Aibon-Teufel
mal wegkommen, um später die Tote richtig packen zu können, wenn Zeit genug war.
Da hörte sie das Geräusch. Verdammt nah, direkt am Baum, und sie spürte auch das leichte Zittern.
Für Carlotta stand fest, dass das Tier da war, um seine Beute zu holen. Jetzt nahm sie sich die Zeit, um herausfinden, wer sich hinter diesem Geräusch verbarg.
Wieder trat die Lampe in Aktion.
Und erneut traf sie ein Ziel.
Diesmal hatte sie das Gefühl, eingefroren zu sein, denn noch nie in ihrem Leben hatte sie etwas so Schreckliches gesehen...
***
Maxine Wells war aufgestanden und in die Küche gegangen. Jedenfalls hörte ich sie dort werkeln.
Als sie wieder zu mir an den Kamin zurückkehrte, brachte sie einen Teller mit, auf dem Gebäck lag, das gut zum Rotwein passte.
»Hm, sieht gut aus«, lobte ich.
»Einiges Knabberzeug, mehr nicht.« Sie setzte sich nicht wieder hin, sondern ging zur großen Glastür und schob sie auf. »Ich will nur etwas frische Luft hereinlassen.«
Sie blieb in der offenen Tür stehen, ihr Weinglas in der Hand, und sie machte auf mich einen nachdenklichen Eindruck, der mich auch zum Nachdenken zwang.
»Sag, was ist los mit dir, Max?«
»Wieso?«
»Du kommst mir so unruhig vor.«
Sie lachte und drehte sich um. Die Tür schob sie dabei wieder zu. »Ja, das stimmt sogar. Merkt man es?«
»Nur wenn man dich gut kennt.« Ich setzte mich aufrechter hin und beugte mich leicht nach vorn. »Und was macht dich so unruhig?«
»Es geht um Carlotta.«
»Aha.«
»Ich mache mir Sorgen.« Sie schüttelte den Kopf. »Wir hätten sie nicht fliegen lassen sollen.«
»Warum nicht?«
»Weil ich Angst davor habe, dass etwas passieren kann.«
Es war verständlich, dass sich jemand Sorgen machte. Ich sah die Dinge nicht so, ging aber zu Maxine ans Fenster und legte ihr einen Arm um die Schultern.
»Ich will dir ja keine Vorschriften machen, Max, aber vielleicht solltest du etwas lockerer sein. Es ist doch nichts passiert, wovor du hättest Furcht haben müssen.«
»Nein, das nicht.« Sie hob die Schultern. »Trotzdem werde ich das ungute Gefühl nicht los.«
»Warum?«
Die Tierärztin dachte länger darüber nach. Dabei lehnte sie sich gegen mich. Hörte ich einen leisen Seufzer oder hatte ich mich geirrt? Aber er hätte zur ihrer Erklärung gepasst. »Es kann sein, dass es auch nur die Einsamkeit ist, die mich so reagieren lässt. Oder überreagieren, wie man es nimmt.«
»Einsam?«
»Ja, ob du es glaubst oder nicht. Auch Frauen wie ich können einsam sein, obwohl sie mitten im Berufsleben stehen. Es kann wirklich sein, dass mir der Partner fehlt, John.«
»Du möchtest also wieder...«
»Was heißt wieder, John? Es kann sein, dass es mir dann besser geht. Ob das nun alles wirklich zutrifft, das bleibt abzuwarten, außerdem darf man ja ein wenig träumen, und der Mann, der das alles akzeptiert, was ich hier aufgebaut habe, der muss erst noch gebacken werden. So kann man es auch sehen, John.«
»Komm, lass uns darauf anstoßen.«
»Sicher.« Sie drehte sich aus meinem Griff. Ich sah das Lächeln auf ihrem Gesicht und musste zugeben, dass es schon leicht gequält wirkte. Es war wie so oft im Leben. Man sieht nur die Vorderseite eines Menschen. Was dahinter steckt, bleibt leider verborgen...
***
Es war ein Albtraum für Carlotta, nach unten zu schauen und in dieses Gesicht zu blicken. So etwas hatte sie sich nicht mal in ihren Träumen vorstellen können, und ihr schoss ein bestimmter Vergleich durch den Kopf.
Wie ein Mutant aus einem Gen-Labor!
Ein normales Gesicht sah sie nicht. Es war einfach nur eine widerliche Fratze. Grässlich, verzerrt, eine Mischung aus Mensch und Monster.
Das Gesicht leuchtete nicht. Trotzdem sah Carlotta es recht deutlich, obwohl sie ihre Taschenlampe nicht eingeschaltet hatte. Von innen her strahlte das Gesicht in einem ungewöhnlich violetten Farbton.
Falten hatten sich wie Rinnen in die dicke, lederartige Haut gegraben. Ein Mund ohne Lippen war gefüllt mit gelblichen Zähnen. Darüber stand die Nase hoch, sodass die Löcher überdeutlich zu sehen waren. Sie glichen den Nüstern eines Pferdes. Und die Augen der Kreatur waren mit einem kalten Glanz erfüllt.
Für Carlotta stand fest, dass dieses Untier so leicht nicht aufgeben würde. Es war an der Toten interessiert gewesen, und das hatte es auch jetzt noch nicht aufgegeben. Allerdings gab es einen Abstand zwischen ihr und dem Wesen, und der durfte auf keinen Fall kleiner werden.
Das Monster war sauer. Es schrie
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