser Geist scheint also mit positiven Emotionen erfüllt zu sein?“, fragte Lana.
    Lauren nickte. „Aubrey war im Leben voller Freude und positiver Energie – und sie ist es im Tod immer noch.“
    „Aber wenn sie versucht, über ihren Mörder zu sprechen, wenn sie dunklere, negative Emotionen verspürt wie Angst oder Schmerz oder sogar Wut und Hass, zum Beispiel, wenn sie sich an das erinnert, was ihr zugestoßen ist, dann löst sie sich auf, richtig?“, fragte Lana nach.
    „Ja, es ist, als hätte er sie am Haken und kann sie zurückreißen, wann immer er will“, sagte Raef.
    „Nicht wann immer “, widersprach Lana. „Lauren, wenn Aubrey sich manifestiert und nicht über den Mord spricht, wenn sie einfach nur zu Besuch kommt, zieht der Mörder sie dann zu sich zurück?“
    „Nein, aber früher oder später kommen wir immer auf ihren Tod zu sprechen. Sie wird ausgesaugt, ob wir nun darüber reden oder nicht. Sie wird immer weiter ausgesaugt“, antwortete Lauren.
    „Weil er sich an ihren Emotionen nährt – den negativen –, Angst, Schmerz, Panik, Hass. Die sanfteren Emotionen kann er nicht anzapfen. Ich würde sagen, er kann nicht einmal ihren Geist aufspüren, solange sie nur diese empfindet. “ Lana sah Raef direkt in die Augen. „Er hat eine ähnliche Gabe wie du, und er ist durchgeknallt.“
    „Shit. Ich wusste, dass wir es hier mit einem riesigen Schlamassel zu tun haben“, sagte Raef.
    „Warum? Wenn er so ist wie Sie, sollte es doch einfach für Sie sein, ihn zu finden“, sagte Lauren. „Können Sie nicht Ihre …“, sie hielt inne und machte eine unbestimmte Geste, „… Ihre Gabe oder was auch immer benutzen, um ihn aufzuspüren?“
    Raef deutete mit dem Kinn auf Lana. „Fragen Sie die Kavallerie. Sie ist die Expertin für Geister.“
    Lanas grüne Augen funkelten, und als sie lächelte, erinnerte sie ihn an eine rothaarige Katze, die gerade aus der Sahneschüssel geschleckt hatte. „Oh, Raef kann ihn finden, aber er kann seine Gabe nicht so benutzen, wie er es normalerweise gewohnt ist. Diesen Weg hat der Mörder blockiert. Sie haben mir bereits gesagt, was passiert, wenn Ihre Schwester anfängt, von ihrem Tod zu sprechen.“
    „Er merkt es und hält sie auf“, sagte Lauren, „und er tut ihr noch mehr weh.“
    „Was bedeutet, dass Aubrey wissen muss, wer sie umgebracht hat, und uns zu ihm führen könnte – wenn er sie ließe“, sagte Raef. „Verdammt! Das ist so frustrierend.“
    „Aubrey kann euch immer noch zu ihrem Mörder führen, sie muss es nur durch positive Emotionen tun. Darüber kannst du ihn aufspüren.“
    „Positive Emotionen?“ Raef schnaubte. „Wie zum Teufel soll ich lernen, mit denen aufzuspüren? Freude führt mich an keinen Tatort und zu keinem Serienmörder.“
    „Du musst positive Emotionen nicht erst lernen, Š ū džius . Ich habe es dir schon oft gesagt, wenn du dich von deiner Fixierung auf negative Emotionen freimachst, wird deine Seele sich automatisch neu kalibrieren und anfangen, ihr Gegenteil zu akzeptieren und zu begreifen.“
    „Und ich habe dir schon oft gesagt, ich bin nicht so wie der Rest eurer gefühlsduseligen Bande“, sagte Raef.
    „Toll, soll das heißen, der muss erst glücklich werden, um den Mörder meiner Schwester zu finden?“, fragte Lauren.
    „Was zum Henker soll das werden, Anleitung zum positiven Denken? Ich bin nicht auf negativeEmotionen fixiert; negative Emotionen sind mein verdammter Job. Ich muss nicht glücklich werden. Ich muss nur einen verdammten Mörder finden“, schimpfte Raef.
    Beide Frauen lächelten ihn nur wissend an.
    Kurz überlegte er, noch mehr Scotch in seinen Tee zu kippen. Stattdessen sah er Lana an. „Dann läuft es also darauf hinaus, dass