Agnetha Fältskog. Die Stimme von ABBA (Die ABBA-Tetralogy) (German Edition)
Laufen zu halten. Nach der Platte, die ich mit Agnetha gemacht habe, und all den Problemen, die das mit sich gebracht hat, müssen Stig, Björn und Benny gewusst haben, dass Agnetha nicht wieder zurückkommen würde. Mit ABBA war es vorbei. Die Frau war aufgewacht, und wie!“
ABBA sind im Grunde genommen von Anfang an ein Geschäftsunternehmen. Jedes Bandmitglied bekommt ein Viertel der Einnahmen nach Abzug aller möglichen anderer Posten. Was diese Posten nun sind, darüber wird in guten Zeiten nicht viel gesprochen. Es ist klar, dass Stig und der ganze Betrieb bei Polar Music einen größeren Kostenfaktor bedeutet, und dass den Einnahmen der Tourneen und von den Plattenverkäufen ja noch zusätzliche Einnahmen und Rechte gegenüberstehen. Agnetha hat sich auf diese Welt voller Vertrauen eingelassen. Schließlich hat damals ihr frisch angetrauter Mann Björn die Verträge vorbereitet und ihr auch vorgelegt. Welche Nebenabsprachen es dabei noch gab, weiß Agnetha gar nicht. Und vielleicht waren damals auch Björn nicht alle Feinheiten des Vertrags bewusst. Nun hat Agnetha einen Mann an ihrer Seite – wenn auch nur für einige Wochen – der sich auf die Plattenindustrie sehr gut versteht, und als Produzent die üblichen Verträge kennt. Bleibt die Frage: Wie sehr lassen sich diese amerikanischen Bedingungen auf die spezifische schwedische Situation übertragen? Dass hier zwei verschiedene Kulturen aufeinander stoßen, ist nur natürlich. Und es ist fast zwangsläufig, dass sich Mike, der sich in Agnetha verliebt hat, auch um ihre geschäftlichen Verbindungen zu kümmern beginnt. Dabei fällt ihm auf, wie stark sie trotz aller äußerlichen Veränderungen noch an Polar Music gebunden ist. Er fordert Agnetha dazu auf, über ihre Rolle bei ABBA nachzudenken. Wenn sie jetzt Solokünstlerin ist, möchte er wissen, gelten denn dann die ganzen alten Strukturen noch? Mike wird hier zum Sprengsatz einer gewachsenen Beziehung, fängt an, Agnetha aus der engen Verflechtung der Firma herauszulösen. Sein Hauptgegner auf diesem Weg ist Stig Anderson, der seine Schützlinge seit den 1960er Jahren mit eiserner Faust führt. ABBA ist sein Lebenswerk, so sieht er es. Er hat alle zu Multimillionären gemacht. Sich dabei allerdings auch, und das nicht immer mit redlichen Mitteln. Stig sieht sich als Firmengründer und Patriarch, der ABBA längst über das Musikgeschäft hinaus als schwedischen Konzern etabliert hat. Dass ABBA in den kommenden Jahren durch Fehlspekulationen von Seiten Stigs einen großen Teil ihres Reichtums auch wieder verlieren werden, gehört da zum Risiko eines Familienbetriebs, der von einem Mann geleitet wird, der weder eine zu seinem Aufgabenbereich passende berufliche Ausbildung, noch tiefgehende Erfahrungen in wirtschaftlichen Fragen hat. Eigentlich ist Stig selbst ein Komponist und Schullehrer, der mehr oder minder zielgerichtet in die Rolle eines Managers und Musikproduzenten hineingerutscht ist. Dass er auf diesem glitschigen Parkett bis jetzt überlebt hat, verdankt er seiner Fähigkeit, Verträge zu basteln, die ihm und seiner Firma einen größtmöglichen Profit mit geringst-möglichem Risiko garantieren. Das Resultat: Auch ABBA verdienen weniger, als sie das beispielsweise im Musikgeschäft in Amerika könnten. Zumindest sagt das Mike. Und Agnetha war in den letzten Jahren jene, die für Stig aufgrund ihres Widerspruchsgeistes zur größten Gefahr für seine Einnahmen heranwuchs. Deshalb stimmt zwischen ihm und Agnetha die Chemie schon länger nicht mehr. Agnetha aber fragt sich zu Recht: Wenn ich mit Björn nicht mehr verheiratet bin, warum muss ich dann eigentlich noch Stig ertragen?
Mike: „Im Grund genommen hatte man ihr immer genau gesagt, was sie zu tun hatte, und davon hatte Agnetha richtig die Nase voll. Aber Benny und Björn waren zu dem Schluss gekommen, dass Stig so ein wichtiges Element bei der ganzen ABBA-Sache war, dass sie keinen Streit anzetteln wollten, also haben sie den beiden Frauen gesagt: Macht euch keine Sorgen, wir kümmern uns um alles. Frida und Agnetha haben das akzeptiert. Dann haben sie plötzlich festgestellt, dass die Situation überhaupt nicht so war, wie man ihnen erzählt hatte. Eines Abends sind Agnetha und ich zusammen essen gegangen und haben ein bisschen über Vertragsangelegenheiten gesprochen. Es war erst mal nur ein ganz harmloses Gespräch und dann erwähnte Agnetha ein paar Einzelheiten aus ihrem Vertrag mit Polar, die ich ziemlich sonderbar fand, über
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