Ahoi, liebes Hausgespenst!
das Klima gewohnt sein mußte, war auch er jetzt schweißnaß. Er warf das Fahrrad in den Graben, riß die Wagentür auf und begann auf Brian einzuschimpfen. Brian versuchte gar nicht, irgend etwas zu erklären, weil er selber nicht wußte, was er zu dem allen sagen sollte.
Léon füllte den Tank, und endlich konnten sie weiterfahren — mit laufendem Motor und auf ganz alltägliche Weise. Aber allen, einschließlich Léon, der aschgrau geworden war, saß der Schreck noch in den Gliedern.
Amadeus greift ein
Obwohl sie den Eindruck hatten, ihr Abenteuer hätte eine Ewigkeit gedauert, waren Monika und ihre Freunde doch als erste an der Anlegestelle. Erleichtert sprangen sie aus dem alten Klapperkasten, warfen dem unfreundlichen und immer noch verstörten Léon einen Abschiedsgruß und ein Dankeschön zu und begaben sich so rasch wie möglich unter das schattige Dach.
Hier erwartete sie eine Überraschung: einige Stewards hatten Kübel mit eisgekühlter Limonade vom Schiff herübergebracht. Viktor versorgte sie sofort mit dem erfrischenden Getränk.
„Das nenne ich aber mal eine gute Idee!“ Monika leerte ihr Glas mit einem Zug. „Danke, Viktor! Kriege ich noch eins?“
„Wir haben reichlich!“ sagte Viktor, zeigte lächelnd seine weißen Zähne und eilte davon.
„Gerettet!“ sagte Ingrid.
„Das ist gerade noch mal gutgegangen“, meinte Norbert.
Monika widersprach ihm. „Das stimmt ja gar nicht! Du weißt, daß A...“ Sie stockte, verbesserte sich und sagte sehr bedeutungsvoll: „... er... noch nie etwas wirklich Schlimmes angerichtet hat! Also, zu einem Verkehrsunfall hätte er es nicht kommen lassen.“
„Du brauchst gar nicht so geheimnisvoll zu tun“, sagte Brian, „ich weiß ja doch, daß du über Amadeus sprichst! Ich will jetzt endlich wissen, was es damit auf sich hat!“
„Das hast du sehr hübsch ausgedrückt!“ Monika lachte.
„Ich finde, Brian hat recht!“ erklärte Ingrid. „Er weiß schon zu viel, also sollten wir ihm alles sagen. Außerdem wird es Amadeus lieber haben. Ihr wißt, er hat’s nicht gern, wenn man ihn übersieht.“
„Ich hätte nie gedacht, daß er das Schiff verlassen und sich in ein völlig fremdes Land wagen würde“, sagte Monika nachdenklich.
„Hast du denn nicht gefühlt, daß er in der Nähe war?“ fragte Norbert.
„Nein. Keine Sekunde. Bloß, als das mit dem Auto losging, habe ich es natürlich gewußt. Aber gespürt habe ich es nicht. Keine Kälte und nichts.“
„Wollt ihr euch, bitte, endlich entschließen, offen mit mir zu reden?“ Brian brüllte es fast.
„Sei nicht so laut!“ mahnte Ingrid.
„Auf keinen Fall dürfen wir Aufsehen erregen!“ sagte Monika. „Du mußt uns ehernes Schweigen versprechen!“ verlangte Norbert.
„Wie kann ich euch versprechen, über etwas zu schweigen, von dem ich noch gar nichts weiß?!“
„Oh, denk doch mal nach!“ riet ihm Monika. „Du weißt schon allerhand! Erinnerst du dich nicht, wie du am ersten Abend vom Oberdeck geflogen bist?“
„Natürlich. So etwas vergißt man doch nicht. Aber ich kann mir keinen Reim darauf machen. Genausowenig wie auf die Sache eben mit dem Auto.“ Er musterte Monika mißtrauisch. „Höchstens, daß du doch eine Hexe bist!“
„Wenn du das glaubst, bist du schief gewickelt!“
„Also schwöre uns, daß du schweigen wirst“, wiederholte Norbert, „und wir werden dir alles erzählen.“
„Aber ich bin nun mal nicht für Geheimnisse. Wenn man über etwas nicht reden darf, steckt meistens etwas Verbotenes dahinter. Bisher habe ich meinem Vater immer alles gesagt.“
„Und deiner Mutter?“ fragte Monika.
„Was soll das heißen?“
„Ob du deiner Mutter auch immer alles erzählst.“
„Ich habe keine mehr.“
„Oh, tut mir leid. Ich wollte nicht taktlos sein.“ Monika hätte jetzt gern gewußt, ob Brians Mutter gestorben war oder ob sie ihren Mann verlassen hatte. Aber aus seiner kurzen Antwort entnahm sie, daß er nicht gern darüber sprach. Also verzichtete sie darauf, tiefer zu bohren, und fühlte sich dabei sehr edel.
„Es ist ein brisantes Geheimnis, verstehst du?!“ sagte Norbert beschwörend. „Es ist eine Sensation! Wenn die Presse davon Wind bekommt, wird Monika eine Berühmtheit! Ihr Elternhaus würde Tag und Nacht von Journalisten belagert werden.“
„Nun übertreibst du aber!“ sagte Brian ungläubig.
„Nein! Also schwöre, daß du schweigen wirst!“
Monika reichte ihm ihr Glas, das sie schon wieder geleert hatte.
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