Agnetha Fältskog. Die Stimme von ABBA (Die ABBA-Tetralogy) (German Edition)
die Demo von dem Song, den er mit Benny gebastelt hatte, aber er hätte nie gedacht, dass in ihm solche musikalische Perle stecken könnte. Er verständigt sich mit Benny und Frida, und auch die sind beeindruckt. Sie wollen dieses Lied gern beim Song Contest einreichen, obwohl es so stark von Agnethas Stimme dominiert wird, dass sie dabei zu Nebenerscheinungen verkommen müssen. Aber das ist egal. Das Lied gefällt ihnen gerade deshalb, weil Agnetha es so großartig vorbringt, und auch, weil man damit den spanischen Sprachraum zu erreichen hofft. Vielleicht kommen von dort her Stimmen bei der Endausscheidung, die ihnen sonst fehlen würden. Stig aber ist dagegen, als er von diesen Plänen hört.
Stig: „Ich hatte beschlossen, dass wir Waterloo nehmen würden. Ich sagte zu Björn und Benny: Lasst mich das entscheiden. Ihr könnt mich dann, wenn es schief geht, umbringen.“
Das Wort des Leiters von Polar Music ist stärker als alle Einwände Agnethas. Stig setzt sich durch, und Agnetha muss zurückstehen. Aus heutiger Sicht hat Stig mit seiner Einschätzung recht gehabt, denn ein schneller, mitreißender Titel ist einfach überzeugender bei einem Wettbewerb, bei dem die Publikumsbeteiligung eine wichtige Rolle spielt. Und doch verkörpert „Hasta Mañana“ die Essenz von ABBA – weil Agnetha sich in dieses Lied emotional voll einbringt, weil sie es sich zu eigen macht und dabei Bennys immer ein bisschen verspielte, überreiche Arrangements und den oft schwerfälligen, einförmigen Rhythmus zu einem organischen musikalischen Gebilde zusammenstrickt. Diese kreative Auseinandersetzung ist der Startschuss für ein Spannungsfeld in der Gruppe, das dadurch entsteht, dass Agnetha auf der Suche nach der Emotionalität einer Connie Francis immer in die Richtung tiefsinniger, romantischer und musikalischer reicher Balladen ziehen wird, und Stig in die Gegenrichtung, wo fröhlicher, sinnfreier und oft auch etwas billiger Pop zuhause ist. Diese Auseinandersetzung wird letztendlich zugunsten von Agnetha entschieden werden, als sie ABBA mit „The Winner Takes It All“ zum künstlerischen Höhepunkt führt.
Für den Eurovision-Song-Contest 1974 gewinnt vorerst einmal der Spaßfaktor, der der Band einen falschen Stempel aufdrücken und dazu führen wird, dass sie lange nicht so recht ernst genommen werden wird. Aber er wird auch zu dem ersten Durchbruch führen, der die Band international berühmt macht. Auf dieses Ziel hin werden alle Register gezogen. Dazu gehört auch die starke Kostümierung, die einen militärischen Aspekt hervorrufen soll, der zum Thema des Liedes passt. Die schrille Kleidung mit den silbernen Absatzstiefeln, die ABBA beim Song Contest tragen werden, passt zum Glam Rock dieser Zeit, der besonders in England mit Gestalten wie Gary Glitter gerade sehr populär ist. Und nachdem der Wettbewerb im englischen Brighton stattfinden wird, soll die Bühnenshow möglichst auf diesen Geschmack abgestimmt sein. Eine wichtige Maßnahme ist also ein Kurztrip nach England, wo Frida in diversen Läden nach schrillen Klamotten sucht, die ABBA beim Wettbewerb tragen können.
Für „ Waterloo “ wird sich Benny im Gegensatz zu „Hasta Mañana“ zwar wieder wie gewohnt auf der Bühne hinter sein Klavier setzen, aber die anderen können zu dem Song tanzen und auf Show machen, was auf der Bühne einen stärkeren Eindruck hervorrufen kann als eine Ballade, bei der Agnetha im Vordergrund steht.
Auch der Tontechniker von ABBA, der ständig den Sound von ABBA weiterentwickelt und dabei eine enge freundschaftliche Beziehung zu allen Mitgliedern der Band aufgebaut hat, stimmt Stigs Entscheidung für „Waterloo“ zu.
Michael B. Tretow: „Ich habe zu ABBA gesagt, dass sie verrückt wären, wenn sie nicht mit Waterloo an den Start gingen. Das Stück war fröhlich und hatte enormes Hitpotential.“
Die Show soll eine große Produktion werden mit einem Orchester, das von Sven Olaf Waldoff dirigiert wird, dem Mann, der Agnethas erstes Lied arrangiert hat.
Little Gerhard: „Sven Olaf Waldoff schrieb zu der Zeit alle Partituren für ABBA, er war über Agnetha über Cupol zu der Gruppe gekommen. Beim Grand Prix dirigierte er dann das Orchester. Viele werden sich noch an das auffällige Napoleon-Outfit erinnern, das er bei diesem Auftritt trug. Das Kostüm war natürlich ein Wahnsinnsfund. So was hatte vorher noch niemand gemacht. Ein Dirigent in einer komischen Aufmachung war bis dahin immer undenkbar gewesen! Aber die
Weitere Kostenlose Bücher