Al Wheeler und die Verführerin
>Mann-Act<«, sagte Mrs. Summers kühl. »Danach macht sich strafbar,
wer zu unzüchtigen Zwecken eine Minderjährige über eine Staatsgrenze bringt?«
»Das FBI-Büro ist nur vier
Querstraßen weiter«, sagte Lavers, zu eifrigem Wortschwall anhebend, doch wurde
er mitten im Satz unterbrochen.
»Selbstverständlich werde ich mich,
wenn nötig, auch mit dem FBI in Verbindung setzen«, sagte Mrs. Summers. »Aber
zunächst einmal wünsche ich, daß Sie, Sheriff Lavers, etwas gegen den Mann
unternehmen, der meine Tochter verführt hat!«
»Ich teile Miß Brents Meinung«,
sagte Hillary Summers plötzlich mit angenehmer sonorer Stimme. »Aber meine
Schwägerin ist nun mal entschlossen, die Sache so anzupacken. Ich habe
versucht, ihr klarzumachen, wieviel Staub etwas Derartiges in der
Öffentlichkeit aufwirbeln wird.« Er schauderte leicht. »Ein gefundenes Fressen
für die Presse — die Tochter von Mrs. Geoffrey Summers, die Erste Dame der New
Yorker Gesellschaft!«
»Meine Tochter bedeutet mir
mehr als die Angst vor der billigen Sensationsgier unserer Presse«, fauchte
Mrs. Summers. »Es ist die einzige Möglichkeit, sie zur Vernunft zu bringen.«
»Sie sagen, der von Ihnen
beauftragte Privatdetektiv weiß, wo sich die beiden im Augenblick aufhalten?«
fragte ich sie.
»Er rief mich gestern morgen
an, und wir drei haben uns sofort in ein Flugzeug gesetzt. Sie sind in einem
Motel, zwanzig Kilometer von hier. Ein Dings, das Wanderers Ruh oder
einen so ähnlich klingenden blödsinnigen Namen hat.«
Nach fünf schweigenden Sekunden
bewegte sie sich gereizt auf ihrem Stuhl. »Hören Sie, Leutnant! Müssen Sie mich so anstarren?«
»Dieser Privatdetektiv, den Sie
da engagiert haben—«, sagte ich, »heißt Marvin — Albert H. Marvin?«
»Wieso — ja! Woher wissen Sie
das?«
»Ich komme gerade von der
Besichtigung seiner Leiche zurück. Jemand hat ihm mit einem rostigen Hammer den
Schädel zu Brei geschlagen — in meinem ganzen Leben habe ich noch niemanden
gesehen, der so mausetot war wie Albert H. Marvin.«
Es war jetzt an ihr, mich
fassungslos anzustarren. Die Farbe wich aus ihrem Gesicht, und ihr Mund blieb
halb offen, als ihre Stimmbänder bei dem Versuch, Worte zu formen, versagten —
ich konnte sie gerade noch auffangen, bevor sie vornüber zu Boden sank.
2
Unmittelbar nach zwölf kehrte
ich in das Motel zurück. Ich fand Polnik im Büro des Managers, eines
grauhaarigen, ausgemergelten, unrasierten Burschen, der aussah, als habe er dem
Totengräber seit zehn Jahren ein Schnippchen geschlagen. Er trug ein
verschlissenes blaues Hemd und eine zerknitterte graue Hose, und schon am
Vortag wäre eine Rasur fällig gewesen.
»Mr. Jones, Leutnant«, erklärte
Polnik. »Das Motel gehört ihm.«
»Wie lange wollen Sie hier noch
rumhängen, Leutnant?« fragte Jones säuerlich. »Ich hab’ mehr zu tun, als den
ganzen Tag hier rumzusitzen und törichte Fragen zu beantworten!«
»Sie können uns ja
versuchsweise eine Rechnung schicken«, sagte ich freundlich, »ins Büro des
Sheriffs.« Ich sah Polnik an: »Was haben Sie inzwischen festgestellt?«
»Sechs Räume sind vermietet.
Ich habe alle Leute vernommen, sie wissen nichts und haben angeblich auch
nichts gehört. Hier, die Liste mit Namen und Adressen.«
»Ist irgend jemand heute früh
abgereist?«
»Ja«, sagte er, »ein Ehepaar
namens Smith.«
»Smith?« Ich sah den Besitzer
fragend an.
»Wir haben immer Smiths«,
brummte er. »Bleiben alle nur eine Nacht und brechen morgens immer zeitig auf;
manche sogar vor Sonnenaufgang.«
»Wie sahen diese >Smiths<
aus?«
»Jung«, sagte Jones lakonisch.
»Der Mann so um Fünfundzwanzig. Tat, als ob er schon hiergewesen wäre und alles
schon kenne.« Er spuckte mit erstaunlicher Präzision durch das halboffene Fenster.
»Das Mädchen war ganz jung — noch ‘n Kind. Hab’ nicht viel von ihr gesehen, nur
so ‘nen Blick erhascht, wie sie am Büro vorbei ist. Schwarze, unordentliche
Haare, mit einem Gesichtsausdruck, als ob sie ‘ne Wut im Bauch hätte. Dachte,
es wäre vielleicht eine von diesen Beatniks. Trug ein Männerhemd und hautenge
Jeans.«
Seine Augen flackerten einen
Augenblick, während er sich das Mädchen vergegenwärtigte: »Junge Leute haben
heutzutage keine Selbstachtung mehr — die meisten sind Rumtreiber — ganz
gleich, wo sie herkommen.«
»Wann sind sie abgereist?«
fragte ich geduldig.
»Ich bin um sieben auf, da
war’n sie schon weg.«
»Was für einen Wagen
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