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Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Titel: Al Wheeler und der Tanz in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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ihren Freund mitgebracht !«
    Auf den ersten Blick sah Amanda Wardring wie die Sorte Frau aus, die jeder Mann
begehrt, aber die sich außer einem Millionär niemand leisten kann. Ihr
pechschwarzes Haar bildete einen kunstvoll arrangierten Wirrwarr auf ihrem
Kopf, und drei einzelne Strähnen hingen ihr wie umgekehrte Fragezeichen in die
Stirn. Sie hatte die hohen Backenknochen, den breiten, beherrschten Mund und
den leicht verächtlichen Blick in den funkelnden schwarzen Augen ihres
hübschen, arroganten Gesichts, welches das einer erfolgreichen Kurtisane war.
    Das trügerisch einfache weiße
Kleid mit seinem sittsamen muschelförmigen Ausschnitt betonte ihre geschmeidige
Figur, ihre kleinen, spitzen Brüste und die eleganten Hüften. Die mehrreihige
Perlenkette um ihren schlanken Hals hatte einen aufreizenden Schimmer. Ich
fragte mich, ob sie als Statussymbol des großen Erfolgs in der von ihr
gewählten Karriere getragen wurde und wie viele meiner Jahresgehälter sie wohl
gekostet haben würde.
    Der Bursche, der sie
begleitete, hatte, was Kleidung anbelangte, eine andere Geschmacksrichtung. Er
war ein kleines, stämmiges Individuum, in einem Anzug aus changierender Seide
von der Sorte, die immer leise aufzuschreien scheint, wenn man sie anblickt.
Ein dichter Schopf kleiner schwarzer Locken schmiegte sich eng um seinen Skalp,
und es sah aus, als benutzte er noch immer Säuglingsvaseline. Sein
pockennarbiges Gesicht hatte einen fortgesetzten Ausdruck hinterhältiger
Gewalttätigkeit — ein Blick reichte, um einen zu veranlassen, den Mund fest zu
schließen, sofern einem seine Goldplomben lieb und wert waren.
    Ich ließ den beiden einige
Minuten Zeit, um sich in einer Nische am anderen Ende des Raumes
niederzulassen, ihre Drinks zu bestellen und sie sich bringen zu lassen. Dann
nahm ich mein Glas von der Theke und ging zu ihnen hinüber. Als ich fast dort
war, blickte die Wardring gleichmütig zu mir empor,
und in ihren dunklen Augen erschien ein gelangweilter Ausdruck, bevor sie den
Kopf abwandte. Ihr Blick hatte deutlich ausgedrückt, daß jeder Interessent, der
sich ihr näherte, Geschenke anzubieten hatte — und zwar etwas Handfestes, wie
zum Beispiel eine maßgebliche Beteiligung bei Tiffany — , bevor er eine
geringfügige Hoffnung hegen durfte, ihr eigenes Interesse zu erwecken.
    Der Bursche in dem schreienden
Seidenanzug ließ vorwiegend seine tiefliegenden Augen sprechen, und zwar in
nicht wiederzugebenden Ausdrücken, bevor er den Mund verzog und »Abhauen, Sie
Strolch !« zischte.
    Ich lächelte beiden höflich zu
und sagte: »Anton hat nicht kommen können, deshalb hat er mich geschickt .«
    Dies löste bei der Dame Wardring eine Reaktion aus. »Was?« Ihre Stimme klang
ehrlich überrascht, und sie blickte mich erneut an, wobei sie mich diesmal
wirklich sah. »Wer sind Sie ?« fragte sie mißtrauisch.
    Ich glitt mit einer leichten
Bewegung neben sie auf die Sitzbank und zwang sie dadurch, sich gegen die Wand
zu pressen, während ich noch höflicher in das pockennarbige, den bevorstehenden
Wutausbruch anzeigende, nur einen knappen Meter von mir entfernte Gesicht des
Mannes lächelte.
    »Anton ist in dem Haus, in dem
er sich aufhielt, sozusagen hängen geblieben«, sagte ich, mich so unverbindlich
wie möglich an die Wahrheit haltend. »Aber Ihr Brief hat ihn beunruhigt, und
deshalb hat er mich hierhergeschickt, um herauszufinden, was so dringend ist
und was die panische Aufregung zu bedeuten hat .«
    »Wer, zum Kuckuck, ist dieser
Knilch ?« knurrte der Bursche mir gegenüber mit leiser,
häßlich klingender Stimme.
    »Beherrsch dich, Lee«, fuhr ihn
Amanda Wardring an. »Vielleicht haben wir dann eine
Chance, das herauszufinden .« Sie starrte mir besorgt
ins Gesicht. »Wenn Sie ein Busenfreund von Anton sind, wie ist es dann möglich,
daß wir uns noch nie gesehen haben ?«
    »Ich glaube, das ist einfach
Ihr Pech, Amanda .« Ich grinste sie anerkennend an.
»Genauso wie es mein Pech ist, daß Sie heute, wo wir
uns zum erstenmal sehen, dieses gestrandete Subjekt
bei sich haben.« Ich nickte geringschätzig zu dem Burschen hinüber.
    »Lee!« Sie schmetterte ihm seinen
Namen mit all der Autorität eines Viersternegenerals entgegen, der eben unter
dem Bett seiner Ehefrau versteckt einen der jüngeren Lieutenants aufgefunden
hat.
    Die dicken, behaarten Finger,
die bereits den uns trennenden Abstand um mehr als die Hälfte zurückgelegt
hatten, um mir an die Kehle zu fahren, blieben, nachdem sie ihn beim

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