Agnetha Fältskog. Die Stimme von ABBA (Die ABBA-Tetralogy) (German Edition)
eine schließt das andere leider aus. Die Männer singen zwischen die Frauen hinein, wie um klanglich diesen Widerspruch darzustellen, und die Videoregie kreuzt die Blicke der Frauen mit den Männern. Agnetha flüstert als Geist im Hintergrund, während Frida die nüchternen Fakten vorbringt. Das Lied wirkt wie ein Nachfolger von S.O.S. und ist wieder ein typisches ABBA-Lied, in dem Agnetha auch ein betrübtes Gesicht macht, das dem Anlass angemessen scheint. Von nun an wird sie diese Rolle noch öfter übernehmen müssen, denn in ihrem Privatleben wird die Lage nicht besser.
Die persönliche Komponente in diesen Liedern hat es in der Geschichte des Pop so noch nicht gegeben. Auf die dauernden Nachfragen der Journalisten in Hinblick auf die Texte von ABBA diktiert Björn ein laues Dementi in die Schreibblöcke: „Selbst wenn die Wurzeln irgendwo in mir drin sind, und mit Dingen zu tun haben, die man erlebt hat, sind doch 90 Prozent davon erfunden. Ich sah einen Mann vor mir, der das letzte Mal durch ein Haus geht, das leer steht und verkauft werden muss, weil sich ein Ehepaar getrennt hat. Von den Bilder weg kam ich dann auf die anderen Zeilen. Ich beschrieb einfach, was ich sah. Ich hatte selbst noch nicht erlebt, wovon ich da berichtete.“
Eheprobleme
Insider bestätigen, dass es damals häufig Streit zwischen Björn und Agnetha gab und im Gegensatz zur ersten Zeit miteinander der Ton immer ernster, immer unversöhnlicher wurde. Agnetha hat sich ihrem Mann immer unterlegen gefühlt. Er ist an der Uni gewesen und stammt aus einem Elternhaus, in dem man liest und studiert und sein Bewusstsein erweitern will. Agnetha hat nur die Grundschule besucht und noch keine Bücher gelesen, als sie Björn begegnete. Er hat sie dazu ermutigt, und als Agnetha 1970 durch die Volksgärten tourt, liest sie noch sehr viel. Aber das reduziert sich. Später wird sie auf die Frage, was sie denn so lese, sagen: Magazine. Sie hat mit Björn anfangs dauernd gestritten, weil sie eifersüchtig war oder sich vernachlässigt fühlte, weil sie dachte, dass nur so die Beziehung frisch gehalten werden kann. Aber letztendlich ist von diesen Versuchen, die Liebe zu befeuern, nur ein Herumnörgeln geworden. Wenn Björn Dinge zuhause herumliegen ließ oder nachlässig war, wenn sie dauernd kochen musste und der Hausputz ihr überlassen blieb und all dieser Alltagskram, hat sie mit ihm gestritten. Dieses Nörgeln hat zwar Erfolg gehabt. Björn ist ein „moderner“ Mann geworden, der kein Problem dabei hat, aufzuräumen oder zu Kochen oder sich um das Kind zu kümmern. Doch er hat im Gegenzug den Eindruck, dass Agnetha die Dinge, die ihm wichtig sind, ignoriert oder auch blockiert. Er kann mit ihr immer weniger über das Geschäft reden oder über neue Ideen. Wenn er das will, muss er zu Benny rüber. Sogar Frida hat da mehr Verständnis für ihn. Als sie von Journalisten darüber befragt wird, wie die Beziehung mit Björn so ist, sagt Agnetha: „Ich bin sehr eifersüchtig. Ich kann da schreckliche Szenen machen, vor allem, wenn ich Björn mit einer anderen Frau sehe. Björns schlimmster Fehler ist der, sich nur um seine Karriere zu kümmern. Er ist ein Workaholic. Er hört mir nicht zu, wenn ich mit ihm sprechen möchte und denkt immer nur an die Arbeit.“
Björn kritisiert später im Gegenzug an Agnetha, dass sie immer nur zuhause bleiben wollte, und dass das schließlich für ihn beengend geworden war.
Björn: „Sie wollte eigentlich nirgendwo hin fahren. Ich dachte, dass es wichtig wäre, Promotion zu machen. Wir durften diese Chance in unserem Leben nicht verpassen, mussten alles tun, um weiterzukommen. Sonst würden wir es ein Leben lang bereuen.“
Agnetha hat längst erkannt, dass die Entfremdung, die ein Popstar von seinem wirklichen Leben erfährt, eine tödliche Bedrohung für die Familie ist. Es sind einfache Mechanismen wie die Tatsache, dass eine Tournee automatisch bedeutet, ihre Tochter zuhause bei ihrer Mutter oder Babysittern zu lassen und sie oft wochenlang nicht zu sehen. Paul McCartney macht es in diesen Jahren mit seiner Frau und den Kindern anders – er nimmt sie einfach kurzerhand mit, anfangs im Bus, dann auch im Privatflieger, und stimmt Konzerte so ab, dass dazwischen immer Zeit für die Familie bleibt. Paul kann das, weil er mit den Beatles Multimillionär geworden ist und seine Tourneen selbst organisiert und im Privatjet reist. Bei ABBA läuft die Sache anders, weil Stig Anderson sehr sparsam ist
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