Akte X
passiert«, sagte er.
Patrice fuhr hoch und entzog ihm ihre Hand. »Hast du Vader wieder mit ins Labor genommen? Was hast du mit ihm gemacht?« Sie hob ihre Stimme und wiederholte mit kalter Wut: »Was hast du mit ihm gemacht?«
Vader fiel das Spielzeug aus dem Maul, und er starrte sie an, als hätte sie den Verstand verloren. Wie konnte sie bloß herumschreien, wenn sie spielen wollten?
David sah sie hart an. Er zog indigniert die Brauen hoch. »Ich habe gar nichts gemacht. Ehrlich.«
Mit einem kleinen Bellen schnappte er sich wieder das Spielzeug, wedelte mit dem Schwanz und knurrte, während er seine Pfoten in den Teppich grub. David lehnte sich auf dem Sofa zurück, um mit mehr Kraft an dem Spielzeug ziehen zu können. »Schau ihn dir doch an! Wie kommst du bloß darauf, daß etwas nicht stimmt?«
Aber in den Jahren ihrer Ehe hatte Patrice etwas gelernt, und sie hatte es hassen gelernt. Sie konnte immer erkennen, wenn David log...
Ihr Mann hatte sich ganz auf seine Forschung konzentriert, sich wie ein Bulldozer in die Arbeit gestürzt und Vorschriften und Verbote ignoriert. Er fragte sie nur sehr selten um Rat, sondern machte stur weiter und tat, was er für richtig hielt. So war David Kennessy eben.
Er war zu sehr in seine Arbeit vertieft gewesen, um die merkwürdigen Dinge zu bemerken, die in DyMar vor sich gingen. Bis es zu spät war. Ihr selbst waren manche Dinge aufgefallen - die Leute, die ihr Haus beobachteten, das seltsame Knacken in der Telefonleitung - aber David hatte ihre Befürchtungen einfach abgetan. Der Mann war so brillant und dennoch so blind. Schließlich, im letzten Moment, hatte er sie angerufen, sie gewarnt.
Sie hatte Jody genommen und war geflohen, während David zusammen mit Jeremy in dem Inferno umgekommen war; mit knapper Not hatte sie es mit ihrem Sohn in dieses Versteck hier geschafft. Mit ihrem gesunden Sohn.
Auf dem Sofa fiel Jody in einen etwas ruhigeren Schlaf. Seine Temperatur blieb hoch, aber Patrice wußte, daß sie nichts dagegen tun konnte. Sie deckte ihn sorgfältig zu und wischte die Schweißperlen von seiner Stirn.
Vader begriff, daß niemand mit ihm spielen würde, und ließ den Tennisball auf den Boden fallen. Mit einem lauten Seufzer drehte sich der Hund vor dem Sofa dreimal im Kreis und legte sich dann auf den Boden, um seinen Jungen zu bewachen. Er gab einen langen, tiefen tierischen Seufzer von sich.
Beruhigt von der Hingabe des Hundes kehrte Patrice zu ihrer Pritsche zurück, am Ende froh, daß sie ihren Sohn doch nicht geweckt hatte. Wenigstens hatte sie kein Licht machen müssen... Licht, das in der Dunkelheit schon von weitem erkennbar war.
Während Jody schlief, lag sie wach auf ihrer Pritsche, mal von Hitzewellen geplagt, dann wieder fröstelnd. Patrice sehnte sich nach Schlaf, aber sie wußte, daß sie in ihrer Wachsamkeit nicht nachlassen durfte. Nicht eine Sekunde lang.
Mit geschlossenen Augen verfluchte Patrice im stillen ihren Mann und horchte nach draußen...
21 MercyHospital, Leichenhalle Portland, Oregon Freitag, 5:09 Uhr
Edmund war erstaunt, wie schnell die Untersuchungsbeamten eintrafen, obwohl sie wahrscheinlich den ganzen Weg von Atlanta, Georgia, gekommen waren. Ihr Auftreten allein war so einschüchternd, daß er nicht wagte, sie nach ihren Ausweisen zu fragen.
Er war einfach froh, daß jemand seine Geschichte zu glauben schien.
Edmund hatte das fragliche und furchterregende Schubfach 4E nach dem Zwischenfall in der vergangenen Nacht versiegelt - auch wenn niemand großes Interesse daran zeigte, einen Blick auf die Monster zu werfen, die ihn zu Tode erschreckt hatten. Er hatte die Temperatur auf Schockfrostung gestellt und war entschlossen, niemand an die Kühleinheit heranzulassen, bis er mit seinem Mentor Dr. Quinton gesprochen hatte, der mit der Analyse der bei der Autopsie entnommenen Schleimprobe beschäftigt war. Er erwartete jeden Moment das Eintreffen des Gerichtsmediziners - und damit seine Erlösung.
Aber die Untersuchungsbeamten waren zuerst da, insgesamt drei, ohne besondere Kennzeichen, von kühler Professionalität und einem Auftreten, das Edmund einschüchterte . Sie sahen sauber und bösartig zugleich aus.
»Wir kommen vom Seuchenkontrollzentrum CDC«, erklärte einer der Männer und ließ einen Dienstausweis mit einer goldenen Marke und einem unscharfen Paßfoto aufblitzen, den er so schnell wieder in seiner Tasche verschwinden ließ, daß Edmund keine Gelegenheit hatte, seinen Namen zu lesen.
»Das CDC?«
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