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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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»Vertraue nicht der Kaiserin! Ein Freund!«
    Verblüfft blickte der Offizier auf die krakeligen Buchstaben. Die Szene im Palast fiel ihm wieder ein, der unbekannte junge Ritter, der ihn angerempelt hatte. Vergeblich versuchte er, sich das Gesicht des Mannes ins Gedächtnis zurückzurufen. Nein, nie gesehen! Warum diese Warnung? Unsinn, irgendein Wichtigtuer! Achtlos warf er das Papierchen weg.
    Er stand jetzt vor der Villa Corneliana , einem der drei Stadtsitze der Cornelier. Auf sein Klopfen öffnete ihm der hochbetagte Türsklave.
    »Salve, edler Tribun.« Das Gesicht des Alten leuchtete. Er mochte den schneidigen Offizier, der ihn nie hatte spüren lassen, dass er nur ein Sklave war.
    »Gruß auch dir, Germaniolus!«
    Wie bei vielen Sklaven hatte die Herrschaft für den Sklaven einen Namen gewählt, der seine Herkunft verriet. Allerdings war die Bezeichnung »kleiner Germane« höchst irreführend, denn der Alte verfügte auch jetzt noch über einen höchst stattlichen Körperbau, auch wenn ihn die Last des Alters drückte.
    »Tritt ein. Ich werde sogleich die junge Herrin holen.« Mit schlurfenden Schritten entfernte sich der Alte.
    Der Tribun blickte sich um, einmal mehr weideten sich die Augen des jungen Offiziers an der Pracht des Atriums. In der Mitte der Halle lag ein rechteckiges Wasserbecken. Eine Figur der Diana, aus weißem Marmor herrlich gestaltet, sorgte ständig für die Zufuhr frischen Wassers. Der Boden rings um das Becken war mit Mosaiken in allen Farben ausgeschmückt, die Szenen waren den Metamorphosen Ovids nachempfunden. Auf der einen Längsseite konnte man Pyramus und Thisbe erkennen, die unglücklich Liebenden, die durch eine Wand getrennt sich heiße Liebesschwüre zuflüsterten. Auf der anderen Seite Dädalus und Ikarus bei ihrem missglückten Flugversuch. Die Stirnseiten waren durch Bilder aus den vier Zeitaltern geschmückt, je zwei aus dem goldenen und silbernen und zwei aus dem bronzenen und eisernen. Zwei Bänke, ebenfalls aus weißem Marmor, luden zum Ausruhen und Betrachten der Mosaikszenen ein. Die Wände des Atriums waren von roter Farbe, zur Decke hin mit goldener Ornamentik und griechischen Mustern abgesetzt. Tische aus Marmor trugen Arrangements aus Obst und Blumen, die roten Säulen waren alle mit golddurchwirkten Weinranken umgeben, die sich bis zur Decke hoch schlängelten.
    »Liebster!« Eine freudige Stimme unterbrach seine stillen Betrachtungen. Cynthia stürmte auf ihn zu und fiel ihm um den Hals.
    »Ich hatte dich gar nicht erwartet. Oh, wie schön ist es, dich heute schon zu sehen.«
    Sie drückte ihre vollen roten Lippen auf seinen Mund und schlang die Arme fest um ihn. Zärtlich erwiderte Valerius die Küsse, zog seine Verlobte dann aber behutsam zu einer der Bänke und versiegelte die sprudelnden Lippen mit seinem Finger.
    »Cynthia, liebste Cynthia ... Was ich dir mitzuteilen habe, wird dich kaum erfreuen.«
    Valerius berichtete ihr von einem Sonderauftrag, den er vom Kaiser persönlich erhalten habe und der ihn in das ferne Germanien fortrufe. Er unterließ es, Einzelheiten preiszugeben und ließ auch seine Begegnung mit Agrippina ganz aus.
    Zornig blickte ihn Cynthia an, ihr Mund hatte sich schmollend verzogen, und die blauen Augen funkelten.
    »Nach Germanien? In den finsteren kalten Norden, wo die langhaarigen Barbaren in ihren dunklen Wäldern zwischen riesigenBären und zotteligen Auerochsen hausen? Valerius, das kannst du mir nicht antun!« Ihre herrische Stimme überschlug sich.
    »Und die blonden Germanenmädchen! Sicher wirst du unter ihnen einherstolzieren wie ein eitler Pfau. Nein, Valerius, das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich werde gleich mit meinem Vater sprechen. Der wird zum Kaiser gehen und ...«
    »Nichts dergleichen wirst du tun.« Die Stimme des Tribuns wurde schärfer, sein Blick streng. Er hasste solche Szenen, und er hasste es, Cynthia belügen zu müssen.
    »Befehl ist Befehl! Ich werde den Auftrag ausführen. An meiner Treue hast du noch nie zweifeln müssen, oder habe ich ...?«
    Ein Schwall von Tränen unterbrach die Rede. Cynthia verfügte ohne Zweifel über alle Waffen, die man in solch einem Gefecht brauchte.
    »Du wirst mich vergessen und irgendeine Thusnelda oder Walburga lieben, ich weiß es genau. Aber geh nur, geh, wenn du unbedingt deine Cynthia verlassen willst.«
    Sie hatte ihren Stolz und die patrizische Haltung aufgegeben und die letzten Worte im weinerlichen Tonfall eines kleinen Mädchens geflüstert, dem man soeben

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