Akte X Novel
der Fall ist.“
Scullys Miene drückte Zweifel aus. „Aber wie kann ein Kehlkopf ze rquetscht werden, ohne daß der Hals auch nur berührt wurde? Oder wie kann ein Körper ohne äußere Brandmale einen tödlichen Stromstoß erhalten?“
„Psychokinetische Manipulation“, flüsterte Mulder.
„Psychokinese?“ wiederholte Scully skeptisch, wobei sie sich bemühte, ein spöttisches Schmunzeln zu verbergen. Manchmal fiel es ihr schwer, Mulders Theorien ernst zu nehmen. „Sie meinen, so wie Carrie auf dem Abschlußball?“
Mulder ignorierte ihren Hinweis auf die Horrorgeschichte von Stephen King. Ihm war es mit seiner Theorie durchaus Ernst.
„Psychokinese ist gar keine so irrationale Erklärung“, insistierte er. „Es ist absolut möglich, daß ein Objekt oder eine Person durch den Geist oder Willen einer anderen Person physisch beeinflußt wird und keineswegs durch ein bekanntes physikalisches Objekt oder Energieform.“
„Und wie wollen Sie das beweisen?“ erkundigte sich Scully.
„Die Sowjets haben dieses Phänomen jahrelang untersucht“, entgegnete Mulder. „Die Chinesen tun es heute noch. Ihre Ergebnisse werden geheimgehalten.“
Die Fahrstuhltür öffnete sich, und die beiden Agenten betraten die Kabine.
„Na gut, Sie haben mich neugierig gemacht“, gab Scully zu. „Aber wie sollen wir ermitteln? Wir haben keinerlei Anhaltspunkte.“
Mulder legte einen Arm um Scully. Mit der anderen Hand griff er nach seiner Brille. Er öffnete den Mund und hauchte die Gläser an, so daß sie beschlugen.
Und da sah sie es: Auf den Brillengläsern befand sich je ein sauberer Fingerabdruck von einem der Opfer.
3
Lauren Kyte trat aus dem Fahrstuhl und eilte den Gang hinunter zu den Büroräumen von HTG Industrial Technologies. Sie hatte nicht gut geschlafen. Die ganze Nacht hatte sie an den Überfall vor dem Geldautomaten denken müssen. Es war, als würde vor ihrem inneren Auge ein Film ablaufen, den sie nicht anhalten konnte. Alles war so schnell gegangen, und sie hatte kaum etwas gesehen. Trotzdem vermochte sie das Gefühl, als sie von zwei Männern gepackt worden war, und das Entsetzen, als sie gespürt hatte, wie sich die Hand eines der Männer um ihre Kehle schloß, nicht abzuschütteln. Noch schlimmer aber war, daß sie noch immer die Präsenz desjenigen fühlen konnte, der die Angreifer aufgehalten hatte, wer oder was das auch gewesen sein mochte. Diese Erinnerung ängstigte sie noch mehr als alles andere.
Sie erreic hte die Glastür, die zu den Büroräumen führte. Dort sah sie kurz zur Uhr und verzog das Gesicht. Das, was sie nun zu tun hatte, würde nicht leicht sein, und, als wäre das Ganze nicht schon unangenehm genug, hatte sie sich auch noch verspätet.
Versuchsweise näherte sie sich dem Schreibtisch von Ms. Winn. Elsie Winn, Mr. Dorlunds Sekretärin, gehörte nicht gerade zu Laurens Lieblingskollegen. Aus Gründen, die sie nie ganz verstanden hatte, konnte Ms. Winn sie nicht leiden. Sie hatte sich stets so verhalten, als wäre Lauren ein unverantwortliches, leichtsinniges Kind, dem man nicht über den Weg trauen durfte.
Aber die supertüchtige Ms. Winn saß ausnahmsweise nicht an ihrem Schreibtisch. Lauren wollte ihr gerade eine Nachricht hinterlassen, als sie die Morgenzeitung auf dem Schreibtisch entdeckte. Neugierig nahm sie sie zur Hand und überflog auf der Suche nach den Berichten über die Ereignisse der letzten Nacht rasch die Titelseite. Schließlich mußte irgend jemand die Leichen gefunden und die Polizei benachrichtigt haben. Aber sie fand nichts.
„Sind Sie gerade erst gekommen, Lauren?“ fragte Ms. Winn hinterhältig.
Lauren wandte sich erschrocken um und erblickte die verärgerte Chefsekretärin, die sie mit einem mißbilligenden Blick bedachte.
Lauren legte nervös die Zeitung weg. „Ja“, gestand sie dann.
Die Sekretärin lächelte selbstzufrieden. „Nun, Mr. Graves hat Ihnen derartige Dinge durchgehen lassen, aber jetzt ist Mr. Dorlund Ihr Vorgesetzter.“
Als ob ich das vergessen könnte, dachte Lauren.
Ms. Winn, eine Frau Ende Vierzig, strich sich steif über das streng zurückgekämmte dünne Haar. „Ich bin sicher, Sie wissen, daß wir Ihnen einen neuen Aufgabenbereich...“, begann sie.
„Deswegen wollte ich mit Mr. Dorlund sprechen“, fiel ihr Lauren ins Wort. „Ich hatte mich gefragt, ob ich wohl eine Minute zu ihm rein könnte?“
Ms. Winn seufzte und sah in ihrem Terminkalender nach, als würde ihr das große Mühe bereiten. Lauren konnte sehen, daß der
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