NIGHT SHOW - Thriller (German Edition)
1
Ein Auto verlangsamte die Fahrt und hielt Schritt mit Linda. Sie tat, als hätte sie es nicht bemerkt. Stattdessen ging sie schneller und drückte die Bücher fester an ihre Brust.
Nun wünschte sie sich, das Angebot ihres Vaters angenommen zu haben, sie abzuholen. Aber sie war davon ausgegangen, in der Bibliothek Hal Walker über den Weg zu laufen. Hatte an einem Tisch in der Nähe des Eingangs gewartet und versucht, sich auf ihre Lektüre zu konzentrieren. Ihr Herz begann jedes Mal zu rasen, wenn sich die Tür öffnete. Betty war hereingekommen. Janice und Bill waren hereingekommen. Der Schwachkopf Tony war hereingekommen und ihr auf die Nerven gegangen, bis sie ihn angeraunzt hatte, endlich zu verschwinden. Nur Hal ließ sich nicht blicken.
»Hey, Linda, willst du mitfahren?«
Ihr Kopf schoss in Richtung Auto. Ein plumper alter Kombi. Tonys Wagen. Sie hätte es sich fast denken können. Linda sah, dass sich gleich drei undeutliche Gestalten auf den vorderen Sitzen drängten.
»Wie sieht’s aus?«, rief ein Junge durch das offene Fenster.
»Verpisst euch.«
»Ach, komm schon.«
Sie beschleunigte die Schritte, aber das Fahrzeug blieb neben ihr.
»Hältst dich wohl für was Besseres, hä?«
Linda ignorierte die Bemerkung und versuchte, die Stimme einzuordnen. Es war nicht die von Tony. Wahrscheinlich einer seiner vertrottelten Kumpel. Vielleicht Joel Howard, Duncan Brady oder Arnold Watson. Ein Haufen schmieriger Sonderlinge.
»Haut ab!«, rief sie.
»Keine Chance«, gab der Junge am Fenster zurück.
»Hört mal, Leute, ihr bekommt echt mächtig Ärger, wenn ihr nicht damit aufhört.«
»Womit sollen wir aufhören?«
»Vielleicht sollten wir ihr die Zunge rausschneiden«, schlug eine andere Stimme vor.
Linda erreichte die nächste Ecke und trat vom Bürgersteig auf die Straße. Der Kombi schoss herum und versperrte ihr den Weg.
»Ich warne euch ...«
Sie verstummte augenblicklich, als eine Tür aufflog.
Zwei Jungen sprangen heraus. Im Licht der Straßenlaterne erspähte sie ihre verzerrten, platten Gesichter. Sie wirbelte herum und wollte wegrennen, aber noch bevor sie den Bordstein überqueren konnte, schlang sich ein Arm um ihre Taille. Die Bücher polterten zu Boden. Mit einem plötzlichen Ruck wurde sie nach hinten gezogen. Sie versuchte zu schreien. Eine Hand presste sich auf ihren Mund und quetschte ihre Lippen gegen die Zähne. Sie wand sich und trat wild um sich. Ein Junge packte ihre Beine und zerrte sie in die Höhe.
Linda wurde zum Auto geschleift. Der dritte Junge öffnete die Hintertür. Die beiden anderen stießen sie hinein, und die Tür fiel mit einem lauten Knall zu.
Sie fand sich in völliger Dunkelheit wieder. Ein Junge, der sie von hinten unerbittlich festhielt, und ein weiterer, der sich auf ihre Beine setzte, um sie an der Flucht zu hindern. Linda versuchte, sich aus der Umklammerung zu lösen. Die Hand auf ihrem Mund drückte ihre Nasenlöcher zu. Sie bekam kaum Luft. Der Wagen fuhr los. Sie zog an der Hand, die sie fast erstickte. Der andere Arm lockerte sich kurz, dann hämmerte eine Faust in ihren Bauch. Es fühlte sich an, als sei eine Bombe explodiert, die ihre Lungen und ihr Herz zum Platzen brachte.
»Halt still.«
Sie fasste sich an die Brust und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Dabei bemerkte sie, dass die Hände des Jungen zu ihren Hüften hinuntergewandert waren. Er hielt sie zwar nach wie vor fest, zerquetschte sie aber nicht mehr regelrecht.
»Alles in Ordnung?«, fragte der Junge, der auf ihren Beinen hockte.
Linda konnte nicht antworten.
»Du hättest ihr nicht wehtun sollen, du Arschloch.«
»Sie hat sich gewehrt«, antwortete der Kerl in ihrem Rücken. Sie erkannte die weinerliche Stimme – Arnold Watson – und entschied, dass es besser war, ihr Wissen für sich zu behalten. Zumindest so lange, bis sie fliehen konnte.
Arnold stützte sie, als der Wagen mit hoher Geschwindigkeit um eine Kurve brauste.
Sie stellte fest, dass sie wieder atmen konnte, obwohl ihre Lungenflügel nach wie vor schmerzten. »Lasst mich gehen«, flehte sie. »Bitte.«
Arnold lachte hämisch. Sein Bauch schwabbelte dabei gegen ihren Rücken.
»Was wollt ihr eigentlich von mir?«
»Dich«, erwiderte er. »Und wir haben dich, nicht wahr? Die einzigartige Linda Allison.«
»Bitte! Lasst mich einfach gehen! Ich verspreche, ich werde niemandem ein Sterbenswörtchen erzählen. Ehrlich.«
»Du hattest deine Chance.«
»Was?«
»Du hättest nett zu uns sein sollen, als
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