Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
Vom Netzwerk:
Entfernung davon. Hier wurde sie von dem Erdstoß überrascht, den Jonathan in Grenzen hielt. Als er vorüber war, wartete sie auf den nächsten. Er kam nicht, doch die Erde war unentwegt in Bewegung und von Zeit zu Zeit verschoben sich die Wände ringsum ein wenig. Von der Decke regneten Stücke herab; die Treppe bekam kleine Risse, Steine brachen heraus.
    Jon hat den großen Stößen – den Mutterbeben – Einhalt geboten, dachte sie , aber wie lange kann der Palast – oder jedes andere Gebäude – dieser ständigen Belastung standhalten?
    Ihre Gesichtszüge waren angespannt, aber ihre Augen funkelten, als sie noch tiefer kletterte. Sie hielt nur einmal an, um die feuchten Handflächen an ihrem Hemd abzuwischen. Dann ergriff sie wieder ihr Schwert und ging weiter.
    Die Treppen wurden länger, je tiefer sie kam, unterbrochen von Absätzen, neben denen jeweils eine Wachstube lag. Da der Weg, auf dem sie nach unten ging, nur selten benutzt wurde, waren hier die Wachstuben geschlossen. Doch jetzt, in der Nähe der Katakomben im vierten unterirdischen Geschoss, fand sie eine, die strahlend hell erleuchtet war. Sie blieb einige Schritte darüber stehen und überlegte, was sie nun tun sollte.
    Möglich, dass derjenige, der sich in der Wachstube aufhielt, wusste, dass sie keine Verzögerung wünschte: In einer schimmernden Silberrüstung trat Alex von Tirragen auf den Treppenabsatz heraus. In der mit einem schwarzen Panzerhandschuh geschützten Hand hielt er sein Schwert. »Ganz
allein? Ich hätte angenommen, dass du noch andere mitbringst.«
    »Ich bin in Eile«, sagte Alanna mit gefährlich blitzenden Augen. »Geh mir aus dem Weg, bevor er dafür sorgt, dass uns der ganze Palast um die Ohren fliegt.«
    Auf der Treppe unter dem Absatz bewegten sich Gestalten. Es waren kräftige Lehensmänner in der violettfarbenen und schwarzen Kleidung Tirragens. »Eure Lordschaft ...«, sagte der eine nervös.
    »Sie hat Angst«, sagte Alex knapp, ohne den Blick von Alanna zu wenden. »Haltet eure Stellung!« Er deutete mit seiner Waffe auf den erleuchteten Raum. »Tritt ein, Lady Alanna. Dort ist mehr Platz.«
    Sie zögerte und ließ den Blick von Alex zu seinen Männern schweifen. Am liebsten hätte sie geschrien vor Wut oder alle drei mit ihrer Gabe zu Boden gestreckt ...
    Sie ging nach drinnen. Die Möbel hatte man in einen zweiten Raum gerückt; Kerzenleuchter erhellten das Zimmer. »Willst du deine Freunde nicht zusehen lassen?«
    »Der einzige Zeuge, den ich brauche, ist hier.« Alex legte einen behandschuhten Finger an seine Schläfe. »Du kannst erst Lockerungsübungen machen, wenn du magst.«
    »Um noch mehr Zeit zu verlieren? Nein.«
    Alex versuchte sich an einigen trägen Ausfällen mit seinem Schwert und verhöhnte sie. »Auf diese Gelegenheit habe ich gewartet.«
    »Du bist völlig bescheuert, wenn du in einem Moment wie diesem ›Wer ist der beste Knappe im ganzen Land‹ spielen willst«, fauchte sie.
    Beide nahmen Abwehrstellungen ein. »Denk doch, was du willst«, antwortete Alex.

    Er griff mit voller Brutalität an. Sein ruhiges Gesicht stand in krassem Gegensatz zu seiner wirbelnden und zustoßenden Klinge. Alanna wehrte nur ab und verbarg dabei ihre Bestürzung. Jetzt, ohne ihre Gabe, war sie ein winziges bisschen langsamer als nötig – und das bei einem Gegner, wo dieses winzige bisschen entscheidend war. Sie kämpfte überlegt, verteidigte sich besonnen und lauerte darauf, dass Alex einen Fehler machen würde, weil ihm so viel an der Sache lag. Während sie ihn umkreiste, vollführte ihr Blitz schnelle, fließende Bewegungen, um Alexanders Schwert aufzuhalten, wenn es von oben, von unten, von rechts, von links auf sie zugeschossen kam. Sie erwischte ihn dabei, wie sich sein Blick von ihren Schultern fortstahl. Offenbar suchte er nach einer Blöße wie ein Anfänger, was ihr ein böses Lächeln entlockte.
    »Keiner kann einen Kampf gewinnen, wenn er sich unentwegt nur verteidigt«, knurrte Alex.
    »Ich bin es nicht, die davon besessen ist, unbedingt gewinnen zu müssen«, meinte sie.
    Als Alex für einen kurzen Moment aus dem Gleichgewicht kam, brachte Alanna blitzschnell einen seitenverkehrten Halbmondschlag an, den seine Klinge erst in letzter Sekunde mit einem schrillen Klirren auffing. Alanna biss die Zähne zusammen und leitete sofort zum gewöhnlichen Halbmondschlag über. Als Alex sein Schwert hob, um ihn zu parieren, fuhr ihre Klinge zu einem senkrechten Schmetterlingsschlag herunter, so

Weitere Kostenlose Bücher