Akasha 02 - Der Attentäter
müssen. Collin ächzte, raffte sich mit einem Seufzer hoch, aber seine Opfermentalität hinderte ihn an jedwedem Protest gegen die Mißhandlung. Er schlurfte der Gruppe hinterdrein, um sich bei irgendwelchen Mucahin-Repräsentanten nach dem Wohnsitz des Messianers zu erkundigen.
*Ich bin Munro Paruvanani, Lexikat, und ich leide an einer unheilbaren Krankheit, der Sucht nach Wissen, ich habe den Zwang, meinem in der Tat phänomenalen Gedächtnis den Inhalt aller Archive, Datenträger und Lexika einzuordnen, und immer, immer ist es mir zu wenig, als hätte ich den Drang, zu einem Holo der Gesamtinformation des Universums zu werden*
/Alexandra TriFatour unterhält sich ausgedehnt mit einem Verbaleffekt-Skalpell über die Frage, wie ihr durchgebrannter Ehepartner Gerret überraschend kastriert werden könnte/
/im Labyrinth der Egoschalen: kein Ausweg/
*verfüge ich dank der im Habitat Tausend Dämmerungen beheimateten Spirazoen über spezielle okkulte Fertigkeiten, meine Dame, und gegen ein absolut nicht nennenswertes Honorar*
*Der Kakerlakenkönig oder ich – einer muß auf der Strecke bleiben. Akasha ist zu klein für uns beide*
Das alles gibt es gar nicht. Heftig schüttelte Collin unter der Schutzkapuze den Kopf. Ich höre Stimmen. Ich habe Halluzinationen. Mit Mühe unterdrückte er einen Weinkrampf. Der Messianer ist meine letzte Chance.
*Diese neue, wirklich sensationelle Erfindung/erläutert Vincent Winthrop/ermöglicht mittels superluminaler Stereometrik mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit die Unterscheidung von rechts und links*
*Kein Ausweg. Die Wälle des Labyrinths müssen stürzen. Auf Gelegenheit zum Eliminieren des Avatars achten*
»Du kannst die Schutzkutte ablegen, Lahmling von einem Pilger!« schnauzte der Grobian Collin erneut an, versetzte ihm mit der Faust einen Stoß an die Schulter. Collin torkelte seitwärts, versuchte das feindselige Verhalten zu mißachten. Schuldgefühle und Scham bewogen ihn dazu, sich in den Perioden seines Entstelltseins, wenn es sich einrichten ließ, niemandem zu zeigen.
Aus der Nachbarschaft des Forums kamen Mucahin zu den Eingetroffenen gelatscht, einzeln und in Grüppchen, elende Figuren in zerlumpten Dschubben, Inbegriffe allgemeiner Vernachlässigung, die ihr Leben beim Kauen der RatNa-Knollen verdösten, geschlagen mit der Apathie psychischer Verklärung, einem Weißen Licht vollkommener Sachlichkeit; das Versickern aller Emotionen hatte den Zusammenhang ihrer Makrogens zerstört, den einzelnen in die Absonderung der Abhängigkeit und Gleichgültigkeit verbannt, das soziale Leben zum Erliegen gebracht. Rationale Natürlichkeit . Grimmig lachte Collin in den Mief unter seiner Schutzkapuze.
Im nächsten Moment packte ihn der übellaunige Transporteur am Brustteil der Kutte, zerrt ihn herum. »Was gibt's da zu lachen, Miesling? Los, zieh das Ding aus!« Collins lascher Widerstand blieb nutzlos. Der Heterotrop stieß einen Kreischlaut aus, als die Fäuste des Humanoiden ihm mit roher Gewalt, so daß die Magnetverschlüsse laut klackten, die Kapuze vom Kopf rissen. »Ah!« Der Mann schrak zurück, sobald er Collins geschwollenen, verformten Schädel erblickte.
Gehässig schleuderte er ihm die Kapuze mitten ins Gesicht, daß es klatschte. »Das hat's also mit deinem ›Leiden‹ auf sich, du bist 'n Scheusal ...!« Er wandte sich an seine Kollegen. »He, schaut euch mal dieses genetische Abfallprodukt an, der Kerl kann wahrhaftig nicht die Form wahren.«
Das übrige Begleitpersonal johlte vor Lachen, während Collin sich die Schutzkapuze vor die untere Gesichtshälfte hielt, überhastet weiterwankte, um sich dem Hohn und der Erniedrigung zu entziehen, in den Augen neue Tränen des Selbstbedauerns und der Grämlichkeit. Eilig nahm er die Richtung zum Megaron. Bei jedem Schritt rieselte ihm körniger Sand aus den Falten der Schutzkutte. Ich kann es nicht länger durchstehen , winselte er in Gedanken. Es muß ein Ende sein. Für mich oder für mein Unglück. Der Messianer bedeutet die Entscheidung.
Die Ankunft des Drogenverteilers hatte die Mucahin offenbar aus ihrer Lethargie gescheucht. Während eine Anzahl spezialisierter Droiden zur Gleiterkolonne hinübersummte, um die angelangte Lieferung – höchstwahrscheinlich Nahrungsmittel – zu entladen, sammelten sich hinter dem Drogenagenten Süchtige zu Dutzenden, streckten die Arme wie Bettler nach ihm aus, brabbelten durcheinander, durch keinen Rest von Anstand und Würde gegen die eigene
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