Akasha 02 - Der Attentäter
Kosmotoptrotterin und Traumzapferin Marielle Garlander, des erfolglosen Feilbietens von Träumen im Habitat der Metamathematiker müde geworden, den Transfer in eine andere Enklave/
/Gesicht mit Partnernarbe/
*Und schicken Sie den Attentäter wieder in den Einsatz*
Collin japste in der Schwüle seiner Schutzkapuze, als wären seine Lungen eine perforierte Pneumatik, nahm allmählich wieder Eindrücke wahr: Sand, Hitze, Fauchen von Böen, Schweiß, Schweiß ... Das Jaulen der Gleiterturbinen war leiser geworden, der Konvoi hatte die Geschwindigkeit verlangsamt. Mühsam reckte der Heterotrop den Kopf, lugte aus der Aufgedunsenheit und den Verwulstungen seines Gesichts nach vorn und erkannte jenseits ockerfarbener Schwaden Suddhodhuks Ringmauer.
Ich kann nicht mehr , klagte er inmitten seiner äußeren und inneren Einsamkeit. Ich bin am Ende. Ich will nicht mehr. Todessehnsucht gedieh zur stets stärkeren Konstante seines Empfindens und Fühlens.
Während die Gleiterkolonne durchs offene, nach dem Muster von Triumphbogen geschaffene Portal in die einstige Metropole einschwebte, konnte Collin Shavler das Material, aus dem man sämtliche baulichen Strukturen errichtet hatte, erstmals aus der Nähe betrachten. Stumpfheit, Brüchigkeit und Gräue entstellten den Synthetikkristall, der einst in purem Weiß geschimmert hatte, Risse und Sprünge durchzogen ihn wie ein gezacktes Gespinst verödeter Adern; längst waren auch die Arbeitsamöben, die früher wie ein klarer Firnis auf dem Zuchtstein gelebt, sich als Symbionten von seinen Ausschwitzungen ernährt und ihn auf diese Weise immerfort im Innern und an der Oberfläche gereinigt hatten, mangels biotischer Pflege eingegangen, bedeckten ihn nur noch als harziger Rückstand, auf dem Schwämme wucherten, sich wie Geschwüre in die Schrunden und Spalten fraßen. So aufdringlicher Modergestank entströmte dem toten Synth-Stoff, daß Collin ihn sogar unter der Schutzkutte roch.
Der Konvoi sammelte sich auf einem Parkareal seitlich des zentral gelegenen Forums, in dessen Mitte ein vergrauter, an Reliefs und Mucahin-Hieroglyphen reicher Obelisk emporragte. In der Blütezeit Suddhodhuks, mittlerweile abgelöst durch die Verblödung infolge des sogenannten ›Juwels der Geistigen Blüte‹, sollte der Monolith bei den öffentlichen Meetings von Philosophen und Spekulativmethodikern aufgrund einer engrammatisch angezüchteten Quasi-Psyche mit paramentalistischen Qualitäten als Fokus der zur Einstimmung auf die Diskussionen und Dispute gedachten, kollektiven Meditationen gedient haben.
Jetzt unterschied er sich in Unansehnlichkeit und Schäbigkeit nicht vom übrigen Stadtbild. Aber Collin hegte bezüglich des Wahrheitsgehalts jener Überlieferungen ohnehin Bedenken. Für die Möglichkeit geomentalen Lebens, und wäre es lediglich retortogener Natur, existierten bislang keine stichhaltigen wissenschaftlichen Indizien; deshalb verwies man es nach wie vor in die Grenzbereiche der Fabel und des Okkulten.
Die Pein der zellulären Fluxionen noch in den Gliedern wie eine Mahnung an die Widrigkeiten und Demütigungen seines Syndroms, kletterte Collin tattrig vom Transportgleiter. Die Knie drohten ihm einzuknicken. Er lehnte sich an die Seite des Fahrzeugs, schnaufte und röchelte, darum bemüht, seine Atmung zu beruhigen. Zum Messianer , dachte er mit aller Willenskraft, die sein zermürbtes Gemüt aufzubringen vermochte. Ich muß zum Messianer.
Schatten streiften die gebeugte Gestalt des Heterotropen; die Insassen des Busgleiters, mehrheitlich halb beduselt von den während der Fahrt konsumierten Genußgiften, stapften am geparkten Konvoi entlang. Die Geschäftsreisenden, eine Gruppe durch Selbstzufriedenheit und Wohlleben gekennzeichnete Hermahumanoider, strebten auf ein Gebäude des klassischen Megaron-Typs zu, und der Drogenagent beeilte sich gerade, sie zu überholen, indem er mit unverkennbarem Gehabe der Aggressivität ausschritt, im Bewußtsein seiner Macht frech und überheblich, überzeugt von seiner Unantastbarkeit. Im Schwarz seines Kompensator-Anzugs glich er einer Manifestation jeden erdenklichen Unheils.
Ein Tritt auf Collins Schienbein, und fast wäre er in die Sandverwehungen niedergesackt, die das Forum überall bedeckten wie Schlieren eines enormen Schleifvorgangs.
»Du kannst die Kutte ausziehen, Lahmling.«
Verbittert glotzte Collin dem Grobian nach, demselben Mitglied des Begleitpersonals, mit dem er sich vor Antritt der Fahrt um den Tarif hatte streiten
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