Agnetha Fältskog. Die Stimme von ABBA (Die ABBA-Tetralogy) (German Edition)
genommen, sodass eine Zeitung sogar einen Artikel über die neue spirituelle Welle verfasst und dabei dieses Lied zitiert, und es dafür kritisiert, Glaubensinhalte für den Broterwerb zu missbrauchen. Das Publikum ist dankbar und kauft die Platte, die 26 Wochen lang in der Hitparade bleiben und dort bis Platz 11 vorstoßen wird.
Die Promotion für das Album beschränkt Agnetha auf einen Fernsehauftritt in der Sendung „Sommernöjet“, bei dem sie den größten Hit auf dem Album „Dom Har glömt“ [14] zum Besten gibt. Wir erleben Agnetha hier ganz anders als bei ABBA, lustiger, unbeschwerter, und mit einem anderen Ausdruck in der Stimme. Sie singt außerdem „ Tack För En Underbar, Vanlig Dag “. Sie wirkt glücklich, noch ein bisschen kindlich, ein Mensch, dem noch die Schwermut fehlt, die Agnetha später so häufig über Songs von ABBA kommunizieren wird. Diese wird sie damenhaft machen und ihren sinnlichen Reiz eher noch erhöhen. Aber wenn man Agnetha bei der Präsentation ihrer eigenen Lieder beobachtet, kommt man nicht umhin, sich zu wünschen, Björn und Benny wären verständnisvoller mit ihr umgegangen und hätten zumindest einen oder zwei Songs pro Platte mit Liedern von Agnetha gefüllt. ABBA wäre dabei eine noch bessere Band geworden, und womöglich wäre es dabei nie zu der Protesthaltung von Agnetha gekommen, die zuletzt die Band zerstört hat.
Die Superstar-Phase
Das Album „ABBA“, das im April 1975 erscheint, ist ungleich erfolgreicher als Agnethas Solo-Versuch. Das liegt zum Teil daran, dass ABBA sich international etabliert haben. Es liegt aber auch an dieser sensationellen Arbeit, deren Qualität in der Geschichte des Pop nur selten erreicht worden ist. „ABBA“ ist ein Juwel. Die kostbarsten Früchte des ganzen vergangenen Jahres sind da drauf, darunter der Welthit „ Mamma Mia “, der den Charterfolg von „Waterloo“ vergessen lässt. „Mamma Mia“ mit seinem uhrwerkartigen Beginn und dem mitreißenden Rhythmus gewinnt außerdem noch durch das von Lasse Hallström gedrehte Video, das im Fernsehen so gut ankommt, dass nach jeder Ausstrahlung zahlreiche Anrufe kommen, die eine Wiederholung fordern. ABBA führen hier ihre überdrehten 1970er Jahre Klamotten vor, tragen dabei aber auch schon ihr typisches Weiß, das sie über viele Jahre lang als Markenzeichen benutzen werden.
Björns Text lässt aufhorchen: „Ich bin von dir schon so oft betrogen worden“, beginnt das Lied, um dann im Refrain zu enden: „Um Himmels Willen, jetzt fange ich schon wieder damit an / wie kann ich dir bloß widerstehen?“ Jahre später wird Björn dieses Lied als Titel seinem großen ABBA-Musical-Projekt voranstellen. Es klingt lustig und hinreißend, hat jedoch auch einen sehr ernsten Inhalt. Die Person, die hier spricht, ist in der Beziehung unglücklich, fühlt sich darin nicht aufgehoben, hat jedoch eine Affenliebe für den anderen, betet ihn an, verzeiht ihm Verhaltensweisen, die er eigentlich nicht ertragen kann. Gemeint ist hier mehr oder weniger stark die unberechenbare Agnetha aus Björns Perspektive, wie man vermuten kann; und dass sich Björn nun erstmals mit einem persönlichen Text an sie wendet und damit einen Hit landet, wird bei ihm bald zur Masche werden.
Was steckt hier dahinter? Wer Agnetha bei ihrem Auftritt bei Sommernöjet erlebt, sieht eine selbstbewusste, schöne Frau mit einer großen Verführungskraft. Björn hat sich von Anfang an in ihre Stimme verliebt, und in die Sängerin, die jedes Publikum magisch in den Bann ziehen kann. Der Alltag mit Agnetha ist hingegen anders. Agnetha und Björn sind im verflixten 7. Jahr ihrer Beziehung und sie hat ihm in dieser Zeit klar gemacht, dass sie ihm nicht gehört, dass sie ihre Freiheiten braucht, dass sie ihm nicht die Wärme und Sicherheit gibt, die er braucht, sondern ganz im Gegenteil ihn beständig fordert, ihn in Frage stellt. Weil das eben ihre Art ist. Agnetha ist launisch und steht dazu. Dass sie sich ihm so oft entzieht, schmerzt Björn. Seine Lieder in dieser Zeit sprechen von seiner Liebe zu ihr, die mehr und mehr zu einer unglücklichen Liebe wird, von der er aber nicht lassen kann, weil Agnethas Anziehungskraft auf ihn zu stark ist. Und zumindest in den ersten Jahren ihrer Beziehung erwidert Agnetha seine Liebe immer wieder auch, wenn ihr danach ist. Es gibt es ruhige Inseln in all dem Streit und der Entfremdung. Trotzdem wird es später heißen, 1975 hätte sich ein Ende der Beziehung
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